# taz.de -- Kunstmesse ArtMonte Carlo: Großinstallation in Monte Carlo | |
> Die vielen Lucio Fontanas auf der vierten Ausgabe der ArtMonte Carlo | |
> zeigen: Der Fokus liegt auf den italienischen Sammlern. | |
Bild: Georgina Gratrix, Art Men (talking about art things), öl auf Leinwand, 1… | |
Das Meer ist eine Installation. Sie besteht aus weißen Plastikpollern, | |
rot-weißen Absperrgittern, zwischen denen man sich fortbewegt, aus | |
Baukränen, die man derart umgeht. Weiter aus einer kilometerlangen Wand, | |
die die Sicht auf das Meer verstellt, weswegen das Meer auf sie draufgemalt | |
ist, hübsch mit Pinienwäldchen. | |
Schließlich macht sie das schwere Gerät komplett, das hinter der Wand | |
aufragt und dessen Zweck sich erschließt, sobald man im ersten Stock des | |
Grimaldi Forums über ebendiese Wand hinweg aufs Meer schaut, wo im Wasser | |
eine große Betonstruktur und mächtige Bagger, die Sand und Steine | |
anschütten, zu sehen sind. | |
So aufwendig der Parcours zum Grimaldi Forum anmutet, so zielführend ist | |
er. Schließlich führt er zur Kunst. Zur vierten Ausgabe der ArtMonte Carlo. | |
Die Messe fand zeitgleich mit dem Gallery Weekend in Berlin statt. Durchaus | |
so gewollt, denn Sammler aus Berlin waren am Samstag mit einem Flugshuttle | |
leicht für zwei Stunden nach Monte Carlo zu translozieren. | |
Die Termine sind eng getaktet zur Eröffnung der Kunstsaison 2019. Am 1. Mai | |
eröffnet die Kunstmesse Frieze in New York, und wer danach zur Preview der | |
Biennale von Venedig in der Woche vom 6. bis 12. Mai reist, der hat | |
traditionell den Termin am 5. Mai in Neu-Ulm auf dem Plan, wo die Walther | |
Collection ihre Erkundung chinesischer Fotografie fortführt. | |
## Angenehm überschaubar | |
Angesichts eines solchen Programms erfreut die Übersichtlichkeit der | |
ArtMonte Carlo mit 40 teilnehmenden Galerien. Und auch die Preise sind | |
vergleichsweise überschaubar, liegen sie doch im Bereich von 30.000 bis | |
100.000 Euro, wie Thomas Hug, der Direktor der Messe, im Interview erklärt. | |
Die Nähe des Messeplatzes zu Italien ist spürbar. Über | |
Lucio-Fontana-Festspiele ließe sich spötteln, zeigt doch fast jede zweite | |
Galerie, wie es scheint, eine geschlitzte Leinwand von ihm. Häufig zu sehen | |
sind auch Arbeiten von Michelangelo Pistoletto, Alighiero Boetti oder | |
Alberto Burri. | |
Tornabuoni Art zeigte neben den genannten Künstlern eine Reihe wunderbarer | |
Papierarbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren von Daidamaino (1930-2004), | |
wie sich die Künstlerin Eduarda Emilia Maino nannte, die zur Mailänder | |
Avantgarde um Fontana, Manzoni oder Enrico Castellani gehörte. Nicht minder | |
großartige Papierabeiten von Ilse D’Hollander aus den 1990er Jahren zeigt | |
Victoria Miro aus London. | |
Die kleinen Formate der belgischen Künstlerin mit Landschaften und hier und | |
da mal einem Baum sind sehr reduziert, nahe an der Abstraktion, und dennoch | |
scheint über grünen Flächen Sonnenlicht zu flirren, die so unzweideutig als | |
Wiesen zu deuten sind. Nichts im subtilen Zusammenspiel von Farben und | |
Formen ist melancholisch gestimmt. Nichts erklärt D’Hollanders Suizid mit | |
28 Jahren. | |
## Mehrgesichtig | |
SMACA hat aus Südafrika Georgina Gratrix, 1982 in Mexico-Stadt geboren, | |
mitgebracht. Zu sehen sind in der Soloschau ihre wirklich aufregenden, | |
mehrgesichtigen Porträts, aber auch ein grandioses Blumenstillleben mit | |
kleinem Hündchen und gläserner Kaffeekanne, in der eine Kippe schwimmt. | |
Mit nur einer Künstlerin tritt auch Raffaella Cortese aus Mailand an. Ihre | |
Koje durchzieht ein Band fotografischer Porträts von Roni Horn. Darunter | |
sind auch zwei Aufnahmen von Isabelle Huppert, die die Schauspielerin in | |
einer Art zeigen, als hätte sie es einmal nicht geschafft, die Aufnahme zu | |
kontrollieren. Die Preise für die Serien liegen je nach Umfang zwischen | |
80.000 und 120.000 Euro. | |
Gerade die Selbstverständlichkeit, mit der Künstlerinnen ihren großen | |
Auftritt auf der ArtMonte Carlo haben, etwa auch Alica Kwade bei der 303 | |
Gallery, New York, nimmt für die Messe ein. Da könnte sich Berlin eine | |
Scheibe abschneiden. Hier wäre PAD undenkbar, der Pavillon des Arts et du | |
Design, wo im Untergeschoss der Messe die fantastischsten Möbel, Porzellane | |
und vor allem auch Schmuckstücke präsentiert werden. | |
Man ist eben an der Cote d’Azur und Kunst ist hier ganz klar ein Teil von | |
Lebenskunst, also des Lebensstils. Eine sinnliche Erfahrung eher als eine | |
intellektuelle. Interessant, dass dies aber der Qualität der ausgestellten | |
Objekte, handle es sich um Kunst oder um Design, absolut zugutezukommen | |
scheint. Da muss das Meer, um mithalten zu können, schon mal ganz anders | |
inszeniert werden als erwartet. | |
1 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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