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# taz.de -- Prozesse wegen Krebs durch Glyphosat: US-Richter drängt Bayer zu V…
> Bereits nach dem ersten Schuldspruch unter seiner Leitung: Richter
> Chhabria ordnet Gespräche über eine gütliche Einigung an.
Bild: Enthält den umstrittenen Wirkstoff Glyphosat: der Unkrautvernichter „R…
Berlin taz | Im US-Rechtsstreit über Krebserkrankungen durch Glyphosat hat
ein für Hunderte Klagen zuständiger Richter Monsanto/Bayer
[1][aufgefordert], über einen möglichen Vergleich zu verhandeln. Vince
Chhabria ordnete am Donnerstag in San Francisco an, dass der Chemiekonzern
und die klagenden Landwirte, Gärtner und Verbraucher „eine vertrauliche
Mediation“ beginnen. Sollten sich beide Seiten nicht auf einen Vermittler
einigen können, werde das Gericht einen bestellen. In diesem Zusammengang
strich Chhabria einen für Mitte Mai angesetzten Prozess vorerst.
Glyphosat ist der weltweit meistverkaufte Pestizidwirkstoff und ein Symbol
für die chemiegetriebene Landwirtschaft. Zwei US-Gerichte haben ihn für
Krebserkrankungen verantwortlich gemacht und der Bayer-Tochterfirma
Monsanto zu jeweils rund 80 Millionen Euro verurteilt. Daraufhin brach der
Aktienkurs des Konzerns um rund 40 Prozent ein. Auch in Europa wird
diskutiert, Glyphosat zu verbieten. Das Gift tötet so gut wie alle nicht
gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und
Insekten.
Die Anordnung zu Vergleichsverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt überrascht,
weil Richter Chhabria eigentlich erst [2][drei Musterverfahren] abwarten
wollte. Offenbar scheint ihm die Sache aber bereits nach dem ersten
Schuldspruch Monsantos unter seiner Leitung so klar, dass er einen
Vergleich für angemessen hält. Anfragen der taz ließ er bis
Redaktionsschluss unbeantwortet.
„Wir werden selbstverständlich dem Beschluss des Gerichts hinsichtlich des
Eintritts in eine Mediation Folge leisten“, sagte Bayer-Sprecher Rolf
Ackermann. Allerdings befinde sich der Verfahrenskomplex nach erst zwei
Jury-Urteilen noch in einer frühen Phase, zumal in noch keinem Fall die
Berufung durchlaufen worden sei. Bayer konzentriere sich daher weiterhin
darauf, seine glyphosatbasierten Unkrautvernichtungsmittel und deren
Sicherheit vor Gericht zu verteidigen.
## Einigung zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich
Bayer hatte Ende März einen richtungweisenden Fall am Bundesbezirksgericht
in San Francisco unter Vorsitz von Chhabria verloren. Die Geschworenen-Jury
urteilte, dass Monsanto für Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup mit
dem Wirkstoff Glyphosat haftbar ist und dem 70-jährigen Kläger Edwin
Hardeman Schadenersatz in Gesamthöhe von 80,3 Millionen Dollar (71,4 Mio
Euro) zahlen muss. Bereits im letzten Jahr hatte eine Jury an einem anderen
Gericht Monsanto in einem weiteren Fall zu einer Millionenzahlung
verdonnert.
Ende Januar lagen Bayer bereits Klagen von 11.200 Klägern vor. Analyst
Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan geht davon aus, dass die Zahl auf
mindestens 15.000 steigen wird. Er rechnet mit Belastungen für Bayer in
Höhe von 5 Milliarden Euro.
Analyst Daniel Wendorff von der Commerzbank bezweifelt angesichts der
vielen Klagen, dass Bayer sich schon jetzt auf einen Vergleich einlassen
werde, da sonst ein Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Daher werde
eine Mediation vermutlich nicht zu einem für alle Beteiligten akzeptablen
Ergebnis führen.
## Schuldspruch auch in Frankreich
Bayer war auch am Donnerstag unter den größten Verlierer in Deutschen
Aktienindex (Dax) mit einem Minus von 1,1 Prozent. Bayer-Chef Werner
Baumann hatte eingeräumt, dass die Übernahme des Glyphosat-Herstellers
Monsanto die Reputation des Unternehmens beschädigt habe. Zudem urteilte
das Berufungsgericht im französischen Lyon, dass ein weiteres
Monsanto-Pestizid verantwortlich für die Gesundheitsprobleme eines
Landwirts ist.
Dabei geht es um den Unkrautvernichter „Lasso“ mit dem Wirkstoff Alachlor.
Kläger ist der heutige Biobauer Paul François, der mit dem inzwischen
verbotenen Mittel früher seine Felder behandelte. Der Landwirt gibt an,
unter schweren neurologischen Schäden zu leiden, seit er 2004 Dämpfe des
Herbizids einatmete.
In erster Instanz 2012 und im Berufungsverfahren 2015 gaben französische
Gerichte François Recht, Monsanto legte jedoch Rechtsmittel ein. François
will mehr als eine Million Euro Schadenersatz von dem Unternehmen
erstreiten.
Das Lyoner Gericht hat laut Bayer nicht entschieden über eine mögliche
Entschädigung für den Landwirt. Darum gehe es in einem separaten Verfahren.
Monsanto solle aber 50.000 Euro für den Anwalt des Klägers zahlen. Lasso
ist seit 2007 in Frankreich verboten, [3][in Deutschland seit 1992].
## Neuer Beleg für Krebs durch Glyphosat?
Unterdessen hat ein [4][Berichtsentwurf der US-Behörde für giftige
Substanzen und das Seuchenregister (ATSDR)] einen Zusammenhang zwischen
Glyphosat und Krebs bestätigt. „Zahlreiche Studien berichten von einem
relativen Risiko größer als 1 für Zusammenhänge zwischen
Glyphosat-Exposition und dem Risiko von Non-Hodgkin-Lymphomen oder
myeloischer Leukämie“, heißt es in dem Papier, das die Behörde nun zur
öffentlichen Diskussion gestellt hat. „Größer als 1“ bedeutet ein erhöh…
Risiko für diese Krebsarten.
Zwar ergänzte das Amt, dass die Verbindungen „nur in wenigen Studien“
statistisch signifikant seien. Aber das heißt, dass es sehr wohl
aussagekräftige Belege gibt. (mit dpa/afp)
12 Apr 2019
## LINKS
[1] https://cand.uscourts.gov/filelibrary/3684/PTO141.pdf
[2] https://cand.uscourts.gov/filelibrary/3518/Roundup_PTO-56.pdf
[3] https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/Beende…
[4] https://www.atsdr.cdc.gov/toxprofiles/tp214.pdf
## AUTOREN
Jost Maurin
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überzubewerten.
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