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# taz.de -- Pro und Contra: Demonstrieren gegen die AfD?
> Das Hamburger „Bündnis gegen Rechts“ ruft zur Demo gegen den
> AfD-Parteitag im „Bürgersaal Wandsbek“ auf. Muss das sein?
Bild: Lieb gewonnenes Ritual? Protest gegen den Hamburger AfD-Parteitag 2017
Ja,
die Regularien der Parteiengesetzgebung gebieten zwar Parteitage. Der
Protest gegen einen Landesparteitag der AfD, wie er am Sonntag in Hamburg
stattfinden wird, scheint dieser Regelung zuwider zu laufen. Und je größer
die Wahlerfolge der vermeintlichen Alternative werden, desto lauter wird
die Kritik an Protesten gegen Parteitage. Denn, so die Argumentation, die
AfD spiegele die rund 20 Prozent Menschen mit rechtspopulistischen
Positionen wieder. Diese Meinung müsse Raum bekommen, die Partei Räume für
ihre Treffen. Aber: Positionen, die legal sind, müssen noch lange nicht
legitim sein.
Seit ihrer Gründung ist die AfD eine extrem rechte Sammlungsbewegung. Die
führenden Funktionsträger wie Jörg Meuthen und Alexander Gauland haben sich
in der Öffentlichkeit immer weiter rechts positioniert. Bekannte Hardliner
wie Björn Höcke werden protegiert, Hass und Hetze nehmen zu. In Hamburg
verließen führende Mitglieder deswegen bereits den Landesverband.
Der Fraktionschef der Hamburger AfD, Alexander Wolf, rief zwar zur verbalen
Mäßigung auf, doch der Alte Herr einer rechtsextremen Burschenschaft
versicherte gleichzeitig, dass das nichts mit „weichspülen“ zu tun habe,
die Partei werde weiter „harte Kante“ zeigen.
Mit Fake News und pauschalen Gleichsetzungen ist Wolfs Fraktion gerade eine
Schule hart angegangen, hat Lehrer*innen und Schüler*innen als
„Linksextreme“ angefeindet, weil die sich kritisch mit der extremen Rechten
auseinandergesetzt haben. Die AfD setzt in ihrem „Wording“ Antifaschismus
mit Linksextremismus und Gewalt gleich und der mediale Diskurs offenbarte
nun, dass diese AfD-Positionen bereits von einigen Redaktionen
unreflektiert übernommen werden.
Das kann als Gradmesser für eine neue Normalität betrachtet werden. Um
dieser Normalisierung entgegen zu wirken, ist der Protest gegen die AfD
nicht nur zulässig, sondern dringend geboten. Die AfD ist eben nicht eine
normale Partei der „Ich bin ja kein Nazi, aber“-Sprücheklopfer. Die AfD ist
auch nicht die NSDAP. Joseph Goebbels Häme über die Demokratie, die ihnen
die eigenen Waffen zur Abschaffung gab, sollte dennoch nicht vergessen
werden.
Andreas Speit
## Nein,
diese Partei ist in die Bürgerschaft gewählt worden. Niemand kann sie daran
hindern, sich zu treffen und Parteitage abzuhalten. Und die Stadt kommt
auch schon rein rechtlich nicht darum herum, ihr Räume zu vermieten.
Die Inhalte dieser Partei sind schwer erträglich. Aber mit jeder
Demonstration wird diese Gruppe erneut zum Thema gemacht. Es ist auch nicht
hilfreich, dieser Partei die Opferrolle zu gönnen, indem sie Parteitage nur
noch heimlich in Hinterzimmern abhält.
Deshalb sollten wir es bei den Routine-Terminen mal mit Ignoranz versuchen.
Nicht jedes Treffen dieser Partei muss die halbe Stadt in Aufregung
versetzen und zu einer Demo mobilisieren. Und nicht jeder Pups muss
berichtet werden, nur weil sich wieder jemand von dieser Vereinigung
geäußert hat.
Das fällt verständlicherweise nicht leicht. Gerade erst ist der Truppe,
deren Kürzel hier mal bewusst unerwähnt bleibt, gelungen, sich mit dem
Petzportal „Neutrale Schule“ in die Schlagzeilen zu bringen und sich als
Ordnungspolizist für den Politikunterricht aufzuspielen. Hier ist
Aufklärung und Gegenöffentlichkeit wichtig.
Auch der Druck, der durch dieses Denunziationsportal auf viele einzelne
Lehrer und jetzt auch Schüler aufgebaut wird, erfordert politischen
Austausch und Unterstützung für die Betroffenen. Derart anlassbezogen
sollten Kritiker auch auf die Straße gehen. Aber die Nicht-Erwähnung ist ab
und an auch mal eine Strategie. Und irgendwann ist zu einem Thema auch mal
alles gesagt.
Wenig Beachtung fand in dieser Woche eine Umfrage des
Politikwissenschaftlers Kai-Uwe Schnapp der Universität Hamburg. Demnach
verorten sich die meisten Hamburger deutlich links der Mitte. Und würde neu
gewählt, käme die Partei mit dem ersten Buchstaben des Alphabets im Kürzel
nicht mal mehr in eine neue Bürgerschaft.
Es gilt als denkbar, dass die befragten Bürger gegenüber der fragenden Uni
nicht ganz ehrlich waren, und diese Partei in Wirklichkeit mehr als die
vier Prozent bekäme. Aber ein Ende dieser Ära scheint für Hamburg möglich.
So wie auch einst die auf erschreckende 19 Prozent erstarkte Schill-Partei
wieder in der Versenkung verschwand, nachdem sie sich intern zerstritt und
zerlegte.
Kaija Kutter
23 Mar 2019
## AUTOREN
Andreas Speit
Kaija Kutter
## TAGS
AfD Hamburg
Schwerpunkt AfD
Demonstrationen
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AfD Bremen
Widerstand
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