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# taz.de -- Koalitionsvertrag nicht umgesetzt: Mehr Staatsgeld für Atomfirmen
> Laut Koalitionsvertrag soll der Bund Beteiligungen seiner Pensionsfonds
> an AKW-Betreibern abstoßen. Bisher passiert das Gegenteil.
Bild: Eigentlich will der Bund nicht mehr in Firmen investieren, die Atomkraftw…
Es ist eine der wenigen klaren Aussagen zum Thema Atomkraft, [1][die sich
im Koalitionsvertrag finden]: „Wir wollen eine konsequente Beendigung aller
Beteiligungen staatlicher Fonds an AKWs im Ausland umsetzen“, haben Union
und SPD im März 2018 festgelegt. Die Rücklagen, die der Bund unter anderem
[2][für die Pensionen seiner BeamtInnen bildet], sollen also nicht mehr in
Firmen investiert werden, die Atomkraftwerke betreiben.
Passiert ist seitdem aber genau das Gegenteil: Zu Beginn des Jahres 2018
hielt der Bund in seinem Versorgungsfonds und seiner Versorgungsrücklage
gut 14 Millionen Aktien der Atom-Firmen Eon (Deutschland), Iberdrola
(Spanien), Enel (Italien) und Engie (Frankreich). Ein Jahr später hat sich
die Zahl auf knapp 26 Millionen Aktien fast verdoppelt.
Das zeigen die Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der
Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). Zusammen mit zwei
weiteren Sondervermögen des Bundes für die Pflege- und die
Arbeitslosenversicherung belief sich der Wert der Atomaktien im
Bundesbesitz Ende 2018 auf über 300 Millionen Euro.
Als Grund für die erfolgten Zukäufe sagt das für die Sondervermögen
zuständige Bundesinnenministerium, dass der Aktienanteil in den Fonds
generell erhöht worden sei. Diese bilden den europäischen Aktienindex Euro
Stoxx 50 nach. Weil darin die Unternehmen Iberdrola, Enel und Engie
enthalten sind, wurden auch deren Aktien zugekauft. Eon wurde hingegen im
September komplett abgestoßen, nachdem das Unternehmen aus dem Euro Stoxx
flog – ansonsten wäre die Zahl der bundeseigenen Atomaktien noch stärker
gestiegen.
## Wenig überzeugende Strategie
Kotting-Uhl hat für das Vorgehen der Regierung kein Verständnis. „Die
Bundesregierung macht aus dem klaren Versprechen des Koalitionsvertrags ein
unsägliches Spiel auf Zeit und kauft sogar noch AKW-Konzern-Aktien zu“,
sagte die Grünen-Abgeordnete der taz. „Wenn das so weitergeht, wird sie die
vom Bund verwalteten Atominvestments nie abstoßen.“
Das Innenministerium weist diese Kritik zurück. „Der klare Auftrag des
Koalitionsvertrags wird umgesetzt“, sagte ein Sprecher zur taz. Um
rechtliche Probleme zu vermeiden, müsse aber zunächst eine genaue Analyse
vorgenommen werden. „Erfasst werden sollen auch kleine Beteiligungen“, so
der Sprecher. Im November sei darum beschlossen worden, eine
„Nachhaltigkeit-Ratingagentur“ zu beauftragen, alle
Euro-Stoxx-50-Unternehmen auf Atombeteiligungen zu überprüfen. Vergeben
wurde dieser Auftrag bis jetzt aber noch nicht.
Die Grünen überzeugt diese Strategie nicht. Sie fordern, dass zumindest die
eindeutig als AKW-Betreiber feststehenden Unternehmen in einem ersten
Schritt schon jetzt ausgeschlossen werden. „Die Regierung muss sofort die
massiven Investmensts in Enel, Engie und Iberdrola abstoßen“, sagt Sylvia
Kotting-Uhl. „Sonst verliert sie jede Glaubwürdigkeit.“ Auch das
Umweltministerium wünscht sich mehr Tempo. „Wir unterstützen nachdrücklich
die konsequente und zügige Umsetzung der Vorgabe des Koalitionsvertrags“,
teilte ein Sprecher mit.
Dass das Innenministerium jetzt erst einmal ermitteln muss, welche Firmen
AKWs betreiben, überrascht auch aus einem anderen Grund: Der vom
Finanzministerium betreute staatliche Entsorgungsfonds, der rund 24
Milliarden Euro für die Atommüll-Endlagerung verwaltet, darf laut seiner
Satzung ebenfalls nicht in AKW-Betreiber investieren. Dort wird diese
Vorgabe bereits umgesetzt.
27 Feb 2019
## LINKS
[1] /Klima-im-Groko-Koalitionsvertrag/!5479421
[2] /Anlagestrategien-der-Pensionsfonds/!5549113
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Energiewende
Koalitionsvertrag
Atom
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Finnland
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