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# taz.de -- Nachruf auf Paul-Josef Raue: Sein Metier war das Regionale
> Der Journalist Paul-Josef Raue ist im Alter von 68 Jahren verstorben.
> Unseren Autor traf er zuletzt in Erfurt – ohne Termin, zwischen zwei
> Zügen.
Bild: Paul Josef Raue 2013 als Chefredakteur der „Thüringer Allgemeinen“ b…
Seine letzte Kolumne [1][veröffentliche kress.de posthum]. In ihr rät
Paul-Josef Raue der aufgeregten Branche nach der Relotius-Affäre zu mehr
Gelassenheit und zur unbequemen Erkenntnis, dass zu viel Vertrauen eben
auch Kontrolle erschwere.
Einen der ganz großen Jobs, bei Spiegel, Zeit oder einer überregionalen
Tageszeitung, hat Paul-Josef Raue nie gehabt. Sein Metier war das
Regionale, zuerst in Hessen, dann im wilden Wende-Westen der neuen Länder
im Osten, in den es ihn immer wieder zog: Anfang der 1990er bei der
Eisenacher Presse, die später in der Thüringischen Landeszeitung aufging,
ab 1999 bei der Madgeburger Volksstimme und ab 2009 bei der Thüringer
Allgemeinen in Erfurt. Dazwischen Stationen bei der Frankfurter Neuen
Presse (kurz) und bei der Braunschweiger Zeitung (lang) – immer als
Chefredakteur, versteht sich.
Raue schrieb JOURNALISMUS in Großbuchstaben. Vor allem über seine Zeit in
Braunschweig, die ihn durch den Verkauf des Blattes für immer in die
WAZ-Gruppe (heute Funke) spülte, hörte man viel Gutes.
Doch spätestens WAZ/Funke brachte dann auch den anderen Raue zum Vorschein,
der bei aller Überzeugungstäterschaft und ehrlichen Begeisterung neben dem
volltönenden rhetorischen Einsatz fürs Lokale auch das Diktat der
Verlagsgeschäftsführer exekutierte. Sparen, Synergien heben, Rendite halten
um fast jeden Preis.
## Er stellte sich Ungläubigen zum Gespräch
Spätestens als er 2009 die Nachfolge des von der Essener Verlagsleitung
abservierten Sergej Lochthofen bei der Thüringer Allgemeinen antrat, wirkte
Raue seltsam zerrissen: Hier hatte niemand auf ihn gewartet, Raue war der
Feind im Bett und versuchte tapfer, eigene Visionen und Überzeugungen mit
Ansagen und Erwartungen aus Essen unter einen Hut zu bekommen. Allen
Ernstes postulierte Raue also den Umbau eines klassischen
Regionalmarktführers zur Autorenzeitung, dünnte das Lokale aus und
prophezeite qualitative Quantensprünge.
Ungläubigen stellte er sich dabei sofort zum Gespräch: Da empfing er ohne
auf den Termin hinzuweisen auch schon mal an seinem Geburtstag auf zwei
Stündchen im Erfurter „Willy B.“ gegenüber dem Hauptbahnhof, um dem
durchreisenden Tazler zwischen zwei Zügen seine Sicht der Dinge
beizubiegen. Die Geburtstagsgesellschaft wartete derweil bei Kaffee und
Kuchen zuhause.
Vergangene Woche ist Paul Josef Raue im Alter von nur 68 Jahren gestorben.
20 Mar 2019
## LINKS
[1] https://kress.de/mail/news/detail/beitrag/142368-bleibt-gelassen-paul-josef…
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Nachruf
Lokaljournalismus
Braunschweig
Presserat
Funke Mediengruppe
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