Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Prozess gegen IS-Anhängerin in München: „Sittenpolizistin“ vo…
> Am Dienstag beginnt das Verfahren gegen eine mutmaßliche IS-Rückkehrerin
> – das erste in Deutschland. Jennifer W. ließ offenbar eine Fünfjährige
> verdursten.
Bild: Die Angeklagte W. soll Deutschland 2014 verlassen haben, um sich dem IS a…
München dpa/afp | Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München hat am Dienstag
der Prozess gegen eine mutmaßliche Anhängerin des Islamischen Staates im
Irak begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft der 27-jährigen Deutschen
Kriegsverbrechen, Mord und Mitgliedschaft in einer [1][terroristischen
Vereinigung im Ausland] vor. Jennifer W. ist die erste Rückkehrerin, gegen
die nach ihrer Heimkehr nach Deutschland ein Haftbefehl erwirkt werden
konnte. Nach Angaben ihrer Anwältin Seda Basay-Yildiz will die junge Frau
aus Niedersachsen sich vorerst nicht zu den Vorwürfen äußern.
Die Angeklagte soll im Sommer 2015 gemeinsam mit ihrem Mann ein kleines
Mädchen aus einer Gruppe jesidischer Kriegsgefangener als Sklavin gekauft
haben. Weil das fünf Jahre alte Kind ins Bett gemacht hatte, soll der Mann
es zur Strafe in sengender Sonne, bei 45 Grad Hitze, angekettet haben. Es
verdurstete qualvoll. Der Vorwurf gegen die Angeklagte: Mord durch
Unterlassen.
Nach der Verlesung der Anklage wurde der Prozess bis zum 29. April
unterbrochen. Hintergrund ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft, dass die
Mutter des Mädchens ausfindig gemacht wurde und als Zeugin zur Verfügung
steht. Sie ist als Nebenklägerin zu dem Verfahren zugelassen und wird unter
anderem von der bekannten Menschenrechtsanwältin Amal Clooney vertreten.
Sie kam allerdings nicht zum Prozessauftakt.
## Wichtiges Verfahren für jesidische Überlebende
W. soll Deutschland 2014 verlassen haben, um sich im Irak der
Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) anzuschließen. Die junge Frau
hatte sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft zwischen September 2014 und
Anfang 2016 im Irak der Terrororganisation Islamischer Staat (IS)
angeschlossen. Dort habe sie gegen Lohn als „Sittenpolizistin“ überwacht,
dass andere Frauen die vom IS aufgestellten Verhaltens- und
Bekleidungsvorschriften einhielten.
2016 wurde sie bei einem Besuch in der Türkei, als sie in der deutschen
Botschaft ihre Ausweispapiere verlängern lassen wollte, festgenommen und
nach Deutschland abgeschoben. Die zuletzt im niedersächsischen Vechta
lebende 27-Jährige wollte zum IS zurückkehren. Als sie im Juni 2018 die
Reise tatsächlich antrat, konnte sie aufgrund nach und nach gesammelter
Beweise in Bayern festgenommen werden. Deswegen findet der Prozess in
München statt.
Nach Angaben der Organisation Yazda, die sich für die Interessen der
religiösen Minderheit der Jesiden einsetzt, ist es die weltweit erste
Anklage wegen internationaler [2][Straftaten, die von IS-Mitgliedern gegen
Jesiden] begangen wurden. Die Vereinten Nationen prüfen derzeit, ob die
Massaker an den Jesiden einen Völkermord darstellen.
In einer zum Prozessauftakt veröffentlichten Erklärung bewertete
Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, selbst Überlebende von Versklavung
und Folter durch IS-Mitglieder, den Prozess „als wichtiges Verfahren für
alle jesidischen Überlebenden.“ Jeder Überlebende, mit dem sie gesprochen
habe, warte darauf, dass die Täter für ihre Taten gegen die Jesiden,
insbesondere gegen Frauen und Kinder, verfolgt und vor Gericht gestellt
würden. „Deshalb dies ein großer Moment für mich und die gesamte jesidische
Gemeinschaft“, erklärte Murad.
9 Apr 2019
## LINKS
[1] /Strafverfolgung-von-IS-Rueckkehrern/!5574592
[2] /Entfuehrte-Jesidinnen-im-Nordirak/!5557165
## TAGS
„Islamischer Staat“ (IS)
IS-Helferinnen
Mordprozess
IS-Terror
Jesiden
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Syrien
doppelte Staatsbürgerschaft
Irak
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mutmaßliche IS-Anhängerin vor Gericht: Ermittlungsführer belastet Angeklagte
Im Prozess um ein verdurstetes jesidisches Mädchen schweigt die mutmaßliche
IS-Rückkehrerin. Trotzdem werden weitere Details bekannt.
IS-Rückkehrerinnen in Deutschland: Einmal IS und zurück
Deutschland hat eine IS-Anhängerin zurückgeholt. Andere warten auf ihre
Heimreise. Ob sie wirklich mit dem IS gebrochen haben, ist unklar.
IS-Ehemalige Carla S.: Zurück aus dem Kalifat
Lange wurde über Rückholungen deutscher IS-Anhänger in Syrien debattiert,
nun erfolgte die erste: Carla S. aus Oberhausen.
Verlust deutscher Staatsangehörigkeit: Ein Gesetz für die Zukunft
Die Koalition plant eine Regelung zum Verlust der Staatsbürgerschaft. Sie
kann nicht auf rückkehrwillige IS-Kämpfer angewandt werden.
Deutsche IS-Anhängerin aus Sachsen: Linda W. im Irak verurteilt
Die 17-Jährige soll zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden
sein, berichten verschiedene Medien. Eine offizielle Bestätigung gibt es
bislang nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.