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# taz.de -- „Der Name der Rose“ als Serie: Die Amazone mit dem Flitzebogen
> Nur Blümchensex: Skys achtteilige Serie nach Umberto Ecos Romanvorlage
> ist leider glattgebügelt und in die Länge gezogen.
Bild: Gesegnet sind die Serienschöpfer, die auf eine unverfilmte Romanvorlage …
Gesegnet sind die Serienschöpfer, die auf eine veritable Romanvorlage
zurückgreifen können. Das ist die Lehre die man wohl aus dem Ärger der
„Game of Thrones“-Fans und ihrer inzwischen millionenfach gezeichneten
Online-Petition ziehen muss, in der sie fordern, die letzte Staffel von
„kompetenten Schreibern“ neuschreiben zu lassen. Es war offenbar ein
kapitaler Fehler, George R. R. Martin, der seit 1996 an den Vorlagen
werkelt, einfach zu überholen und ohne ihn weiterzumachen, [1][bis zum für
Daenerys Targaryen und die Fans bitteren Ende.]
Was Martin davon hält? Sein Schweigen wird ihm vermutlich anständig
vergütet. Weniger hinter dem Berg gehalten mit seiner Kritik hatte
seinerzeit Umberto Eco, als Bernd Eichinger und Jean-Jacques Annaud seinen
657-Seiten-Romandebutwälzer „Der Name der Rose“ für ihre zweistündige
Filmadaption einfach auf seine äußere Form eines Mittelalterkrimis à la
Sherlock Holmes reduzierten. [2][„Der Name der Rose“ war der
1980er-Jahre-Bestseller überhaupt,] der postmodernen Roman schlechthin,
zugleich Epochenportrait und philosophisches Traktat.
Das allerdings haben sie ziemlich gut gemacht, muss man immer noch und
wieder sagen. Wenn man sich jetzt im Vergleich die neue Serienadaption auf
Sky ansieht. Der Rückgriff auf einen Bestseller mag die halbe Miete sein,
siehe oben – oder die andere aktuelle Adaption eines italienischen
Erfolgsromans („Meine geniale Freundin“, auf MagentaTV). Aber einen bereits
– erfolgreich – verfilmten Bestseller noch einmal zu verfilmen, heißt, ein
Remake zu drehen. Da muss man, wenn man es besser kaum machen kann, es
schon irgendwie ganz anders machen. [3][Wie es etwa die (Sky-)Serie „Das
Boot“ im vergangenen Jahr] wenigstens versucht hat.
Nun, Autor Andrea Porporati und Regisseur Giacomo Battiato – die vielleicht
ausgewählt wurden, weil sie schon bei dem 1980er-Jahre-Straßenfeger „Allein
gegen die Mafia“ mit von der Partie waren? – versuchen es bemerkenswert
halbherzig. Ja, okay, die blutige Eröffnungsszene auf dem Schlachtfeld,
„Game of Thrones“ haben sie gesehen. Ja, schon, neben all den alten, weißen
– nicht nur heterosexuellen – Männern in Mönchskutten wollen sie die
Frauenrollen erkennbar aufwerten. Die Amazone mit dem Flitzebogen hatte es
bei Eichinger/Annaud nicht gegeben.
## Glattgebügeltes Reenactment
Und die namenslose Schöne, die sich im Film so unvermittelt auf den Novizen
gehockt und ihn gefickt hatte, derb und dreckig wie sie war – nun ist sie
so omnipräsent und propper und der Sex mit ihr reinster Blümchensex im
Walde. Während zwischen Christian Slater und Damian Hardung in der Rolle
des Novizen (beziehungsweise Dr. Watson) tatsächlich nicht der geringste
Unterschied festzustellen ist. Während Rupert Everett die Bösartigkeit des
Inquisitors Bernard Gui (alias Professor Moriarty) nur minimal anders
nuanciert als seinerzeit F. Murray Abraham.
Während John Turturro als William von Baskerville (respektive Sherlock
Holmes) keine schlechte Figur abgibt – aber eben nicht über den in sieben
„Bond“-Filmen perfektionierten ironischen Charme eines Sean Connery
verfügt. Eigentlich wäre ja Pierce Brosnan die logische Wahl gewesen. Es
ist am Ende wohl auch eine Leistung, knapp acht Stunden „Der Name der Rose“
wie ein nur arg in die Länge gezogenes, lediglich etwas glattgebügeltes
Reenactment des Vorläufers aussehen zu lassen. Und in der vierfachen Zeit
vielleicht einen Tick mehr historischen Hintergrund, aber keinen Deut mehr
Eco untergebracht zu haben.
Gesegnet sind die Serienschöpfer, die auf eine veritable Romanvorlage
zurückgreifen können – so sie noch unverfilmt ist. Eco selbst hat ja dem
„Namen der Rose“ stets seinen zweiten Roman vorgezogen, „Das foucaultsche
Pendel“, eine Art „Illuminati“ für Erwachsene, so zeitumspannend wie „…
Wolkenatlas“ … Bislang unverfilmt. Liebe Serienschöpfer!
24 May 2019
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## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Umberto Eco
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