Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Israel vor der Wahl: Netanjahu droht Anklage
> Der Generalstaatsanwalt will den Premier wegen Korruption vor Gericht
> bringen. Das bringt Netanjahu im Wahlkampf in Bedrängnis.
Bild: Eine Abwahl rückt in den Bereich des Möglichen: Benjamin Netanjahu
Berlin taz | Israels Wahlkampf wird spannend. Erschien ein weiterer
Wahlsieg für Benjamin Netanjahu anfangs als nahezu sicher, sieht sich der
Regierungschef aktuell im freien Fall. Nicht genug, dass sich zwei seiner
Gegenspieler, Benny Gantz und Jair Lapid, auf ein Zusammengehen geeinigt
haben und ihre Liste „Blau-Weiß“ in Umfragen deutlich vor Netanjahus Likud
liegt.
Bis zu 36 Mandate gaben Umfragen dem neuen Bündnis, dem Likud nur noch etwa
30.
Am späten Donnerstag teilte auch noch Israels Generalstaatsanwalt mit, dass
er Anklage gegen Netanjahu wegen Korruption erheben will. Es wäre die erste
Anklage gegen einen amtierenden Regierungschef in Israels Geschichte.
In einem Fall sprach Mandelblit sich für eine Anklage wegen Bestechlichkeit
sowie wegen Betrugs und Untreue aus, in zwei weiteren Fällen wegen Betrugs
und Untreue.
## Es kann noch dauern
Netanjahu nannte die Vorwürfe noch vor der Veröffentlichung „lächerlich“.
Nach israelischem Recht muss Netanjahu jetzt noch einmal angehört werden;
wann das stattfinden soll, war zunächst unklar. Bis zu einer endgültigen
Entscheidung über eine Anklage kann noch bis zu einem Jahr vergehen.
Der Ministerpräsident soll als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen
Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt haben. Im Austausch soll das zum
Konzern gehörende Medium „Walla“ positiv über ihn berichtet haben. Außer…
soll Netanjahu von befreundeten Milliardären teure Geschenke angenommen
haben.
Zudem soll er einem kritischen Zeitungsverleger angeboten haben, im
Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu
schwächen. Er soll auch negative Berichterstattung über politische Rivalen
bestellt haben.
Eine Anklage wäre Wasser auf die Mühlen von Blau-Weiß, Israels neuer
Mitte-Partei. Sie würde Netanjahu Sympathien kosten. Entscheidender aber
noch wäre, dass der Regierungschef, sobald ein Verfahren gegen ihn
feststeht, kaum die nötigen Partner für eine Regierungskoalition finden
wird.
Der israelische Wirtschaftsminister Mosche Kachlon kündigte schon vor
Monaten an, dass entweder er oder Netanjahu vom Amt zurücktreten müssten,
sollte es zu einer Anklage kommen.
## Die blau-weiße Gefahr
Blau und Weiß sind die Farben der israelischen Flagge. Ex-Generalstabschef
Gantz und sein Partner Lapid geben sich patriotisch. Gantz punktet im Volk
als ehemaliger Armeechef, der mit Kampfszenen aus dem Gazakrieg seinen
Wahlkampf startete und verspricht, hart gegen Israels Feinde vorzugehen.
Der Sohn einer Holocaust-Überlebenden will sich weder links noch rechts
einordnen lassen. „Links“ gilt im israelischen Sprachgebrauch zunehmend als
schändlich.
„Eher rechts von der Mitte“, so sortiert sich Lapid in die israelische
Parteienlandschaft ein. Völlig offen bleibt, ob und welche Kompromisse die
Liste in Bezug auf die Palästinenser machen würde.
## Netanjahu schielt nach rechts
Die starke Konkurrenz und seine schwindende Popularität veranlassten
Netanjahu, die Reste der gespaltenen Siedlerpartei Das jüdische Haus zum
Zusammengehen mit der rechtsradikalen Otzma Jehudit (Jüdische Macht) zu
motivieren, der Nachfolgepartei der 1994 verbotenen Kach-Partei.
Unter ihrem Chef Meir Kahane predigte die Kach in den achtziger Jahren die
Vertreibung der Araber aus Israel. Ein Punkt im Programm der Otzma Jehudit
spricht vom „totalen Krieg“ gegen die Feinde Israels, „ohne Verhandlungen
und ohne Kompromisse“. Netanjahu würde das rechtsradikale Bündnis in eine
Koalition einladen.
Das würde Netanjahus Popularität auch im Ausland schwinden lassen. Die
Aipac, Israels Lobby in den USA, nimmt Netanjahu den Pakt mit Otzma Jehudit
übel. Sie verurteilte das geplante Zusammengehen mit den Rechtsradikalen.
Die Ziele der Otzma Jehudit seien „verwerflich“, hieß es in einer
Stellungnahme.
Einzig US-Präsident Donald Trump sprach seinem Freund in Jerusalem Mut zu.
Netanjahu, so erklärte Trump während seiner Pressekonferenz am Donnerstag
in Hanoi, „hat gute Arbeit als Regierungschef geleistet“. Er sei
„hartnäckig und schlau“. (mit dpa)
28 Feb 2019
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Benny Gantz
Jair Lapid
Likud
Israel
Israel
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Israel vor der Wahl: Richter schließen Rassisten aus
Ein Gericht hat den Rechtsradikalen Michael Ben-Ari von der Wahl
ausgeschlossen – eine Niederlage für Netanjahu, der mit den Rechten zu
koalieren gedenkt.
Kommentar Israels Premier vor Gericht: Netanjahus Scherbenhaufen
13 Jahre lang regierte Benjamin Netanjahu Israel. Nun neigt sich seine Ära
dem Ende zu. Er hinterlässt einen Scherbenhaufen.
Terrorvorwurf aus Israel: „EU-Attacken sind Ablenkmanöver“
Israel beschuldigt die EU, Terror zu finanzieren. Israels Ex-Botschafter
Ilan Baruch sieht darin eine Strategie, den Blick auf andere zentrale
Themen zu verstellen.
Vorwurf aus Israel: Terrorfinanzierer aus Brüssel
In einem Regierungsbericht wirft Israel der EU vor, NGOs mit
Terrorbindungen zu unterstützten. Brüssel weist die Kritik als
„inakzeptabel“ zurück.
Kommentar Warschauer Nahostkonferenz: Familienfoto für Netanjahu
Israels Regierung findet in Warschau arabische Verbündete gegen den Iran.
Für die Palästinenser bedeutet das nichts Gutes.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.