| # taz.de -- Kommentar Paketdienste und Bestellsucht: Das dressierte Kundenhirn | |
| > PaketbotInnen leiden unter miesen Arbeitsbedingungen, die Branche steht | |
| > vor dem logistischen Kollaps. Aber es gibt einen Ausweg. | |
| Bild: Die ZustellerInnen sind die Letzten in der Servicekette und verdienen meh… | |
| Es ist diese Vorfreude, diese kindliche Ungeduld und Gier. Das | |
| Belohnungssystem im Hirn springt an. Klick. Und die Sache ist bestellt, für | |
| Premium-Kunden bei Amazon oder anderen Großversendern erfolgt die Lieferung | |
| vieler Artikel „kostenlos“, „gratis“. Das klingt so, als bekäme man was | |
| geschenkt. Super. | |
| Dabei ist das Versprechen der „kostenlosen“ Lieferung nichts als ein | |
| Psychotrick, denn bezahlt wird immer, entweder durch die | |
| Amazon-Prime-Gebühr oder weil sonst an allem gespart wird, beim Produkt | |
| oder beim Versender oder beim Service, auch bei den Paketboten. | |
| Sie sind die Letzten in der Servicekette und sie [1][verdienen mehr | |
| Wertschätzung], als nur angeraunzt zu werden, wenn ihr Lieferfahrzeug mal | |
| wieder halb auf dem Radweg steht oder wenn sie nach dem Klingeln nicht | |
| lange genug an der Tür auf das Erscheinen der Hausherrin oder des Hausherrn | |
| gewartet haben. Es ist gut, wenn Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun | |
| die Paketdienste dafür haftbar machen will, dass ihre Subunternehmer | |
| korrekt Sozialbeiträge für die Beschäftigten zahlen. | |
| Nur wird der Vorstoß nicht viel an deren Bedingungen ändern. Die überlangen | |
| Schichten mit den vielen unbezahlten Überstunden, die die Zusteller leisten | |
| müssen, bis der Frachtraum des Wagens am Abend endlich leer ist, die werden | |
| bleiben. | |
| ## Warum nicht ein Fair-Delivery-Siegel? | |
| Zudem steht die Paketbranche vor dem logistischen Kollaps, denn die | |
| Bestellberge wachsen, und es ist absurd und unökologisch, dass sich heute | |
| Paketboten mit großen Lieferfahrzeugen durch die Staus kämpfen, weil sich | |
| KundInnen fast jede Unterhose, fast jeden Kugelschreiber in der gewünschten | |
| Marke und Farbe „kostenlos“ an ihre Haustür liefern lassen können. Gerade | |
| [2][die Prime-Mitgliedschaft] verführt dazu. | |
| Dabei gibt es Alternativen: Packstationen sind gut. Ein Zusammenschluss der | |
| Paketdienste, sodass am Ende nur immer jeweils ein Bote einen bestimmten | |
| Kiez bedient, das wäre noch besser. Und warum nicht ein | |
| Fair-Delivery-Siegel für Versender, die über Paketdienste mit sozialen und | |
| ökologischen Standards verschicken, die Tarifentgelte zahlen und | |
| Lastenräder benutzen, zum Beispiel? | |
| Dann könnte man sich den Rucksack aus reycelten PET-Flaschen über Fair | |
| Delivery an die Abholstation schicken lassen, eine Versandgebühr wird | |
| wieder ordentlich ausgewiesen, man würde etwas länger warten auf den | |
| Artikel, vielleicht nicht mehr so viel bestellen, also Geld sparen. Das | |
| KundInnenhirn würde nicht mehr im Kaufrausch wüten, sondern sich | |
| entschleunigen, erwachsener, unabhängiger werden. Klingt gut. Die Frage | |
| ist, ob wir uns so was überhaupt noch vorstellen können. | |
| 30 Apr 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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