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# taz.de -- Haftstrafen für türkische Journalisten: „Cumhuriyet“-Mitarbei…
> Nach dem Urteil im „Cumhuriyet“-Prozess im April 2018 müssen acht
> ehemalige Mitarbeiter der Zeitung in Haft. Anderen steht noch die
> Revision offen.
Bild: „Ihr seid nicht allein. Wir sind nicht allein“ steht auf dem Plakat a…
Am Dienstagmorgen bestätigte ein Berufungsgericht in der Türkei die
Verurteilung aller 15 Angeklagten im wichtigsten Presseprozess des Landes.
Es geht um die gesamte frühere journalistische und verlegerische
Führungsriege der wichtigsten unabhängigen Zeitung Cumhuriyet, die im
Herbst 2016 verhaftet und wegen „Unterstützung von Terrororganisationen“
angeklagt worden war. Im April 2018 waren sie zu [1][hohen Haftstrafen
verurteilt] worden. Das zuständige Berufungsgericht in Istanbul bestätigte
nun sämtliche Urteile der Vorinstanz.
Damit sind für acht Angeklagte die Urteile rechtskräftig, sie müssen ins
Gefängnis. Sieben weitere Angeklagte haben noch die Möglichkeit Revision
bei dem höchsten türkischen Gericht (Yargıtay) einzulegen und wollen dieses
Recht auch wahrnehmen. Unter diesen sieben Angeklagten sind auch
international bekannte Journalisten wie der Investigativjournalist Ahmet
Şık, der ehemalige Chefredakteur Murat Sabuncu und der Kolumnist Aydın
Engin sowie der Verleger Akın Atalay.
Der Unterschied zwischen denen, die nun ins Gefängnis müssen und denen, die
noch vor das Oberste Gericht ziehen können, ist das Strafmaß. Beträgt die
Strafe weniger als fünf Jahre Haft, ist ein Revisionsverfahren
ausgeschlossen.
Weil sie nur eine Haftstrafe von drei oder vier Jahren bekamen, müssen der
Karikaturist Musa Kart und der frühere Cumhuriyet-Anwalt Bülent Utku, die
Journalisten Mustafa Güngör, Hakan Kara, Önder Çelik, Güray Öz und Emre
İper in den nächsten Tagen in verschiedenen Gefängnissen ihre Strafe
antreten. Der ebenfalls verurteilte Kolumnist Kadri Gürsel, der als
Vorstandsmitglied des Internationalen Presse Instituts auch über die
Grenzen der Türkei hinaus sehr bekannt ist, hat seine Strafe dagegen durch
seine eineinhalb Jahre Untersuchungshaft bereits abgesessen.
## Den Rückhalt ihrer Zeitung verloren
Bei denjenigen, die wie Ahmet Şık, Aydın Engin und Murat Sabuncu eine
höhere Strafe bekommen haben als fünf Jahre, kann sich die Revision noch
mehrere Jahre hinziehen. Sie sind alle auf freiem Fuß, Ahmet Şık ist
mittlerweile sogar für die kurdisch-linke HDP [2][ins Parlament gewählt
worden].
Besonders tragisch ist, dass alle diese Leute heute nicht mehr für die
Cumhuriyet arbeiten. Das ist nicht nur ein Ergebnis der Prozesse, sondern
auch internen Auseinandersetzung geschuldet, die die Erdoğan-Regierung
benutzte, um die Redaktion zu spalten. Herausgeber der Cumhuriyet ist eine
Stiftung. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits vor Jahren moniert, dass es
innerhalb der Stiftung zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei und die
Zusammensetzung des Herausgeber-Gremiums angefochten.
Während die Betroffenen in U-Haft saßen oder wegen „Terrorpropaganda“
angeklagt waren, stellten sich in dem Stiftungsverfahren einige
Cumhuriyet-Leute auf die Seite der Regierung und konnten zum Dank dafür die
Kontrolle über Cumhuriyet übernehmen. Die Folge davon war, dass [3][etliche
der Angeklagten daraufhin entlassen wurden oder von sich aus die Zeitung
verließen]. Sie müssen jetzt nicht nur ins Gefängnis sondern haben auch
noch den Rückhalt ihrer Zeitung verloren.
Cumhuriyet ist zwar immer noch ein Oppositionsblatt, ist aber zu einer sehr
traditionellen kemalistisch-etatistischen politischen Linie zurückgekehrt,
die die jetzt verurteilten Journalisten zugunsten einer politisch
offeneren, pluralistischeren Zeitung verlassen hatten.
20 Feb 2019
## LINKS
[1] https://gazete.taz.de/article/?article=!5501792&searchterm=cumhuriyet
[2] https://gazete.taz.de/article/?article=!5523680&searchterm=cumhuriyet
[3] https://gazete.taz.de/article/?article=!5552459&searchterm=cumhuriyet
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
taz.gazete
Schwerpunkt Pressefreiheit
Türkei
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