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# taz.de -- Waffenlobby in den USA: Bei der NRA knallt's
> Hinter den Kulissen der US-Waffenorganisation tobt ein erbitterter
> Machtkampf. Und auch von außen steht die NRA unter Druck.
Bild: Treffen für Liebhaber: Besucherin am Sonntag auf der NRA-Jahresversammlu…
New York taz | Nach außen demonstriert der weltweit größte Verein von
SchusswaffenfreundInnen, die US-amerikanische National Rifles Association,
Geschlossenheit. So votierte der NRA-Aufsichtsrat auf der Jahresversammlung
in Indianapolis am Montag einstimmig für eine Führungsriege von alten
HardlinerInnen.
Doch hinter den Kulissen tobt ein Machtkampf. Die verfeindeten Fraktionen
werfen sich gegenseitig finanzielle Misswirtschaft in Millionenhöhe,
persönliche Bereicherung, Vetternwirtschaft und Steuerbetrug vor. Sogar von
„Erpressung“ ist die Rede.
Und auch von außen steht die NRA unter Beschuss: Während ihre
Spendeneinnahmen schrumpfen, erstarkt – zumindest finanziell – die Lobby
für Schusswaffenkontrolle. Zudem befassen sich parlamentarische
Untersuchungskommissionen mit Machenschaften der NRA. Und die New Yorker
Generalstaatsanwältin ermittelt.
„Beendet die internen Kämpfe und kehrt zur GRÖSSE zurück. Und zwar
SCHNELL“, [1][drängte US-Präsident Donald Trump] die NRA am Montag per
Tweet. Der US-Präsident braucht die Lobby-Organisation und deren nach
eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Mitglieder in der
Präsidentschaftswahl 2020.
## Gastredner Trump
Die NRA hatte schon 2016 rund 30 Millionen Dollar in den Wahlkampf von
Trump und anderen RepublikanerInnen gesteckt. Am vergangenen Samstag hielt
er – wie jedes Jahr seit seinem Amtsantritt – eine Rede vor der
NRA-Vollversammlung. Darin verteilte er sein Lob noch gleichberechtigt an
die Chefs der beiden verfeindeten Flügel.
Den Geschäftsführer und Vizepräsidenten, Wayne LaPierre, der die NRA zu
einer konservativen Kampftruppe gemacht hat, nannte Trump einen „großen
amerikanischen Patrioten“. Dessen Widersacher Oliver North, der zum
Zeitpunkt der Trump-Rede noch Präsident der NRA war, bezeichnete er als
„großartigen Typen“.
Wenige Stunden später teilte North mit, er kandidiere nach nur einem Jahr
als Präsident nicht wie erwartet für eine zweite Amtszeit. Damit schien der
Machtkampf zunächst zugunsten von LaPierre entschieden. Am Montagabend
folgte eine Abstimmung hinter verschlossenen Türen, bei der LaPierre in
seinen Ämtern bestätigt und Carolyn Meadows zur neuen Präsidentin der NRA
gemacht wurde.
Meadows, die bislang in der zweiten Reihe stand, ist den radikalen Rechten
in den USA gut bekannt – unter anderem, weil sie seit zwölf Jahren den
Verein für Stone Mountain anführt. Dieser kümmert sich um das gleichnamige
Felsrelief am Stadtrand von Atlanta, das drei Männer ehrt, die im
US-amerikanischen Bürgerkrieg an der Spitze der Konföderierten für den
Beibehalt der Sklaverei kämpften.
## LaPierre spricht von Erpressung
Wie es aussieht, wird der Machtkampf zwischen LaPierre und North
weitergehen. LaPierre behauptet, er sei von dem Ex-Präsident „erpresst“
worden. North habe gedroht, dass er Informationen über Misswirtschaft und
sexuelle Belästigungen an der Spitze der Organisation öffentlich mache,
sollte LaPierre nicht zurücktreten. Zugleich soll er LaPierre als Belohnung
für den Rücktritt angeboten haben, ihm zu einer „exzellenten Rente“ zu
verhelfen.
Die NRA hatte North erst im vergangenen Jahr zum Präsidenten gemacht. Mit
dem ehemaligen Offizier des Marine Corps und ehemaligen Berater für die
Nationale Sicherheit unter Ronald Reagan wollte sie ihr Image verbessern
und neue Spenden anwerben.
North, der eine zentrale Rolle im Iran-Contra-Skandal gespielt hat, ist in
konservativen Kreisen ein Held. Er hatte in den achtziger Jahren vom Weißen
Haus aus illegale Waffenverkäufe an den Iran organisiert, der damals Krieg
gegen den Irak führte, und hat die Gewinne den Contras zukommen lassen, die
in Nicaragua gegen die Sandinisten kämpften. Seine spätere Verurteilung zu
einer Bewährungsstrafe wurde wegen eines Verfahrensfehlers für ungültig
erklärt.
Als NRA-Präsident hat North das Augenmerk darauf gerichtet, dass LaPierre,
der jährlich bei der NRA über eine Million US-Dollar verdient, zusätzlich
mehrere Hunderttausend Dollar für Kleidung bekommt. Und dass sich andere
Spitzenmitglieder der NRA ebenfalls bereichern. Wegen finanzieller
Misswirtschaft und verschwenderischem Führungsstil riskiert die NRA laut
North nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch ihre Steuerbefreiung.
Die Gegenseite, mit LaPierre an der Spitze, wirft North vor, er sei
befangen, weil er für eine PR-Firma arbeite, gegen die die NRA einen
Rechtsstreit wegen überhöhter Rechnungen führt. Das PR-Unternehmen Ackerman
McQueen produziert Videos für die NRA und hat ihr erfolgreiche Slogans
geliefert wie: „Mein Gewehr kriegt ihr nur aus meinen kalten und toten
Händen“.
## Staatsanwältin spricht von „terroristischer Organisation“
Nach Angaben der Transparenz-Gruppe Open Secrets sind die Einnahmen der NRA
seit 2016, als Trump gewählt wurde, um 21 Prozent zurückgegangen.
ErmittlerInnen haben den Verdacht, dass Spendenbeiträge in Höhe von bis zu
100 Millionen US-Dollar mithilfe einer wohltätigen Stiftung illegal
verschoben wurden. Die Schusswaffenkontroll-Gruppe Everytown for Gun Safety
verlangt seit Januar, dass die Finanzbehörde die NRA wegen Verstößen gegen
die Regeln der Gemeinnützigkeit überprüft.
Gleichzeitig mit der jährlichen Vollversammlung hat New Yorks
Staatsanwältin Letitia James Vorladungen an NRA-Spitzenmitglieder und
mehrere Unternehmen geschickt, mit denen die NRA zusammenarbeitet. Die
Fragen der Staatsanwältin sind noch unbekannt. Aber aus ihrer Einstellung
zur NRA macht sie keinen Hehl: Vor ihrer eigenen Wahl im Bundesstaat New
York hat James in einem Interview mit dem Ebony-Magazin erklärt: „Die NRA
tut, als sei sie gemeinnützig. Tatsächlich ist sie eine terroristische
Organisation“.
1 May 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1122837541084958725
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt Waffen in den USA
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NRA
Waffenlobby
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Donald Trump
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