Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bremer Linke hat was gegen Hochhäuser: Lieber nicht hoch hinaus
> Hochhäuser spielen in der Bremer Stadtplanung eine immer größere Rolle –
> sind aber keine gute Option, findet die Bremer Linksfraktion.
Bild: Von der Linken nicht gern gesehen: Hochhäuser wie hier in Tenever
Bremen taz | Mit ihrem Positionspapier „Mythos Hochhaus“ kritisiert die
Bürgerschaftsfraktion der Linken den Bau neuer Hochhäuser in Bremen. Sie
seien weder platzsparend noch ökologisch, heißt es dort. „Argumente, die
zugunsten von Hochhäusern angeführt werden, halten einer näheren
Überprüfung nicht stand“, sagt Claudia Bernhard, Sprecherin für
Stadtentwicklung der Linksfraktion.
Bisher seien Bremen und Bremerhaven keine Hochhaus-Städte. „Bremen steht
nun vor der Entscheidung, ob das Stadtbild künftig in verstärktem Maße von
Hochhäusern geprägt sein soll“, so Bernhard. Denn Hochhäuser spielen
zunehmend eine Rolle in der Stadtplanung: Die Logistikfirma Kühne + Nagel
feierte bereits im April Richtfest am Neubau an der Wilhelm-Kaisen-Brücke.
In Planung seien laut Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators, der Entwurf
von Daniel Libeskind für das Sparkassen-Areal am Brill, ein Neubau auf dem
Gelände des früheren Vulkan-Kontorhauses an der Weserstraße in Vegesack
sowie ein Hochhaus an der Kohlhökerstraße auf dem Gelände des leerstehenden
Bundesbank-Gebäudes. Die Bürgerinitiative (BI) „Kein Hochhaus im Viertel“
wehrt sich gegen letzteres massiv.
Hauptargument für hohe Bauten ist die Verdichtung, da die Stadt wächst.
Hochhäuser führten jedoch keinesfalls zu einer höheren
EinwohnerInnendichte, heißt es im Papier der Linken. Im Viertel ist diese
beispielsweise sehr viel höher als in der Neuen Vahr. Der Grund dafür ist
gesetzlich geregelt: Je höher ein Bauwerk, desto mehr Freifläche ringsherum
wird benötigt.
In Deutschland gilt ein Bauwerk als Hochhaus, wenn der Fußboden mindestens
eines Raumes höher als 22 Meter liegt – das entspricht der Leiterhöhe
deutscher Berufsfeuerwehren, erklärt Tittmann. Danach brauche es eine neue
Gebäudeklasse mit anderen Ansprüchen wie beispielsweise Rettungswegen.
Ein weiterer Kritikpunkt der Linken ist der ökologische Fußabdruck von
Hochhäusern. Diese verbrauchten für Aufzüge, Klimatisierung, Beleuchtung
und Wasserpumpen mehr Energie als – im Verhältnis zur Wohnfläche – eine
vierstöckige Kompaktbebauung. Auch der Luftaustausch in der Stadt werde
durch Hochhäuser eingeschränkt, heißt es in dem Papier. Zudem erzeuge ein
solches Haus Fallwinde. „Mit der Verschattung schränkt dies die
Aufenthaltsqualität ein“, heißt es in dem Positionspapier.
Ein höherer Energie- sowie Materialverbrauch durch den ohnehin
aufwendigeren Bau kostet Geld. Auch die Instandhaltung von vergleichsweise
viel Technik sorge für eine Kostenerhöhung, so Bernhard. Diese Kosten
schlügen sich in der Miete nieder. „Das Problem bezahlbaren Wohnraums kann
damit nicht gelöst werden.“ Die Linke kritisiert darüber hinaus die
sozialen Effekte von Hochhäusern. „Für halb-öffentliche Räume wie Vorgär…
und Innenhöfe, die für nicht-geplante Kontakte und nachbarschaftliche
Begegnungen so wichtig sind, gibt es in Hochhäusern meist keine
Entsprechung.“
Die BI gegen das Hochhaus an der Kohlhökerstraße bemängelt andere Dinge, so
vor allem, dass die AnwohnerInnen nicht in die Planungen einbezogen,
sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Außerdem sei das
„hochwertige Bestandsgebäude“ am Kennedyplatz nicht ausreichend auf eine
Umnutzung hin geprüft worden, so Susanne Kopp-Jäger. „Manche sagen, das ist
ein Klotz, aber das haben die Architekten hier gut hinbekommen.“ Dass
Bremen günstigen Wohnraum braucht, sieht sie ein. Das Projekt habe damit
aber nichts zu tun. „Sobald die Eigentümer aus der Sozialwohnungsbindung
raus können, schreitet die Gentrifizierung total voran.“
„Über Architektur kann man immer streiten“, sagt Tittmann. Für das
Bauressort sei der Entwurf des Investors „Evoreal“ aber ein guter gewesen.
Er biete mehr Freiflächen und Durchgänge als das jetzige Gebäude. Der
Planungsprozess ist für Tittmann ganz normal verlaufen. „Derzeit sprechen
wir mit allen Beteiligten, auch den Anwohnern, und suchen nach einem
Kompromiss.“
Der grüne Baupolitiker Robert Bücking rät zu einer Einzelfallbetrachtung
beim Hochhausbau. Mit den ursprünglich 14 geplanten Stockwerken hält er den
Entwurf für die Kohlhökerstraße für zu hoch, elf dürften es für ihn aber
sein. „Dann wäre es so hoch wie das Bundesbankgebäude und würde sich gut
eingliedern“, sagt er.
Dass die Weiternutzung des Bestandes besser hätte geprüft werden können,
sieht Bücking aber auch. „Gerade aus ökologischer Sicht hätte es Sinn
gemacht, die enorme graue Energie dieses Hauses nachzunutzen.“ Und
energieeffizient seien Hochhäuser in der Regel nicht, gibt er Bernhard
recht.
23 May 2019
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
Hochhaus
Stadtplanung
Stadtentwicklung Bremen
Bremen
Bürgerschaftswahl 2019
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Immobilien Bremen
Bremen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Volksentscheid Wohnungsbau in Bremen: Entscheid wider die Vernunft
Am 26. Mai stimmen die BremerInnen auch über den Bau von 1.200 neuen
Wohnungen ab. Eine Bürgerinitiative will das Bauvorhaben verhindern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.