Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlrecht für Kinder: „Kinder sollen mitbestimmen“
> Politikstudentin Tracy Osei-Tutu fordert ein Wahlrecht für Kinder und
> einen Jugendrat mit Vetorecht – zuletzt kettete sie sich dafür im
> Bundestag an.
Bild: Jeden Freitag protestieren ist für Aktivistin Tracy Osei-Tutu keine nach…
taz: Frau Osei-Tutu, warum haben Sie sich vergangene Woche eigentlich im
Bundestag angekettet?
Tracy Osei-Tutu: Weil ich und die anderen an die Bundespolitik angebunden
sein möchten. Die aktuelle Politik führt uns in eine Sackgasse, und gerade
uns Junge betrifft das stärker, weil wir länger leben. Die Bewegung
FridaysForFuture zeigt deutlich, dass schon ganz junge Menschen politisch
präsent sind, aber andere Wege kennen und gehen möchten. Ich sehe es jedoch
nicht als nachhaltige Lösung an, jeden Freitag dazustehen, wenn wieder
etwas passiert wie die geplante Abrodung des Hambacher Forsts oder die
Fristverlängerung des Kohleausstiegs. Deswegen wünsche ich mir, dass Kinder
und Jugendliche aktiver Teil der Demokratie werden mithilfe eines
Kinderwahlrechts und einem Jugendrat, der über die Zukunft wacht.
Wie soll so ein Jugendrat genau funktionieren?
In meinem Verein „[1][Demokratische Stimme der Jugend]“ stellen wir uns ein
Gremium vor, das die Interessen der Jugend auf Bundesebene vertritt. Die
Mitglieder sollen zwischen 14 und 28 Jahre alt sein und durch das
aleatorische Verfahren, also das Los, ermittelt werden. Hierbei handelt es
sich um ein demokratisches Prinzip, das bereits in der Antike Anwendung
fand. Natürlich dürfen die gelosten Personen ablehnen. Auf diese Weise
möchten wir mögliche Hürden für eine Mitgliedschaft aus dem Weg räumen und
Mini-BerufspolitikerInnen vermeiden, die nur die Anliegen der dominanteren
Meinungsgruppe verkaufen. Wichtigster Hebel des Jugendrats ist das
Zukunftsveto. Die junge Generation soll „Stopp“ sagen können bei Themen,
von denen sie langfristig betroffen sind. Das Brexit-Votum wäre so ein Fall
gewesen. Damals haben überwiegend die älteren Menschen für den Ausstieg
gestimmt, doch die Jugend, die mehrheitlich dagegen war, muss mit der
Entscheidung noch leben, wenn die Alten nicht mehr da sind.
Es gibt aber SchülerInnen, die der Idee des Kinderwahlrechts skeptisch
gegenüberstehen. Kinder und Jugendliche seien noch nicht urteilsfähig.
Ich finde es heftig, wie klein das Selbstbewusstsein von jungen Menschen
geworden ist. Felix Finkbeiner hat Plant-For-The-Planet gegründet, als er
neun Jahre alt war. Er weiß bestimmt mehr über die Klimapolitik als so
manch 80-Jähriger. Natürlich gibt es Kinder, die keine Ahnung haben – was
in Ordnung ist. Beim Kinderwahlrecht geht es vielmehr darum, den Kindern
und Jugendlichen, die politisch aktiv werden wollen, die Möglichkeit zu
geben. Ich wünsche mir die kindliche Perspektive in all unseren Bereichen
und nicht immer nur die Meinungen von ExpertInnen. Klar, Greta Thunberg
kann vielleicht nicht unseren Energieverbrauch ausrechnen, aber sie kann
sagen, dass sie es schlimm findet, wenn sie nie wieder Schnee sehen wird
oder ganze Inselgruppen untergehen werden.
KritikerInnen unterstellen den Klima-AktivistInnen eine Doppelmoral, da sie
Flugreisen wahrnehmen und Handys mit problematischen Rohstoffen benutzen.
Bei sich selbst anzufangen ist wichtig und richtig, jedoch handelt es sich
nicht um dieselbe Debatte. Ich will einen systemischen Wandel und eine
Welt, in der es Kindern einfach gemacht wird, auf so etwas zu verzichten.
Außerdem wird uns vieles von den Erwachsenen vorgelebt. Ich finde schade,
dass die Energie darauf verwendet wird, Menschen, die einen Wandel bewirken
wollen, zu diskreditieren – dann doch lieber in das Lager der VeränderInnen
wechseln und konstruktive Hinweise zur Verbesserung geben. Ich bin offen
für Tipps.
Was für Konsequenzen drohen Ihnen nach der Bundestagsaktion?
Uns droht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und vielleicht wegen
Widerstands gegen die Staatsgewalt durch das Anketten. Ausschnitte der
Aktion kann man übrigens in einem [2][Musikvideo] auf meinem YouTube-Kanal
WelTVision anschauen.
28 Mar 2019
## LINKS
[1] https://demokratische-stimme-der-jugend.de/
[2] https://www.youtube.com/watch?v=6VjLu2Vj5T0
## AUTOREN
Katharina Schmidt
## TAGS
Schwerpunkt Klimaproteste
Schwerpunkt Fridays For Future
Bundestag
Jugend
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Fridays For Future
Schwerpunkt Fridays For Future
## ARTIKEL ZUM THEMA
Studie über Klimastreikende: Schlaue linke Greta-Fans
ProtestforscherInnen haben analysiert, wer für das Klima auf die Straße
geht. Die Streikenden sind nicht nur SchülerInnen und überwiegend weiblich.
Schülerin antwortet Lehrerverbandschef: Lieber Schule schwänzen als nix tun!
Hans-Peter Meidinger, der Chef des Lehrerverbandes, kritisierte die
„Fridays For Future“-Demonstrationen in der taz. Jetzt antwortet ihm eine
Schülerin.
Jugendprotest im Bundestag: Angekettet for future
Am Montag demonstrierten junge AktivistInnen im Bundestag für mehr
Repräsentation und Mitsprachrecht von Kindern und Jugendlichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.