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# taz.de -- Kommentar Brexit-Abstimmung: Theresa Mays Chance
> Zum zweiten Mal ist Mays Brexit-Deal gescheitert. Ist das ihr Ende?
> Vielleicht. Sie hat es jedoch in der Hand, ihren Abgang mit einem Coup zu
> verknüpfen.
Bild: Theresa May hat noch mindestens einen Joker in der Hand
War's das? Es ist verlockend, aus Theresa Mays [1][zweiter gigantischer
Niederlage] im Parlament für ihren Brexit-Deal auf das Ende der britischen
Premierministerin zu schließen. Nach wochenlangem Hin und Her und
[2][spannungsgeladenen Gesprächen mit der EU] immer noch Schiffbruch zu
erleiden ist schließlich eine deutliche Abfuhr. Selbst wenn die Mehrheit
gegen den Deal von 232 auf 149 Stimmen geschrumpft ist – es ist eine
Niederlage historischen Ausmaßes.
Da bleibt der Regierungschefin doch nur der Rücktritt, könnte man meinen.
Und es könnte tatsächlich so kommen – aber nicht als Eingeständnis des
Scheiterns, wie man denken könnte. Das gehört nicht zum politischen
Werkzeugkasten dieser Politikerin.
Theresa May wäre nicht Theresa May, wenn sie nicht versuchen würde, aus
einer schlechten Ausgangsposition das beste zu machen. Sie ist noch nie
zurückgewichen, wenn alles gegen sie sprach, sondern hat dann erst recht
auf ihrem Kurs bestanden. Und auch die Abstimmungen der nächsten Tage – bei
denen das Parlament sagen soll, ob es einen No-Deal-Brexit ablehnt und ob
es eine Brexit-Verschiebung wünscht – haben es jetzt in sich.
Bei der Vorlage zur No-Deal-Abstimmung am Mittwoch hat die
Premierministerin nämlich einen Trick eingebaut: der Regierungsantrag, laut
dem das Parlament sich gegen einen No-Deal-Brexit ausspricht, enthält
zugleich die Zurkenntnisnahme, dass das Fehlen eines Deals trotzdem zum
No-Deal-Brexit führt. Heißt: Wer für diesen Antrag stimmt, stimmt sowohl
gegen als auch für No-Deal.
## Mays freundliche Erinnerung
Das ist Mays Art, die Abgeordneten daran zu erinnern, dass es ohne eine
Zustimmung zu ihrem Vertragswerk kein Entrinnen aus der
Brexit-Endlosschleife geben kann. Man kann No-Deal nicht vom Tisch nehmen –
No-Deal ist die Leere, die bleibt, wenn alles andere vom Tisch
heruntergefallen ist.
Und auch ein Antrag auf eine Verschiebung, der am Donnerstag auf der
Tagesordnung stehen soll, wäre keineswegs unproblematisch. Die Bereitschaft
in der EU, Großbritannien einen Aufschub zu gewähren, ist spürbar
geschrumpft. Die Zeit für Kompromisse mit den Briten ist vorbei. Man will
nicht mehr endlos über juristische Spiegelfechtereien in obskuren
Unterparagraphen über hypothetische Zukunftsszenarien streiten, die kein
vernünftiger Mensch mehr versteht.
Man will die Briten auch nicht mehr bei den Europawahlen dabei haben.
Sollen sie doch gehen, ist die überwiegende Meinung; und wenn sie sich
untereinander nicht einig sind, ist das ihr Problem und nicht das der EU.
Europa möchte dem Trauerspiel namens Brexit ein Ende setzen.
Am Ende könnte es also doch so kommen, dass Mays Deal alternativlos ist.
Ihm jetzt einfach mal zuzustimmen erscheint immer offensichtlicher als der
einzige Weg für Großbritannien, endlich einen Schlussstrich zu ziehen und
das leidige Europathema vorerst hinter sich zu lassen. Aber auch das ist
natürlich ein Irrglaube, denn mit diesem Deal beginnt eine Reihe von
Übergangsphasen und Interimslösungen, die über Jahre hinweg für weiteren
Streit mit Europa sorgen dürften.
## Mays möglicher zweiter Deal
Aber solange Großbritanniens Politiker nicht den Mut aufweisen, einfach
erstmal aus der EU auszutreten und danach weiterzusehen, bleiben sie in der
Endlosschleife gefangen. Und Theresa May hat noch einen Trumpf in der Hand:
Sie kann ein Ja zu ihrem Deal mit ihrem eigenen Abgang verknüpfen. Die
Premierministerin könnte sagen: Wenn ihr Ja sagt, trete ich zurück.
Dann könnte eine neue Regierungsmannschaft die Umsetzung des Brexit
übernehmen. Dass es für die ganzen kommenden schwierigen weiteren
Verhandlungen mit der EU über die Zukunft, über Nordirland, Freihandel,
Sicherheitspartnerschaft und all die anderen Themen frischen Wind brauchen
wird, ist schließlich schon lange klar,
Das Parlament in London könnte noch rechtzeitig zum 29. März von May vor
eine verlockende Form der Vertrauensfrage gestellt werden: Stimmt entweder
für mich oder für meinen Brexit-Deal. Dann wäre das Abkommen gerettet. Und
Theresa May würde als Inbegriff der Selbstaufopferung in die
Geschichtsbücher eingehen. Es wäre ein ebenso absurder wie würdiger Abgang,
passend zu diesem merkwürdigen, geschichtsträchtigen, von Absurditäten
begleiteten Vorgang namens Brexit.
13 Mar 2019
## LINKS
[1] /Brexit-Votum-im-britischen-Unterhaus/!5580414
[2] /EU-und-der-Brexit/!5576661
## AUTOREN
Dominic Johnson
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