# taz.de -- Juristin erhält Bundesverdienstkreuz: Kämpfend für die „Dritte… | |
> Beharrlich setzt die Juristin Konstanze Plett sich für die Rechte | |
> intergeschlechtlich Geborener ein. Dafür erhält sie nun das | |
> Bundesverdienstkreuz. | |
Bild: Anja Karliczek (CDU) händigt Konstanze Plett den Orden aus | |
Ob sie diese Auszeichnung überhaupt annehmen wolle, das habe sie als | |
gebürtige Hamburgerin und seit Langem in Bremen lebende und lehrende | |
Juraprofessorin erst abwägen müssen: Hanseat*innen reagieren für gewöhnlich | |
zurückhaltend auf Orden hauptstädtischer Provenienz. Letztlich hat sich | |
Konstanze Plett sehr gefreut über das Bundesverdienstkreuz am Bande, das | |
ihr vorigen Freitag im Bildungs- und Wissenschaftsministerium aus der Hand | |
von Anja Karliczek (CDU) ausgehändigt wurde. Was für eine schöne Pointe – | |
ausgerechnet aus der Hand jener Politikerin, die sich öfters schon durch | |
rohe und taktlose Äußerungen zu Fragen sexueller und sexualidentitärer | |
Diversität öffentlich bemerkbar gemacht hat. | |
Plett ist rechtswissenschaftlicherseits die engagierteste und in gewisser | |
Weise furchtloseste Person im Kampf für die Menschenrechte Intersexueller | |
gewesen, auch nach ihrer Emeritierung noch. Die 1947 geborene Juristin hat | |
maßgeblich an der Verfassungsbeschwerde [1][für eine sogenannte Dritte | |
Option] im Personenstandsrecht mitgewirkt: dass es nicht nur Männer und | |
Frauen gibt, sondern auch jene, die geschlechtskategorisch als „divers“ | |
geführt werden. Was sich in einem kleinen Wort kondensiert, hieß für | |
Betroffene früher meist nur Leiden, körperlich und seelisch – | |
[2][körperlich verstümmelt zu werden], um dann doch der klassischen Ordnung | |
„männlich/weiblich“ zu genügen, meist mit chirurgischer Hilfe. | |
Plett selbst hatte mit mehr Widerstand gerechnet, die Binarität der | |
Geschlechtszuordnung nun endlich aufzuweichen – und das in der | |
heteronormativen Welt der Bundesrepublik. Dem juristischen Anspruch auf | |
menschenrechtliche Ansprüche nicht ins Frau-Mann-Schema passender und | |
passen wollender Personen ist das Bundesverfassungsgericht in einer | |
Entscheidung aus dem Jahr 2017 gefolgt. | |
Ohnehin schon immer an Gender-Studies-Fragen interessiert, war der Kontakt | |
zu intersexuellen Menschen fundamental wichtig für das Engagement der | |
Juristin: Bei der Ordensaushändigung betonte sie, dankbar zu sein, „dass | |
intergeschlechtlich Geborene mir Vertrauen geschenkt haben, sie mir ihre | |
Diskriminierungserfahrungen mitgeteilt haben, so dass ich meine | |
juristischen Überlegungen nicht in einem Vakuum anstellen musste“. Die ihr | |
zuerkannte Auszeichnung sei Resultat einer „Geschichte einer Zusammenarbeit | |
vieler“. Die Wertschätzung gebühre „also allen, die sich auf den langen W… | |
gemacht haben, für die Anerkennung ihrer Grund- und Menschenrechte zu | |
kämpfen und dabei auch Rückschläge in Kauf zu nehmen“. | |
Das betont sie so sympathisch wie zutreffend: Durch den wachen Kontakt zu | |
Betroffenen wurde sie auf diesem juristischen Feld zur Kapazität | |
schlechthin: Ihr Wort, ihre Schriften haben bis in höchste Instanzen | |
Gewicht. Die 71-Jährige ist frei von Dünkel, von freundlich-robuster Art. | |
Sie pocht auf das rechtssystematisch Naheliegende – und zwar nicht als | |
Selbstzweck des Juristischen, sondern im Sinne der Menschen, die | |
schließlich dem Recht unterworfen sind. | |
28 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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