# taz.de -- RWE-Hetze gegen Hambach-Besetzer: „Schädel einschlagen und Ruhe … | |
> RWE-MitarbeiterInnen hetzen in einer geschlossenen Facebook-Gruppe gegen | |
> BesetzerInnen des Hambacher Walds – bis hin zu Mordaufrufen. | |
Bild: Angespanntes Verhältnis: RWE-Mitarbeiter vor einem Baumhaus im Hambacher… | |
Aachen taz | Schon in öffentlichen Facebook-Gruppen von | |
RWE-MitarbeiterInnen wird es traditionell giftig. Darin sind Grüne | |
Volksterroristen und Gehirnlegastheniker, der Staat eine lahme Ente, Greta | |
Thunberg ein aufgewiegeltes, krankes Kind, die WaldbesetzerInnen alle | |
Verbrecher. „Ich hasse dieses dreckige, kriminelle Pack immer mehr!“, | |
schreibt einer. | |
RWE betonte schon vor drei Jahren beim Auftauchen der ersten dieser Foren, | |
der Konzern selbst sei nicht beteiligt, sondern nur einzelne Privatleute. | |
Verständnis war ihnen aber sicher, denn Ursache für die Gründung der | |
Gruppen seien „die illegalen und zum Teil gewalttätigen Übergriffe auf | |
unser Unternehmen und auf unsere Mitarbeiter“, sagte damals ein Sprecher. | |
Nur: Wie reden Mitarbeiter und Konzernfreunde, wenn sie unter sich sind? | |
Für richtig kernige Gewaltaufrufe und -fantasien steht die geschlossene | |
Facebook-Gruppe „Pro RWE gegen Öko Terrorismus“ bereit. Sie hatte am | |
Freitag 986 Mitglieder, überwiegend Männer, und wurde im Herbst 2018 | |
gegründet, just zur letzten Räumungssaison. Hinein kommt nur, wenn „1000% | |
klar raus zu sehen ist, das die Personen ProRWE sind“, wie dort steht. Die | |
taz konnte dennoch Einblick nehmen. | |
Dort bietet sich ein hasserfülltes Bild, mit Kommentaren von Leuten, die | |
ihren vollen Namen dort verwenden und zum Teil durch eine einfache | |
Google-Suche identifizierbar sind: etwa als Schweißer oder | |
Außendienstmitarbeiter von RWE oder als IT-Kraft des Konzerns. Andere | |
Kommentare stammen von Gleichgesinnten. | |
## Nur Hirngespinste? | |
Ein Christian B. empfiehlt in einem Post als Maßnahme gegen Waldbesetzer | |
die „Brandrodung. Dann läuft das Gesindel!“ Ein Lars T. ist angetan. Er | |
schreibt: „Feuer drunter machen, funktioniert bei Pferden auch immer“. Eine | |
Dorothea M. schreibt: „Brennt Hambi kontrolliert ab und gut ist. Dann sind | |
die Köppe auch weg.“ Und ein Christian H. meint: „Es wird langsam Zeit, das | |
dieses asoziale Drecks Pack verheizt wird.“ | |
Andere Hetzer kommen auch ohne Feuer aus, etwa ein Reinhold M.: „Man sollte | |
diese Affen mit Gummigeschossen von den Bäumen holen.“ Und ein Horst R. | |
verlangt: „Kettensägen raus und die Idioten mit dem Baum runterholen, | |
sofort in den Knast und vorher noch ne ordentliche Tracht Prügel. das sind | |
doch alles Terroristen.“ Alle Zitate werden hier in der | |
Original-Orthografie wiedergegeben, die Screenshots mit Klarnamen liegen | |
der taz vor. | |
Immer wieder kam es rund um den Hambacher Wald [1][in der Vergangenheit zu | |
Auseinandersetzungen,] teils auch zu Übergriffen militanter | |
WaldbesetzerInnen auf Werkschutz und Polizei – und umgekehrt. Die Aussagen | |
in den Facebook-Foren dokumentieren, wie der jahrelange Konflikt um den | |
Hambacher Wald die Region in Nordrhein-Westfalen spaltet, und was eine | |
Reihe von RWE-MitarbeiterInnen dazu denkt. | |
Man kann solche Sprüche abtun als Hirngespinste und dumme Fantasien. Aber | |
was wäre, wenn umgekehrt das alles WaldbesetzerInnen schreiben würden, über | |
RWE-Einrichtungen und -MitarbeiterInnen? | |
## RWE veröffentlicht die taz-Anfrage | |
Auch ein Harald P. hat „die Schnauze voll all das wird wegen diesen | |
Drecksratten von Ökopissern veranstaltet und der Bürger muss zahlen. Warum | |
rotten wir uns nicht alle zusammen und schlagen diesem Mistpack den Schädel | |
ein und Ruhe ist in Hambach.“ Er ergänzt später: „Anschließend 5 ltr. | |
Benzin und 5 ltr. Diesel drüber damit alles verbrennt.“ Ein Detlef B. | |
äußert sich historisch assoziativ: „Warum muss ich jetzt ans Mittelalter | |
denken. Da gab es noch legitime Hexenbestrafung.“ Und ein Rolf H. erinnert | |
an die KZs, da habe man sich auch sicher fühlen können nach getaner Tat: | |
„Niemand wusste angeblich was in den Lagern nebenan passiert war.“ | |
Niemand weiß, ob diesen Worten Taten folgen. Immerhin: Es gab Übergriffe | |
auf Kritiker des Unternehmens. RWE-Protestler sind im Vorjahr bei einer | |
Demonstration auf das Privatgrundstück von Braunkohle-Kritikerin Antje | |
Grothus eingedrungen, um sie brüllend einzuschüchtern. Mitten im Städtchen | |
Buir war kurz zuvor das Infomobil der örtlichen Braunkohlegegner in Flammen | |
aufgegangen. Brandstiftung, das steht fest. Die Täter wurden nie ermittelt. | |
Die taz hat bei RWE angefragt, wie man mit den Hasstiraden der eigenen | |
Leute umgehe. Ein Sprecher des Energieunternehmens antwortete daraufhin – | |
und veröffentlicht die taz-Anfrage sowie seine Antwort unmittelbar darauf | |
bei Twitter; [2][ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, der viel Kritik | |
hervorrief.] | |
RWE schreibt, man verfolge die Facebook-Gruppen durchaus: „Unstrittig ist, | |
dass derlei Äußerungen absolut nicht akzeptabel sind und zu einer | |
Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas beitragen.“ Und: „Bei Äußerungen, | |
die uns nicht opportun erscheinen, suchen wir den Kontakt zum Administrator | |
und weisen auf den Sachverhalt hin.“ | |
## Verschärfte Voraussetzungen | |
Mehr nicht? Vor drei Jahren hatte ein Sprecher von RWE noch angekündigt, | |
Hinweisen nachzugehen und wenn nötig „auch entsprechend arbeitsrechtliche | |
Konsequenzen“ zu ergreifen. | |
Doch auf die naheliegenden Fragen „Bei wie vielen Hinweisen sind Sie | |
bislang tätig geworden? Sind arbeitsrechtliche Konsequenzen schon einmal | |
gezogen worden und wenn ja, welche?“ heißt es jetzt: „Eine Sanktionierung | |
durch den Arbeitgeber ist in der Regel rechtlich gar nicht möglich.“ | |
Das sehen Juristen wie der Berliner Arbeitsrechtler Alexander Bredereck | |
ganz anders. Er schrieb schon 2015, bezogen ausdrücklich auf ähnliche, | |
etwas harmlosere RWE-Postings, solche Äußerungen können „ein schlechtes | |
Licht auf die Firma werfen“ und Grund für eine Kündigung sein, besonders | |
bei Beleidigungen und strafrechtlich relevanten Inhalten. Arbeitnehmer | |
würden sich immer dem Risiko arbeitsrechtlicher Konsequenzen aussetzen, | |
wenn sie auf Facebook Äußerungen im Zusammenhang mit dem Arbeitgeber | |
tätigen – „selbst dann, wenn die Äußerungen positiv sind. Denkbar ist et… | |
ein Image-Schaden, so wie hier bei RWE.“ | |
Da die Klarnamen in der „Öko Terrorismus“-Facebook-Gruppe vorliegen, wäre | |
es für RWE ein Leichtes, sie mit den MitarbeiterInnen im Konzern | |
abzugleichen und die eigenen Leute zur Rede zu stellen. Bei einem | |
Mitarbeiter hat das Unternehmen dies sogar unter verschärften | |
Voraussetzungen geschafft: RWE hat das Zitat eines in der taz-Anfrage | |
namentlich nicht genannten IT-Mitarbeiters aus einer nicht genannten Gruppe | |
identifiziert. Laut RWE leugne der Mann die Urheberschaft: „Er hat dies uns | |
gegenüber mit allem Nachdruck betont.“ Man könnte etwa bei einem Eckhard J. | |
nachfragen. Er schreibt: „Wiederliches Dreckspack ist das. Todesstrafe wäre | |
noch viel zu mild für das Viehzeug.“ | |
9 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Herbert-Reul-und-der-Hambacher-Forst/!5573869 | |
[2] https://www.handelsblatt.com/dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-recherchean… | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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