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# taz.de -- Netzdiskurse vor der EU-Wahl: Starke rechte Echokammer
> Eine Studie zeigt, dass die rechte AfD in der politischen Debatte im Netz
> dominant ist. Dabei ist die Gruppe der Anhänger gar nicht so groß.
Bild: Aus manchen Richtungen lauter: der Diskurs auf Twitter
Wer bestimmt die politische Debatte im Netz? Betrachtet man eine
großangelegte Social-Media-Studie der spanischen Datenanalyse-Firma Alto,
die unter andem in Zusammenarbeit mit NDR und WDR entstanden ist,
dominieren Rechte den politischen Diskurs vor den Europawahlen, [1][wie die
Tagesschau berichtet]. Ein Teil der Studie ist öffentlich [2][über die
Analysefirma zugänglich].
Den Ergebnissen der Studie zufolge haben mit 47 Prozent fast die Hälfte der
untersuchten Beiträge in den sozialen Medien eine thematische Verbindung
zur Partei AfD oder anderen rechten Themen – ob unterstützend oder
kritisierend. Ein weiterer Befund war aber auch: Die eigentliche
Netzcommunity der „AfD-Unterstützer“ ist mit knapp 11 Prozent
vergleichsweise klein. Die rechte Echokammer ist also relativ stark.
Für die Länderstudie zu Deutschland hat die Studie nach Angaben der
Tagesschau etwa 9,65 Millionen deutschsprachige Beiträge auf
Social-Media-Plattformen wie Twitter, Facebook, Youtube, Instagram und
Blogs oder Foren untersucht. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass andere im
Bundestag vertretene Parteien nicht soviel digitalen Support im Netz
erhalten wie die AfD. Zur größen Community gehöre zwar die Linke (knapp 37
Prozent) und auch CDU und SPD hätten zusammen 18 Prozent. Trotzdem
dominieren die Beiträge, die sich auf die AfD beziehen.
Die Studie hat auch die aktivsten User untersucht, eine sehr kleine Gruppe.
Die Ergebnisse zeigen, dass einige wenige User (weniger als ein Prozent)
eine, wie die Autoren es beschreiben, „abnormale Aktivität“ zeigen würden.
Diese haben rund elf Prozent der Beiträge produziert. Von diesen aktivsten
Usern ordnet Alto über Dreiviertel der Community der AfD-Supporter und eher
Verbreitern rechter Themen zu. Bei der Bundestagswahl gab es ein ähnliches
Phänomen: [3][Eine Recherche von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR] konnte
aufzeigen, dass eine Minderheit über ein rechtes Netzwerk die politische
Debatten im Netz vereinnahmen wollte.
## Hohes Potenzial für Interaktionen
Wie kann eine kleine Gruppe so dominant sein? Der Medien- und
Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Zerback, der an der
Universität Zürich im Bereich Politische Kommunikation lehrt, hat für das
Dominanz-Phänomen eine Erklärung. „Social Media ist für Parteien wie die
AfD eine Möglichkeit, einen direkten Zugang zu den Bürgern zu bekommen. In
traditionellen Medien haben sie es schwerer als andere Parteien“, sagt der
Wissenschaftler. „Außerdem haben sie eine breitere digitale Fanbasis
online, also mehr Follower, und damit ein größeres Potenzial, die Inhalte
über Shares zu verbreiten“, so Zerback. Dazu komme, dass die verbreiteten
Inhalte emotional bzw. negativ sind und beispielsweise Themen wie Migration
oder Kriminalität betreffen, was ebenfalls das Potenzial für Interaktionen
erhöhe.
Die Fallstudie zu Deutschland ist eingebettet in eine [4][größer angelegte
Untersuchung zur digitalen Debatte vor der Wahl des Europaparlaments].
Weitere Länder, die untersucht wurden, sind Spanien, Polen, Frankreich und
Italien. Der Gesamtuntersuchungszeitraum beläuft sich auf den etwaigen
Zeitraum des Wahlkampfes von Ende Dezember 2018 bis Mai 2019. Insgesamt
wurden rund 4,7 Milliarden Datenpunkte untersucht. Laut Tagesschau wird das
Projekt von der Mozilla Foundation, der Open Society Foundation und der
Luminate-Gruppe unterstützt.
Anfang April hatte das Journalistennetzwerk „Investigate Europe“ bereits
[5][Ergebnisse aus der Gesamtstudie veröffentlicht] – und den Einfluss der
Rechten im Netz als europaweites Phänomen ausgemacht. Demnach spitze sich
das im Fall von Spanien noch einmal zu. Dort wurde die rechtsextreme Vox
deutlich vor anderen Parteien im politischen Diskurs erwähnt, obwohl sie in
keinem Parlament zu der Zeit der Untersuchung vertreten gewesen sei.
8 May 2019
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/europawahl-soziale-medien-10…
[2] https://www.alto-analytics.com/en_US/german-public-digital-sphere-conversat…
[3] /Studien-zu-rechter-Diskursmacht/!5486641
[4] https://www.alto-analytics.com/en_US/eu-elections-public-digital-debate/
[5] https://www.investigate-europe.eu/publications/far-right-groups-social-medi…
## AUTOREN
Anna Grieben
## TAGS
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