# taz.de -- Gewalttätiger Wachschutz: Sicherheitsdienst fast fünf Mal pro Tag | |
> Vor dem Tod des Patienten Tonou-Mbobda gab es viele Hinweise auf | |
> Überlastung des Klinikpersonals am Hamburger Uni-Klinikum. | |
Bild: Nach dem Tod des Psychiatrie-Patienten William Tonou-Mbobda: Aufklärung … | |
Hamburg taz | Nach dem Tod des Psychiatriepatienten William Tonou-Mbobda | |
hat die Linke nun die Arbeitsbedingungen im Universitätsklinikum | |
Hamburg-Eppendorf (UKE) deutlich kritisiert. Allein im Jahr 2018 fertigten | |
die MitarbeiterInnen der Erwachsenen-Psychiatrie im Universitätsklinikum 43 | |
sogenannte Gefährdungsanzeigen an ihre Vorgesetzten an. | |
Das ergab die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des | |
gesundheitspolitischen Sprechers der Hamburger Linksfraktion, Deniz Celik. | |
In diesem Jahr wurde bereits in 19 Fällen auf eine mangelhafte Situation | |
hingewiesen, so der Senat. | |
Celik spricht hier von einem strukturellen Problem. „Wenn es im | |
Durchschnitt fast wöchentlich zu einer Gefährdungsanzeige kommt, kann man | |
nicht mehr von Einzelfällen sprechen“, sagt er. Sie seien eher ein starkes | |
Indiz für Überlastung. Gefährdungs- oder auch Überlastungsanzeigen sind | |
schriftliche Hinweise der Beschäftigten an die Vorgesetzten auf eine | |
Überlastung, auf fehlende Medikamente oder darauf, dass die derzeitige | |
Arbeitssituation zur Gefahr für die Gesundheit der PatientInnen werden | |
kann. | |
Celik merkt an, dass eine gute Personalausstattung in der Psychiatrie | |
Zwangsmaßnahmen generell seltener notwendig wären und den Einsatz von | |
unqualifiziertem Sicherheitspersonal überflüssig machen würde. „Es ist auch | |
bezeichnend, dass es in der pflegerisch viel besser ausgestatteten Kinder- | |
und Jugendpsychiatrie 2018 und 2019 zu keiner einzigen Gefährdungsanzeige | |
kam“, sagt Celik. | |
## Ein Pfleger – zehn Patienten | |
Am Osterwochenende kamen in der Erwachsenen-Psychiatrie des UKE, in die | |
Tonou-Mbobda am Ostersonntag zur ambulanten Behandlung eingeliefert worden | |
war, laut Senatsantwort mindestens zehn Patienten auf eine der 16 | |
Pflegekräfte. | |
Der 34-jährige Kameruner wurde, so berichteten es ZeugInnen in Videos, die | |
über Facebook und Whatsapp verbreitet wurden, brutal vom Sicherheitsdienst | |
der Klinik zusammengeschlagen. Er soll die Einnahme eines Medikaments | |
verweigert haben. Aggressives Verhalten habe er nicht gezeigt, sagten die | |
ZeugInnen. Nach fünf Tagen im künstlichen Koma starb Tonou-Mbobda an | |
Herzversagen, so der vorläufige Obduktionsbericht. Die abschließenden | |
Obduktionsergebnisse sollen bald veröffentlicht werden. | |
Aus der Antwort des Senats ist nun klar geworden, dass es seitens der | |
Klinik keine Videoaufzeichnungen des Vorfalls gibt. Zwar werden viele | |
Bereiche des UKE mit Kameras überwacht, jedoch werden die Aufnahmen nicht | |
gespeichert. | |
„In den übrigen Hamburger Krankenhäusern werden Aufnahmen – sofern | |
überhaupt – für einen unterschiedlichen Zeitraum gespeichert“, so steht es | |
in der Antwort des Senats. In relevanten Fällen werden diese Aufnahmen nach | |
Freigabe durch die Geschäftsführung und den Betriebsrat gespeichert und an | |
die Ermittlungsbehörden weitergegeben. | |
Außerdem teilte das UKE dem Senat mit, dass im vergangenen Jahr auf dem | |
gesamten Gelände des Klinikums 1.770 sogenannte Not- und | |
Interventionseinsätze durch den hauseigenen Sicherheitsdienst durchgeführt | |
wurden. In diesem Jahr gab es bis Ende April im UKE bereits 583 solcher | |
Einsätze. Vergleichszahlen anderer Einrichtungen in Hamburg fehlen. | |
## Nicht jede Klinik arbeitet mit Wachschutz | |
Aus der Senatsantwort geht aber hervor, dass in Hamburg lediglich am UKE | |
und an den Asklepios-Kliniken die MitarbeiterInnen des eigenen | |
Sicherheitsdienstes zu Zwangsmaßnahmen hinzugerufen werden. In anderen | |
Psychiatrien werden Zwangsmaßnahmen durch das Klinikpersonal selbst oder | |
durch die Polizei durchführt. | |
Die Sprecherin des Uniklinikums teilte der taz Donnerstag mit, dass sie | |
aufgrund der laufenden Ermittlungen keine über die schriftliche Anfrage | |
hinausgehenden Aussagen machen könne. Nur so viel: Übergriffe auf | |
PatientInnen, BesucherInnen und MitarbeiterInnen hätten sich in den | |
vergangenen vier Jahren in der Psychiatrie nahezu verdoppelt. Und die | |
meisten Einsätze des Sicherheitsdienstes beliefen sich auf die Notaufnahme | |
und auf Übergriffe von alkoholisierten oder unter Drogen stehenden | |
PatientInnen, so die Sprecherin. | |
Für Celik wird deutlich, wie unterschiedlich die Sicherheitskonzepte der | |
Krankenhausträger sind. „Es ist notwendig, zu einheitlichen Standards in | |
der Qualitätssicherung und Fortbildung des Security-Personals zu kommen“, | |
sagt er. „Hier gilt es, sich an den Besseren zu orientieren.“ | |
17 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Philipp Effenberger | |
## TAGS | |
Security | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Wachschutz | |
Psychiatrie | |
Sicherheitsdienst | |
UKE | |
Verdi | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Security | |
Security | |
Security | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umfrage zur Arbeit in Psychiatrien: Am Überlastungslimit | |
Eine Ver.di-Umfrage unter Beschäftigten offenbart die Ausmaße von | |
Unterbesetzung und Gewalt in psychiatrischen Kliniken. | |
Psychiatriepatient William Tonou-Mbobda: Tödlicher Zwang | |
William Tonou-Mbobda suchte psychiatrische Hilfe in der Hamburger Uniklinik | |
– und kam dort ums Leben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. | |
Fall des Psychiatrie-Patienten Mbobda: Sicherheitsdienst wieder in Uniform | |
Nach dem Tod eines Patienten im Hamburger Uniklinikum geht der | |
Sicherheitsdienst zur Normalität über. Die Mordkommission ermittelt. | |
Tod des Patienten Tonou-Mbobda am UKE: Mordkommission ermittelt | |
Tonou-Mbobda verstarb laut Staatsanwaltschaft an Herzversagen. Das UKE | |
verspricht „vorbehaltlose Aufklärung“. | |
Fall des Psychiatrie-Patienten Mbobda: Er wollte Hilfe, und er fand den Tod | |
Tonou Mbobda stirbt im Hamburger Uni-Krankenhaus. Zuvor soll ihn das | |
Sicherheitspersonal rassistisch beleidigt und brutal geschlagen haben. |