# taz.de -- Fondsmanager über Glyphosat-Urteile: „Wir hoffen auf die Berufun… | |
> Die Investmentfonds des Managers Markus Manns halten ein Prozent der | |
> Bayer-Aktien. Er warnt davor, die Urteile wegen Krebs durch Glyphosat | |
> überzubewerten. | |
Bild: „Eines der meist gehassten Unternehmen“: Bayer-Tochterfirma Monsanto | |
taz: Herr Manns, ein kalifornisches Gericht hat den Chemiekonzern Bayer zu | |
80 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. Das Pestizid Glyphosat seiner | |
US-Tochter Monsanto hat den Geschworenen zufolge bedeutend zur | |
Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman beigetragen. Es ist das zweite | |
Urteil dieser Art. Verkaufen Ihre Fonds nun Bayer-Aktien? | |
Markus Manns: Das kann ich nicht sagen, weil das wie eine Anlageempfehlung | |
aufgefasst werden könnte, die wir aus rechtlichen Gründen nicht geben | |
dürfen. Nur so viel: Wir hätten uns eine andere Entscheidung gewünscht. | |
Aber ich warne davor, die beiden Urteile überzuinterpretieren. Das | |
Berufungsgericht kippt viele Urteile entweder ganz oder reduziert die | |
Schadenersatzzahlungen deutlich. | |
Warum? | |
Am Berufungsgericht entscheiden nur drei professionelle Richter. Da ist zu | |
hoffen, dass die sich mehr die wissenschaftliche Seite anschauen, während | |
Geschworene oft durch Anwälte emotional beeinflusst werden. | |
Was sagen Sie zu Bayers Behauptung, das Urteil werde nicht andere Prozesse | |
beeinflussen? | |
Das ist schwer vorstellbar, weil die künftigen Geschworenen im Hinterkopf | |
haben werden, dass Bayer schon zweimal schuldig gesprochen worden ist. | |
Außerdem liegen bei dem Vorsitzenden Richter im aktuellen Verfahren 700 | |
weitere Fälle, und er hatte den Prozess zu einem Musterverfahren erklärt. | |
Aber richtig ist: Kalifornien ist dafür bekannt, dass viele | |
Geschworenengerichte sehr stark pro Kläger sind. Der nächste Prozess findet | |
auch in Kalifornien statt. Dann geht es aber nach Ohio. | |
Wird das ähnlich wie bei der Tabakindustrie ausgehen: jahrelang Risiken | |
leugnen, dann doch Milliarden zahlen? | |
Das glaube ich nicht. Bei Tabak würde niemand leugnen, dass er Lungenkrebs | |
auslöst. Bei Glyphosat gibt es keinerlei Beweise, dass es Krebs verursacht. | |
Auch alle staatlichen Organisationen haben die Unbedenklichkeit | |
bescheinigt. | |
Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hält Glyphosat | |
aber für „wahrscheinlich krebserregend“. Sie gilt als besonders unabhängig | |
von der Industrie, während Behörden sich vor allem auf Studien der | |
Hersteller stützen. Gibt es wirklich keinerlei Beweise? | |
Okay, wissenschaftlich muss man wohl formulieren: „geringe“ Beweise. Nach | |
der Bewertung der Krebsforschungsagentur gab es die sehr große Agricultural | |
Health Study in den USA, die keinen Zusammenhang mit der betroffenen | |
Krebsart feststellte. Diese Studie wurde von der Krebsforschungsagentur | |
nicht berücksichtigt, weil die zu spät gekommen ist. | |
Im Hardeman-Prozess haben Experten ausgesagt, dass die Studie mangelhaft | |
sei. | |
Sie werden immer ein paar Wissenschaftler finden, die anderer Meinung sind. | |
Wie viel könnte Bayer die Glyphosathaftung kosten? | |
Im schlimmsten Fall könnten die pleitegehen. Das halte ich aber für | |
vollkommen unrealistisch. Aus früheren Fällen wissen wir, dass bei einem | |
Vergleich so um die 5 Milliarden Dollar herauskommen könnten. Sollten es | |
deutlich über 10 Milliarden werden, dann hätte Bayer für die Übernahme von | |
Monsanto zu viel Geld ausgegeben. | |
Sind Sie überrascht über die Urteile? | |
Ja, wir hatten gehofft, dass auf Basis der Studien die Entscheidung nicht | |
so eindeutig ausfällt beziehungsweise Bayer möglicherweise auch den einen | |
oder anderen Prozess gewinnt. | |
Haben Sie vor der Monsanto-Übernahme gewarnt? | |
Nein. Die industrielle Logik der Fusion besteht auf jeden Fall: Saatgut von | |
Monsanto und Pflanzenschutz von Bayer verbinden. Hätte Bayer Monsanto nicht | |
gekauft, dann würden sie viel schlechter dastehen, weil sie im Agrarbereich | |
eben nur noch Pflanzenschutz hätten, während die Konkurrenz um sie herum | |
immer größer wird. Aber wir haben nicht gesagt: „Wow, das war der beste | |
Deal ever!“ Bayer hat sich mit dem Deal a) diese ganzen | |
Schadenersatzrisiken und b) die Reputationsrisiken eingekauft, weil | |
Monsanto eines der meist gehassten Unternehmen ist, und das färbt auch auf | |
Bayer ab. Man kann sicherlich fragen, ob Monsanto das ideale Ziel war oder | |
ob man sich nicht eines der anderen Unternehmen hätte vorher anschauen | |
sollen, die dann von anderen gekauft worden sind. | |
Wie gehen Sie mit dem Reputationsverlust um? | |
In unserem Nachhaltigkeitsfonds ist Bayer nicht enthalten. Wir werden uns | |
auch auf der Bayer-Hauptversammlung kritisch äußern. | |
Muss Bayer-Vorstandschef Werner Baumann an Rücktritt denken? | |
Das ist deutlich zu früh. Bayer hat einige operative Baustellen. Der | |
Bereich Consumer Health läuft nicht rund. Wir haben Produktionsengpässe und | |
Ärger mit der US-Arzneimittelbehörde FDA im Pharmabereich. Wir müssen die | |
Pipeline neuer Produktentwicklungen auffüllen. Das sind drei Sachen, wo ich | |
operative Fortschritte erwarte. Das ist für mich genauso wichtig wie die | |
ersten Glyphosat-Prozesse. | |
28 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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