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# taz.de -- Kolumne American Pie: Profi, suche Nebenjob
> Weil in der besten Frauen-Basketball-Liga die Gehälter ein Witz sind,
> spielt die Beste, Breanna Stewart, auch in Russland. Nun ist sie
> verletzt.
Bild: Stewart (rechts) wird bis auf Weiteres nicht mehr ihrem Beruf nachgehen k…
Jalen Rose war mal ein sehr guter Basketballspieler. Seit ein paar Jahren
ist er nun [1][ein sehr lauter Sportkommentator]. Manchmal, wenn er seine
TV-Tiraden besonders effektvoll in Szene setzen will, legt er sich einen
Baseballschläger über die Schulter. Guckt her, notfalls schlag ich auch zu,
um zu beweisen, dass ich recht habe, soll das wohl heißen. Vergangene Woche
holte sich Rose mal wieder den Schläger, platzierte ihn auf seiner linken
Schulter, und legte los: „WNBA-Spielerinnen werden behandelt wie Menschen
zweiter Klasse.“
Der Anlass: Breanna Stewart hat sich so schwer verletzt, das sie bis auf
Weiteres nicht mehr ihrem Beruf wird nachgehen können. Breanna Who?
Breanna Stewart ist eine sehr gute Basketballspielerin, vielleicht die
aktuell beste der Welt. Im Jahr 2018 gewann die US-amerikanische
Nationalspielerin mit ihrem Klub Seattle Storm die Meisterschaft der
Women’s National Basketball Association (WNBA) und wurde als MVP, als
wertvollste Spielerin, ausgezeichnet. Auch bei der anschließenden WM wurde
sie MVP, dann ging sie nach Russland, um dort weiterzuspielen. Zuletzt
wurde die 24-Jährige auch in der EuroLeague zum MVP gewählt und erreichte
mit Dynamo Kursk das Endspiel. Im Finale allerdings landete sie nach einem
Sprungwurf ausgerechnet auf den Füßen ihrer für Jekaterinburg tätigen
Landsfrau Brittney Griner und riss sich dabei die Achillessehne. Die Folge:
Die WNBA, deren neue Spielzeit im Mai beginnt, muss auf eines ihrer
prominentesten Gesichter verzichten. Das ist bis auf Weiteres nur auf
Twitter-Fotos aus dem Krankenhaus zu sehen.
Stewarts Verletzung ist nun der Anlass für eine Gerechtigkeitsdiskussion:
Basketball-Profispielerinnen werden in der WNBA dermaßen schlecht bezahlt,
dass sie im Rest des Jahres in Europa oder China spielen müssen – nicht, um
reich zu werden, sondern um überhaupt genug zu verdienen, um über die
Runden zu kommen. Das war es auch, was Jalen Rose zum Baseballschläger
greifen ließ: „Die beste Spielerin einer Liga, die ein Tochterunternehmen
der NBA ist, bekommt 56.000 Dollar im Jahr?“, fragte er provokant.
Tatsächlich: Das höchste Gehalt für eine WNBA-Spielerin im Jahr 2018 betrug
115.500 Dollar. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Jahresverdienst der
männlichen Kollegen in der NBA lag im gleichen Jahr bei 7,4 Millionen
Dollar. Sicher: Die Frauen spielen weniger Spiele, sie ziehen weniger
Zuschauer an und sorgen für weniger Sponsorengelder. Allerdings: Während
die NBA an die Männer 50 Prozent des Liga-Umsatzes an Gehältern
ausschüttet, sind es in der WNBA nur knapp 23 Prozent. Andererseits soll
die WNBA im vergangenen Jahr 12 Millionen Dollar Verlust gemacht haben.
Aber ist es gerecht, wenn die Frauen bisweilen kaum ein Hundertstel dessen
verdienen, was die Männer bekommen?
## Notorische Überlastung
Nach Stewarts Achillessehnenriss sind sich nahezu alle, die sich zu dem
Thema äußern, einig: Die WNBA ist sportlich zwar die beste
Frauen-Basketball-Liga der Welt, [2][aber die gezahlten Gehälter sind ein
Witz]. Schon zuvor hatte [3][Maya Moore], ein weiteres Aushängeschild der
Liga und noch 2014 zum MVP gekürt, angekündigt, die kommende Saison
auszusetzen und sich lieber um ihre Familie und ihre Ausbildung zur
Predigerin zu kümmern. Die Australierin Liz Cambage, Top-Scorerin der
letzten WM, droht ebenfalls mit Sommerurlaub: „Das, was mir die WNBA zahlt,
reicht nicht für meine Rechnungen. Hier bräuchte ich zehn Jahre, um das zu
verdienen, was ich in einem Jahr in Europa kriege.“ Diana Taurasi
beispielsweise verdiente 2015 in Jekaterinburg 1,5 Millionen Dollar – und
verzichtete zugunsten ihres lukrativen Nebenjobs auf die WNBA.
Mehr als 70 Prozent aller WNBA-Profis spielen zusätzlich noch in
Frankreich, der Türkei, Spanien, Italien, Belgien, Israel, Australien,
Korea, ja sogar in Ungarn oder Tschechien. Wenn die Spielzeit der eigenen
Liga zu Ende ist, beginnen meist schon die Trainingslager der nächsten, und
dazwischen werden noch ein paar Länderspiele, Weltmeisterschaften oder
Olympische Spiele gequetscht. Ohne ausreichende Regenerationsphasen sind
vor allem die besten Spielerinnen überlastet, Verletzungen an der
Tagesordnung. Stewart hatte sich schon bei ihrem vorherigen
Auslandsabenteuer, damals noch in Diensten für Schanghai, am Knie verletzt.
Die Spielerinnengewerkschaft hat deshalb schon vor Monaten angekündigt, den
Vertrag mit der WNBA zum Ende der kommenden Spielzeit auslaufen zu lassen.
Die Saison wird also ganz im Zeichen der Verhandlungen um eine neue
Übereinkunft und deren zentrale Forderung, eine angemessene Bezahlung,
stehen. Die mediale Aufmerksamkeit für die schwere Verletzung von Breanna
Stewart wird ein schlagkräftiges Argument für die Gewerkschaft abgeben.
23 Apr 2019
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## AUTOREN
Thomas Winkler
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