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# taz.de -- Regierungskrise in Österreich: Kurz steht vor Misstrauensvotum
> Nur einen Tag nach der Europawahl soll das Parlament in Wien über einen
> Misstrauensantrag gegen Kanzler Sebastian Kurz abstimmen. Es geht um
> Rache.
Bild: Unter Druck: Österreichs Kanzler Sebastian Kurz
Wien dpa | In der Regierungskrise in Österreich steht die Kanzlerschaft von
Sebastian Kurz auf der Kippe. Die von Kurz aus der Regierung gedrängte
rechte FPÖ deutete am Dienstag erneut an, einen Misstrauensantrag gegen den
Kanzler zu unterstützen. Über einen solchen Antrag soll am Montag im
Parlament in Wien abgestimmt werden, einen Tag nach der Europawahl.
Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ sagte der Zeitung Österreich: „Es
wäre ja fast naiv von Kurz anzunehmen, dass wir Freiheitlichen nach dem
Misstrauen von Kurz gegen uns kein Misstrauen gegen ihn haben.“
Kurz, Chef der konservativen ÖVP, hatte am Montag die [1][Entlassung]
Kickls als Innenminister vorgeschlagen, daraufhin kündigten alle
FPÖ-Minister ihren [2][Rücktritt] an. Falls das Parlament dem Kanzler das
Misstrauen ausspricht, müsste Bundespräsident Alexander Van der Bellen
einen neuen Regierungschef ernennen.
Auslöser der Krise ist ein [3][Skandalvideo], das den bisherigen FPÖ-Chef
Heinz-Christian Strache zeigt, wie er vor der Wahl von 2017 auf Ibiza einer
vermeintlichen russischen Oligarchin Staatsaufträge für Wahlkampfhilfe in
Aussicht stellte. Auch werden darin möglicherweise illegale Parteispenden
an die FPÖ thematisiert.
Strache ist inzwischen als Vize-Kanzler und FPÖ-Parteichef zurückgetreten.
Es folgte eine Kettenreaktion, an deren Ende die ÖVP-FPÖ-Koalition platzte.
Kickl sagte mit Blick auf die Sondersitzung des Parlaments und den
Misstrauensantrag: „Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen
gibt, kriegt Misstrauen.“ Kurz habe das Tischtuch ohne Not zerschnitten.
„Kurz hat sich in eine Sackgasse manövriert und vielleicht nicht damit
gerechnet, dass wir Freiheitliche eben nicht Regierungsämter mit aller
Macht verteidigen wie andere.“
Nach Einschätzung der Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle dürfte die FPÖ
bei dem Misstrauensantrag gegen den Kanzler stimmen. „Die haben
Rachegelüste“, sagte die Forscherin der Deutschen Presse-Agentur.
Die oppositionelle SPÖ, zurzeit zweitstärkste Kraft im Parlament, besteht
darauf, dass Kanzler Kurz sein Amt aufgibt. „Wir wollen dass die gesamte
Übergangsregierung aus Experten besteht. Weil wir glauben, dass nur diese
Lösung Vertrauen und Stabilität bringen kann in dieser schwierigen Phase“,
betonte der Sprecher von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Dienstag
erneut. Ob die SPÖ bei einem Misstrauensantrag mitmache, sei aktuell
zweitrangig. Zunächst gelte es, mit dem Bundespräsidenten und den anderen
Parteien eine „geordnete Übergabe“ zustande zu bringen. „Die
ÖVP-Alleinregierung, wie sich das Kurz vorstellt, hat keine Mehrheit im
Parlament“, sagte der Sprecher zur österreichischen Nachrichtenagentur APA.
Die Chefin der liberalen Neos, Beate Meinl-Reisinger, rief am Dienstag nach
einem Gespräch bei Van der Bellen alle Seiten zur Vernunft auf. Die Neos
würden einen Misstrauensantrag nicht unterstützen, sagte sie. Ein solcher
Antrag sei angesichts der prekären politischen Lage nicht das richtige
Signal. „Es ist auch nicht die Zeit der Trotzreaktionen“, sagte sie mit
Blick auf das mögliche Verhalten der FPÖ. Das gelte insbesondere wegen der
bald anstehenden wichtigen Entscheidungen auf EU-Ebene.
Nächsten Dienstag, zwei Tage nach der Europawahl, kommen die Staats- und
Regierungschefs zum Sondergipfel in Brüssel zusammen. Dann könnte sich
abzeichnen, wer Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionschef nachfolgen
könnte. Aber auch andere Positionen müssen besetzt werden, etwa die von
EU-Ratschef Donald Tusk oder der Außenbeauftragten Federica Mogherini.
Ein Kanzler kann vom Parlament mit einfacher Mehrheit abberufen werden. Es
wäre das erste Mal in der österreichischen Geschichte. Im Nationalrat mit
seinen insgesamt 183 Sitzen hat die konservative ÖVP 61 Stimmen, die SPÖ
52, die FPÖ 51, die Neos 10, die Liste „Jetzt“ 7 Abgeordnete. Außerdem si…
zwei Parlamentarier fraktionslos.
Ex-FPÖ-Chef Strache erklärte, er wolle seine Unschuld beweisen. „Wir werden
die Hintermänner des kriminellen Videos und Dirty Campaignings aus dem
Ausland gegen meine Person ausfindig machen und meine Unschuld beweisen“,
schrieb Strache am Dienstag bei Facebook. „Dafür kämpfe ich!“
Die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und
Korruption (WKStA) teilte mit, dass sie derzeit eine Vielzahl von Anzeigen
im Zusammenhang mit dem Skandal-Video prüfe. „Derzeit prüft die WKStA
umfassend das Vorliegen eines Anfangsverdachtes“, heißt es in einer
Mitteilung. Details zum Verfahren sowie Namen von Beteiligten wurden nicht
bekannt gegeben.
21 May 2019
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