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# taz.de -- Die Wahrheit: Bi, aber nicht trumpy
> Auf ihrem Jahreskongress versuchten die Donaldisten am Wochenende in
> Freiburg eine Neubewertung der berühmten Ente aus Entenhausen.
Bild: Donald in Action – fast so überdreht wie seine Jünger
Als wir den Hörsaal 1010 der Freiburger Universität betreten, begrüßen die
Stockenten draußen auf der Dreisam noch schnatternd den neuen Tag. Auch
drinnen erwartet uns Geschnatter, denn schon seit Sonnenaufgang erforschen
hier Fachleute wie Prominente die Geschichte, Gesetze und Gesellschaft des
Paralleluniversums von Entenhausen.
Wir besuchen den 42. jährlichen Kongress der Deutschen Organisation
Nichtkommerzieller Anhänger des Lauteren Donaldismus, kurz D.O.N.A.L.D.,
der diesmal an der Hochschule im Breisgau tagt, die 1457 von Albrecht IV.
gegründet wurde, genannt „der Verschwenter“, ein großer Wasservogelfreund.
Begrüßt werden wir aber bloß von Walter Riester. Der geniale Erfinder der
Riester-Ente hat nach seinem Karriereende im Donaldismus eine neue Heimat
gefunden. Ganzkörperkostüme wie in Disneyland sucht man auf dem Kongress
vergebens, Donaldisten sind seriöse Menschen. Dafür sind zahlreiche
Pappschnäbel zu entdecken, interessanterweise vor allem bei den
prominenteren Anwesenden, auch Riester trägt einen.
## Gegenspieler der Ducks
Wir entdecken Claus Kleber – natürlich im Schlepptau von
Nachrichtenkollegin Gundel Gaukeley. Kleber diskutiert mit Autor Frank
Schätzing den Einfluss von Namen auf die Rezeption der Gegenspieler der
Ducks.
Die FAZ-Journalisten Donald Bahners und Donald Platthaus sind auch da, sie
sind seit jeher große Enten-Fans. Unser Gastgeber winkt seinen alten
Freunden Peter Hartz und Gerhard Schröder zu. Der Altkanzler trägt keine
Hose. „Das tun die Ducks ja auch nicht, das ist nur konsequent vom Gerd“,
erläutert Riester.
Überhaupt ist der alte Arbeiterverräter sehr mitteilsam: Die deutsche
Donaldisten-Bewegung, erklärt er, sei 1977 vom damaligen Bundespräsidenten
Walter Scheel („Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim Erpel vorn“)
gegründet worden. Riester verrät uns außerdem ein bislang gut gehütetes
Geheimnis: Ein hoher Anteil der Donaldisten leidet unter Anatidaephobie,
der berüchtigten Angst, von einer Ente beobachtet zu werden. Die
Beschäftigung mit Comic-Enten dient wohl auch der Therapie.
Gleich zu Beginn des Kongresses kommt es zum Eklat, nachdem Prof. Dr.
Fauntleroy Quill das Podium betritt. Der amerikanische Soziologe ist in der
Vergangenheit schon mehrfach in der Donaldisten-Szene durch provokante
Thesen aufgefallen. Donald Duck, postuliert Quill diesmal, sei Anhänger
seines Namensvetters im Weißen Haus. Und bisexuell.
Die Reaktionen im Saal sind enorm (pfeif, gröl, schnatter), doch Quill kann
Belege anführen: Der Pechvogel im Matrosenanzug sei Verlierer des
kapitalistischen Systems und Kriegsveteran – die klassische Trump-Klientel.
Außerdem träten beide Donalds oft in Fettnäpfchen. Der Schnabel des einen
hätte zudem die Gesichtsfarbe des anderen – und umgekehrt. Quills
Herleitung der Sexualität des Erpels ist noch kontroverser: Zwar empfinde
Donald sexuelles Verlangen nach Daisy Duck, doch seine Rivalität zu Gustav
Gans sei in Wahrheit Ausdruck uneingestandenen Begehrens.
## Glaubensfragen überwinden Gräben
Damit hat der Professor es geschafft, fast alle Anwesenden gegen sich
aufzubringen. Claus Kleber verkündet: „Ich habe beide Donalds schon
interviewt, die können nicht miteinander!“ Schnell spaltet sich das Plenum
in zwei Lager. Jene, die sich weigern, ihren Liebling als Trump-Fan zu
bezeichnen, aber seine Bisexualität unterstützen, sammeln sich um das Team
vom „heute-journal“ und um Erpel-Skeptikerin Alice Schwarzer. Die
Gegenfraktion gruppiert sich um Altkanzler Schröder („Ein guter Freund von
mir aus Russland schätzt Donald Trump, also darf Donald Duck Donald Trump
auch schätzen.“) und Alice Weidel, die mit besonderer Heftigkeit für die
Heterosexualität des Erpels eintritt. Ornithologische Glaubensfragen
überwinden parteipolitische Gräben.
Die Pappschnäbel erschweren die Diskussion erheblich, weil sie eine klare
Artikulation verhindern. Oft sind nur gequakte Stichworte wie Patriarchat,
Leitkultur und Aggressionstherapie verständlich. Schwarzer ist die erste,
die für den Fall einer Anerkennung von Ducks Trump-Bewunderung ihren
Rückzug aus der Organisation androht; Weidel und einige ihrer Anhänger
kündigen für den umgekehrten Fall umgehend dasselbe an. Fauntleroy Quill
steht ungerührt auf der Bühne und betrachtet grinsend das Chaos, das er
angerichtet hat.
Nach langem Streit beschließt der Kongress mit einem knappen Votum, dass
Donald Duck zwar kein Trump-Fan, aber womöglich bisexuell sei. Die
Verlierer reißen sich wütend ihre Schnäbel vom Gesicht, Alice Weidel
watschelt mit erhobenem Schnabel aus dem Saal („Ich bin die längste Zeit
Donaldistin gewesen.“), während die Sieger Schilder der Beifallsbekundung
in die Luft recken. Der Eklat endet mit einem großen Moment für die
Demokratie.
9 Apr 2019
## AUTOREN
Tammo Kohlwes
## TAGS
Donald Duck
Donaldisten
Donald Trump
Schwerpunkt Rassismus
Tiere
Wilhelm Busch
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