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# taz.de -- Die Wahrheit: Vom Lautmaler gemalt
> Vor 150 Jahren entdeckte Wilhelm Busch die Comicsprache und verhalf dem
> ersten Inflektiv zur Premiere in der Weltliteratur.
Bild: Max und Moritz hopsten „schlupp!“ auf die Bühne der Bilderliteratur.
Applaudier, applaudier – vor 150 Jahren erblickten Max und Moritz –
„schlupp!“ – das Licht der Welt, und ihr Schöpfer Wilhelm Busch schrieb …
ihnen Comic-Geschichte. Busch war nicht nur Zeichner, Dichter und Maler,
sondern auch Lautmaler. Mit „Max und Moritz“ sollte er als erster Meister
eine Bildgeschichte in Bild und Ton komponieren.
Das ganze Bilderbuch über die Lausbuben und ihre Streiche ist eine einzige
lautmalerische Kakofonie und ließe sich allein in Geräuschen erzählen:
„Kikeriki! Kikikeriki!!“ – „Tak tak tak!“ – „Schnupdiwupp!“ –…
rawau!“ – „Ritzeratze!“ – „Meck, meck, meck“ – „Rums!!“ –…
– „Autsch“ – „Ratsch“ – „Puff“ – „Knacks“ – „Schwap…
„Knusper, knasper“ – „Hei“ – „Rabs“ und schließlich „Rickera…
das Ende mit Geknacke. Zum Schluss dann verzehret sie Meister Müllers
Federvieh . . .
Unbemerkt von der Comic-Wissenschaft blieb im 4. Streich eine denkwürdige
Premiere, nämlich der Auftritt des ersten Inflektivs der Weltgeschichte:
„Stopf, stopf, stopf, Pulver in den Pfeifenkopf!“ Hier treffen wir nicht
auf eine Lautmalerei, denn das Stopfen macht so gut wie kein Geräusch,
sondern auf eine erzählerische, ungebeugte Verbform, die durch das
Weglassen der Infinitivwendung gebildet wurde. Genau so nämlich beschreibt
Wikipedia den Inflektiv – oder mit anderen Worten: Nicht beug, bild und
weglass!
## Der Inflektiv heißt nach Erika Fuchs auch Erikativ
Die schönsten Inflektive wurden in den fünfziger und sechziger Jahren durch
die unvergleichliche deutsche Donald-Duck-Übersetzerin Erika Fuchs in die
Comicwelt gesetzt: seufz, grübel, ächz. Deshalb wird der Inflektiv auch
völlig zu Recht als Erikativ bezeichnet. Selbstverständlich kannte die
belesene Frau Fuchs auch Max und Moritz, da wird ihr das bahnbrechende
„stopf, stopf, stopf“ von Wilhelm Busch sicherlich in Erinnerung geblieben
sein. Von Rechts wegen müsste also die Comic-Geschichte umgeschrieben
werden und aus dem Erikativ ein Buschkativ gemacht werden. Weil das aber
ungut klingt (befremd), lassen wir das lieber.
Was Busch aber nicht ahnen konnte, war, dass sein „stopf, stopf, stopf“ in
der heutigen Internetkommunikation fröhliche Urstände feiern sollte (staun,
kopfkratz). Denn dort werden Wortpeinlichkeiten wie „knuddel“ und
„ganzdollknuddel“ von unbedarften Chatsettern gern versendet.
Die Inflektionitis der jungen Menschen ist nichts Neues, die Barksisten und
Donaldisten haben bereits in den sechziger Jahren in Inflektiven
gesprochen. Gern auch mit dem vorangestellten „so“. So: Staun und mit den
Augen roll. Ja, so war das, liebe Schnatter-Chatter und Twitter-Flitterer,
lange vor euch!
Auch Lautmalerfürst Wilhelm Busch hatte seinerzeit Vorbilder, das „Knusper,
knasper“ im 6. Streich kennen wir von der Hexe aus dem Märchen: „Knusper,
knusper, knäuschen.“ Und zu Recht fragt sich auch der Daumerling: „Strip,
strap, stroll, ist der Eimer noch nicht voll?“ Doch, ist er – und deshalb
zitieren wir abschließend den Meister Busch: „Ratsch! Man zieht den Vorhang
zu!“
15 Dec 2015
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Wilhelm Busch
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Forschung
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