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# taz.de -- Israel-Kritische Veranstaltung ausgeladen: In Bremen wird nicht zen…
> Ein Aktivist des Israel-Boykott-Bündnisses BDS wollte im Bremer
> Überseemuseum einen Vortrag halten. Das Museum wollte da aber nicht
> mitmachen und sagte ab.
Bild: Antiisraelische Parolen in Bremen: Gaza-Demo 2014.
BREMEN taz | Haben die Juden zu viel Einfluss in Bremen? Arn Strohmeyer,
Bremer Palästina-Aktivist, scheint das zu glauben: „Vermutlich (was man
natürlich nicht belegen kann)“, schreibt er über die Raumkündigung für ei…
Veranstaltung des Bremer Informationszentrums für Menschenrechte (BIZ),
„ziehen im Hintergrund die Bremer Jüdische Gemeinde und die
Deutsch-Israelische Gesellschaft die Fäden“.
Die scheinen demnach echt eine finstere Macht im Zweistädtestaat zu sein:
Ihretwegen nämlich hätte der Bremer Senat Artikel 5 des Grundgesetzes
„außer Kraft gesetzt“, so Strohmeyer auf der Online-Plattform „Der Semit…
also das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. In einer Erläuterungs-Mail
behauptet Strohmeyer sogar: „Der Bremer Senat hat den Vortrag des Theologen
Martin Breidert […] verboten.“
Das ist falsch. „Wir haben nichts verboten“, stellt Senatssprecherin
Alexandra Albrecht, zuständig für Kultur, auf Nachfrage klar. Tatsächlich
hat der Vortrag unter dem suggestivstarken Titel „Ist Kritik an Israel
antisemitisch“ laut dem Referenten sogar am geplanten Termin stattgefunden.
In „benachbarten Räumlichkeiten und vor vielen Zuhörern“, wie Martin
Breidert der taz erzählt.
Damit wird auch Vorwurf der Grundrechtsverletzung wackelig. Denn aus dem
Recht, seine Meinung zu äußern, leitet sich nicht das Recht ab, Räume dafür
zur Verfügung gestellt zu bekommen. Sonst wären öffentliche Gebäude ja
gezwungen, allen NPD-Rednern und rassistischen Agitatoren eine Bühne zu
bereiten.
## Bündnis gegen Israel
Zugleich gibt es öffentlich einsehbare Gründe dafür, dass eine von Bremen
unterhaltene Institution ihre Räume nicht ohne Prüfung für einen Vortrag
hergibt: Denn der Pastor im Ruhestand ist in Bonn einer der profiliertesten
BDS-Aktivisten: [1][BDS steht für Boykott, Divestment und Sanktionen]. Das
Bündnis richtet sich gegen den Staat Israel.
Zunächst ging es dabei darum, zum Verzicht auf den Kauf von in den
besetzten und widerrechtlich besiedelten Gebieten produzierten Importgütern
aufzurufen. Was, mangels Kennzeichnung, auf einen allgemeinen Boykott
israelischer Waren hinausläuft, den die BDS-Anhänger auch auf immaterielle
Güter, auf Kunst und Wissenschaft, ausweiten wollen.
Bremens Senat und die Bürgerschaft haben einmütig entschieden, solchen
Boykott-Bestrebungen keine Plattform zu bieten. Grund: Diese Aktionen gegen
Israel dienen allzu oft dazu, judenfeindliche Ressentiments und Vorurteile
zu verbreiten. Dazu zählt beispielsweise die klassische Vorstellung, nach
der die Juden einen Staat im Staate bilden würden, um insgeheim dessen
Geschicke zu lenken, die so bemerkenswert ungebrochen von Strohmeyers
eingangs zitiertem Text bedient wird.
Die Darstellungen, wie es zur Raumkündigung kam, sind nicht deckungsgleich.
So antwortet die BIZ-Geschäftsführerin Gertraud Gauer-Süß auf die Frage, ob
sich das Überseemuseum zuvor über die Inhalte des Vortrags informiert habe,
ausweichend, dass das „normalerweise nicht üblich“ sei. Man teile stets nur
„den Titel der geplanten Veranstaltung sowie den Namen des/der Referent*in
mit, so auch in diesem Fall“.
Man sei auf dessen problematisches Wirken hingewiesen worden, berichtet
hingegen Wiebke Ahrndt, Direktorin des Überseemuseums, und habe deshalb das
BIZ als Veranstalter kontaktiert und „persönlich um Stellungnahme binnen
zwei Tagen gebeten“. Darauf aber habe es „keine Rückmeldung“ gegeben.
Also sei man auf eigene Recherche angewiesen gewesen, „und in den
öffentlich zugänglichen Quellen findet man nicht so viel, was für Herrn
Breidert gesprochen hätte“, so Ahrndt. „Also haben wir dem BIZ mitgeteilt,
dass es diese Veranstaltung bei uns nicht durchführen kann.“
## Nazi-Vergleiche
Breidert fühlt sich missverstanden. „Mein Vortrag ging gar nicht über BDS�…
behauptet er. Das sei nicht sein Thema gewesen. Allerdings nimmt in seinem
eher impressionistisch organisierten Referat, dessen Kern eine Auflistung
von dem bildet, was Breidert für Verbrechen Israels hält, die
Boykott-Debatte breiten Raum ein: Sechsmal wird auf 24 Seiten das Akronym
verwendet, zweimal der ausgeschriebene Begriff. Und stets wird zu ihren
Gunsten argumentiert:
So wirft er den „Freunden Israels“ nicht ganz zu Unrecht vor,
Nazi-Vergleiche zu nutzen, „wenn sie den Aufruf, keine Produkte aus den
Siedlungen zu kaufen, mit dem Nazi-Aufruf ‚Kauft nicht bei Juden!‘
gleichsetzen“. Häufiger wird auf die Figur des Autoritätsarguments
rekurriert: „Jedenfalls ist BDS nicht antisemitisch, das sagt auch der
Antisemitismus-Experte Wolfgang Benz.“
„Dafür, dass es gar nicht über BDS gehen soll, ist das schon ein großer
BDS-Werbeblock“, sagt die Bremer Grünen-Abgeordnete Henrike Müller nach
Lektüre des Vortragsskripts. Müller hat sich in der Bremischen Bürgerschaft
maßgeblich für Entwicklung und Verabschiedung des Aktionsprogramms „Stopp
den Antisemitismus“ eingesetzt.
Wahr sei, „für eine Raumkündigung müssen wir genau prüfen, was beim Vortr…
zu erwarten ist“. Man müsse es „davon abhängig machen, ob die Referenten …
der Lage sind, BDS neutral darzulegen, unterschiedliche Sichtweisen
zuzulassen“. Oft genug aber habe es BIZ-Veranstaltungen im Überseemuseum
gegeben, die sich als BDS-Propaganda erwiesen hätten. „Ich kann nur
begrüßen, dass es diesmal endlich einmal anders gelaufen ist.“
2 May 2019
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Boycott,_Divestment_and_Sanctions
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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