| # taz.de -- Liberale in Europa: Es braucht Wegweiser | |
| > Westeuropas liberale Größen sind gut darin, sich als Alphatiere zu | |
| > inszenieren. Doch Macron und Lindner machen zu viel nicht richtig. | |
| Bild: Kann die Reformen-Debatte aufgrund des Notre-Dame-Brands etwas vertagen: … | |
| Durch den [1][Brand der Kathedrale Notre-Dame] konnte Frankreichs Präsident | |
| Emmanuel Macron das Finale seiner großen nationalen Debatte noch einmal | |
| hinauszögern. Große Reformen müssen trotzdem erfolgen, sonst werden die | |
| [2][Proteste der Gelbwesten] erneut den Diskurs im Land bestimmen. Und | |
| Proteste gibt es nicht nur in Frankreich: Europa bröckelt überall. | |
| Eigentlich aber haben europäische Liberale alle Instrumente in der Hand, | |
| die es braucht, um Europa zu stärken. Und sie haben das Führungspotenzial, | |
| um Nationen zu bewegen. Und nein, das hier ist kein naives Manifest für den | |
| Neoliberalismus. Aber auch keines, das meint, ohne ihn auskommen zu können. | |
| Wähler wählen Personen. Macron wollte eine historische Rolle einnehmen mit | |
| seiner Europa-Propaganda. Vom deutschen FDP-Chef Christian Lindner [3][ist | |
| der Satz bekannt]: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu | |
| regieren.“ Beide inszenieren sich als Alphamänner, sind für ein liberales | |
| und zugleich konservatives Europa. | |
| Aber wie sieht die liberale Zukunft aus? Wie stark werden sich die | |
| Gelbwestenproteste und die konservative Haltung zur Einwanderungsfrage | |
| Macrons auf die nächsten Wahlen auswirken? Und wie möchte Christian Lindner | |
| zurück zur Volkspartei jenseits der 10 Prozent? | |
| ## Die Energie verschwindet | |
| „Schulranzen verändern die Welt“ und „Gemeinsam, Frankreich!“ werden n… | |
| konkret. Dabei sollte politisches Gelaber doch wenigstens die Menschen | |
| abholen können. Leadership durch Diversität. Und wichtig: Kontinuität. Das | |
| verlorenen Vertrauen in die Politik ist die größte Tragik der Jahre des | |
| Status quo und seiner schwarzen Null. | |
| Ästhetische und nach nach ihrer „Hotness“ (BuzzFeed) gelistete | |
| Schwarzweißporträts, Social Media sowie ein Hauch selbstzugeschriebener | |
| Prominenz, das macht die heutigen Liberalen aus. Man nimmt eher Personen | |
| wahr als die Partei. Wer denkt bei En Marche nicht an Macron? Oder bei der | |
| FDP nicht an Lindner? | |
| Diese Energie verschwindet jedoch, wenn die Wahlen gewonnen sind. Dabei | |
| könnte jenes persönliche Charisma genutzt werden. Anstatt sich | |
| ausschließlich den Applaus der sechsstelligen Jahresgehälter zu sichern, | |
| sollten die Visionen der gesamten Bevölkerung in liberale Politik | |
| einfließen. | |
| Sich Diversität zu eigen machen: Das ist der Appell, den die Liberalen | |
| ernst nehmen sollten. Nur die Fusion aus verschiedenen politischen | |
| Ideologien kann im kapitalistischen Wirtschaftssystem in einen dann auch | |
| umsetzbaren Kompromiss münden. Dafür muss die Sozialdemokratie ihrer | |
| devoten Rolle entfliehen und wieder die Menschen vertreten, die diese | |
| Parteien aufbauten: die Arbeiter. | |
| ## Es braucht Wegweiser | |
| Denn die bestimmen den politischen Alltag. Und das haben alle in dem Kampf | |
| um die schmale elitäre Mitte vergessen – die ohnehin dem | |
| Status-quo-Liberalismus treu ist. Die Transformation der Grünen in eine | |
| konservative Klimaschwester der CDU sollte schnellstmöglich rückgängig | |
| gemacht werden. Eine schwarz-grüne Koalition – Fusion – ist wirklich das | |
| Letzte, was das stagnierende politische deutsche System braucht. Es braucht | |
| Leader, Wegweiser. | |
| Schaut man sich die Prognosen der Konjunktur der EU an, sieht es kühler aus | |
| für den Westen, dafür ist Osteuropa auf dem ökonomischen Vormarsch. Die | |
| arrogante Haltung der westeuropäischen Staatsoberhäupter dazu ist | |
| kontraproduktiv. Die Deutungshoheit in Westeuropa wirkt nur aus Angst vor | |
| der Konkurrenz vorgeschoben, Inklusion wäre profitabler. | |
| Banal und doch so simpel: Alle sollten ihre unterschiedlichen Plätze wieder | |
| einnehmen. In den zwei größten europäischen Ökonomien kann keine absolute | |
| Mehrheit regieren, Diversität ist die Gegebenheit. Einbrüche werden wir | |
| alle erleben, auch die elitäre Mitte. Bröselt das System von unten, | |
| zerfällt es irgendwann ganz. | |
| 17 Apr 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Brand-von-Notre-Dame/!5588996 | |
| [2] /Gelbwesten-in-Frankreich/!5562908 | |
| [3] /Vier-Wochen-Jamaika/!5461263 | |
| ## AUTOREN | |
| Yasmine M'Barek | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| En Marche! | |
| Schwerpunkt u24 taz | |
| FDP | |
| Christian Lindner | |
| Liberale | |
| Osteuropa | |
| Christian Lindner | |
| Schwerpunkt u24 taz | |
| Brandkatastrophen | |
| Schwerpunkt Europawahl | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Essay Osteuropa: Einfach mal hinfahren | |
| Viele Deutsche wissen zu wenig über osteuropäische Gesellschaften. Sie | |
| haben es bisher nicht geschafft, die Länder als gleichberechtigt | |
| wahrzunehmen. | |
| Parteitag der FDP: „Wir werden alle Vegetarier“ | |
| FDP-Parteichef Christian Lindner warnt vor Fleischlosigkeit und Enteignung. | |
| Er wünscht sich aber CO2-neutrale Flugzeugantriebe. | |
| 40 Jahre taz: Der Nullnummer-Verteiler | |
| Ein kleines Projekt wurde vor 40 Jahren zur waschechten Zeitung. Stefan | |
| Schaaf verteilte die erste taz, dann wurde sie Teil seines Lebens. | |
| Brand von Notre-Dame: Aufbau in fünf Jahren | |
| Die Pariser Kathedrale werde innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut, | |
| kündigt Frankreichs Präsident Macron an. Befragungen der Zeugen dauern an. | |
| Kolumne Air de Paris: Franzosen warten auf ein Wunder | |
| Zwölf KandidatInnen für die Europawahl stellen ihren Lieblingsgegenstand | |
| vor. Sie sprechen auch über den Brexit und die Digitalsteuer. | |
| Kommentar Gelbwesten in Frankreich: Macron-Regierung sinnt auf Revanche | |
| Die Regierung droht mit harten Strafen für „professionelle Aufwiegler“ | |
| unter den Gelbwesten. Allein: Besonders wirksam wird das nicht sein. |