Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- BVG-Ridepooling: Nicht mehr Platz für den König
> Jeden Tag nutzen 2.000 Fahrgäste den Ridepooling-Dienst der BVG. Eine
> Ausweitung des Experiments ist vorläufig nicht geplant – es gibt auch
> Grundsatzkritik daran.
Bild: In die Tram steigen oder doch lieber ins kuschelige Sammeltaxi – das is…
Die Aufregung war verfrüht. Am Mittwoch hatte eine Berliner Zeitung
gemeldet, die BVG werde das Einsatzgebiet ihres Ridepoolingdienstes
„BerlKönig“ deutlich ausweiten – von der östlichen Innenstadt auf den
gesamten S-Bahn-Ring sowie nach Weißensee und Lichtenberg. „Eine Ente“,
dementierte BVG-Sprecherin Petra Nelken gegenüber der taz. Ein Ausbau des
bis 2022 laufenden Verkehrsversuchs sei keineswegs ausgemachte Sache. „Ein
Antrag dazu ist noch nicht einmal in Vorbereitung.“
Allerdings bestätigte Nelken, dass solche Überlegungen in einer Runde mit
den verkehrspolitischen Fraktionssprechern geäußert worden seien.
„Natürlich ist die Grundidee nicht, Fahrten in einem so eng begrenzten
Gebiet anzubieten.“ Man habe über die Zukunft nachgedacht – immerhin werde
das Angebot gut angenommen und mehrere Bezirksämter hätten sich
interessiert an die BVG gewandt. Erst aber, betonte die Sprecherin, müsse
die BVG in Ruhe „Daten und Fakten sammeln“.
„Wir schauen uns das Nutzungsverhalten an, wir bekommen Feedback von
Fahrern und machen Befragungen“, so Nelken. Es könnte sich so etwa
herausstellen, dass mehr Menschen mit Rollstuhl die BerlKönig-Vans nutzen
wollten und nachgesteuert werden müsse. Die derzeit 132 Fahrzeuge sind
nicht alle barrierefrei, deshalb kann die Wartezeit für KundInnen mit
Gehbehinderung länger ausfallen.
Wie die Verkehrsverwaltung kürzlich mitteilte, werden täglich knapp 2.000
Fahrten bei dem Joint Venture der BVG mit dem privaten Anbieter ViaVan
gebucht. Im ersten halben Jahr seit Start im September kamen rund 340.000
Fahrten zusammen. Die Auslastung ist steigerbar: Rund 40 Prozent der
Fahrzeit rollten die schwarzen Transporter mit dem BVG-Tarnmuster leer
durch die Gegend. Etwas mehr als die Hälfte der Fahrzeugflotte fährt
elektrisch.
## Kritik aus der SPD
So beliebt der BerlKönig ist – dem Angebot wird auch mit Skepsis begegnet,
gerade in der Koalition. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion
macht keinen Hehl aus seiner Kritik: „Das Mobilitätsgesetz gibt uns den
klaren Auftrag, für gute Beförderungsbedingungen in allen Teilen der Stadt
zu sorgen“, so Tino Schopf, „deshalb macht der Berlkönig nur Sinn, wenn er
in den Außenbezirken eingesetzt wird.“ In der Innenstadt kannibalisiere das
BVG-Ridepooling nur die bestehenden Angebote: „Wir schreiben den
Taxiunternehmern per Tarifordnung vor, was sie für eine Fahrt nehmen
müssen, und gleichzeitig finanzieren wir mit öffentlichen Geldern eine 40
Prozent billigere Konkurrenz.“
Gut 60 Prozent der BerlKönig-Passagiere würden nach eigener Aussage per
Bus, Bahn oder Rad fahren, wenn es das Angebot nicht gäbe, weiß der SPDler:
„Ich frage mich schon, wo da der Mehrwert ist.“ Die Menschen, die man damit
vom Pkw wegbekommen könne, lebten dort, wo der Weg zur nächsten Haltestelle
weit und die Bustakte dünn seien. „Ich sehe gerade nicht, dass der
BerlKönig zu der Verkehrswende beiträgt, für die Rot-Rot-Grün angetreten
ist.“
Ja, private Ridepoolingdienste könnten die Lücke füllen, wenn der BerlKönig
sich aus dem Stadtzentrum zurückzöge, das sieht auch Schopf. Tatsächlich
gibt es schon jetzt einen zweiten Anbieter der – auch im Rahmen eines
Verkehrsversuchs – die gesamte Innenstadt elektrisch bedient.
CleverShuttle, an dem die Deutsche Bahn rund 80 Prozent hält, hat gerade
erst die Genehmigung erhalten, seine Flotte von 30 auf 150 Fahrzeuge
auszudehnen. Schopf findet aber, öffentliches Geld für Innovationen müsse
anders eingesetzt werden – etwa für die Entwicklung autonomer U-Bahnen.
Sieht auch die BVG das Risiko „Kannibalisierung“? „Nein“, sagt Sprecher…
Nelken, „wir glauben eher, dass die Leute durch den BerlKönig den ÖPNV
immer attraktiver finden.“ Der sorge überall dort, wo sich noch
Versorgungslücken auftäten, für eine „charmante Verbindung“. Auch dass d…
Taxifirmen darunter leiden würden, sieht Nelken nicht: „Das ist doch ein
anderes Segment. Wenn ich im Smoking in die Oper will oder ganz schnell zum
Flughafen muss, nehme ich natürlich ein Taxi und nicht den Berlkönig.“
3 Apr 2019
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Mobilitätsgesetz
BerlKönig
BVG
Mobilitätswende
BerlKönig
Taxi
BVG
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gemeinschaftstaxis im Realitätstest: Aufs eigene Auto verzichten
Ruf-Kleinbusse können ein Beitrag zur Mobilitätswende sein. Aber nur, wenn
die Politik gleichzeitig das Autofahren unattraktiver macht.
Erste Bilanz BerlKönig: Stadtvolk liebt König
Die BVG hat Zahlen zu Nutzung und Akzeptanz der smarten Mini-Rufbusse
veröffentlicht. Lob kommt von Behindertenaktivisten, Kritik vom
Fahrgastverband.
Berliner Taxiprotest: „Scheuer-Wehr“ gegen Uber
Berliner Taxifahrende protestieren am Donnerstag wieder gegen die
Verkehrspolitik von Minister Scheuer und Senatorin Günther.
Ride-Sharing-Projekt: Fährt so spät durch Nacht und Wind
Die BVG erweitert ab Freitagabend ihre Fahrzeugflotte um eine Art Rufbus,
den „BerlKönig“. Es hagelt schon Kritik am Konzept.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.