# taz.de -- Nachhaltigkeit im Sport: Unser Sport soll bunter werden | |
> Die taz hat sieben Sportvereine zu ihrem Engagement für mehr Toleranz und | |
> gegen rechts befragt. Die Antworten zeigen vor allem ein Muster: Man | |
> strengt sich besonders dann an, wenn es einen äußeren Anstoß gibt. Aber | |
> müssen sich Sportvereine überhaupt gegen rechts positionieren? | |
Bild: Bei den Eisbären gab es Probleme mit Rechtsextremismus. Was haben sie da… | |
Rund um den 27. Januar hat der deutsche Fußball wieder der Befreiung des | |
Konzentrationslagers Auschwitz gedacht, unter anderem mit Aktionen gegen | |
Rassismus, Diskussionen mit Holocaustüberlebenden, Choreografien in den | |
Fankurven. | |
Es ist zum guten Ton bei den meisten Profifußball- und einigen | |
Amateurvereinen geworden, sich gegen Rechtsextremismus und für Toleranz zu | |
engagieren oder zumindest halbherzig zu positionieren, auch in Berlin. Die | |
Aufgaben der Vereine werden umfassender gedacht. Was hat das mit den | |
Sportarten außerhalb des Männerfußballs gemacht? | |
Der kommerzielle Mannschaftssport ist paradoxerweise ein natürlicher Boden | |
sowohl für Rechtsextremismus als auch für Antirassismus: Ersteres, weil er | |
mit Ehre, Stolz, Bruderschaft und Treue kokettiert – mit konservativen | |
Werten also, die leicht in Hass umschlagen können. Anhängerschaft bedeutet | |
immer auch eine Abgrenzung gegen das Andere. In einer gut organisierten, | |
anonymen Masse fällt zudem der Aufbau rechter Netzwerke leicht. | |
Aber wo es schnell brennt, gibt es im besseren Fall auch mehr | |
Auseinandersetzung und Prävention. Der Verein vereint wirklich, das ist | |
kein Klischee. | |
## Der Sport weiß, was der Mainstream hören möchte | |
Außerdem gehen Kapitalismus, Leistungsgesellschaft und Antirassismus im | |
Sport eine natürliche Allianz ein. Wenn der schwarze Spieler so Wunderbares | |
für die Klubkasse leistet, soll er nicht verunglimpft werden; der Sport ist | |
auf internationales Humankapital und internationale Sponsorengelder | |
angewiesen. Er weiß also einerseits, welche Positionen der Mainstream von | |
ihm hören möchte. Andererseits kann er eine Klientel erreichen, die sonst | |
nicht unbedingt über den Holocaust diskutieren würde. | |
Für den Text auf Seite 46 und 47 wurden insgesamt sieben lokale | |
Profivereine und Verbände befragt, ob und was sie und ihre Mitglieder gegen | |
Rechtsextremismus und für Toleranz tun: Die Eisbären, die Füchse, Alba | |
Berlin, die BR Volleys, der Berliner Turn- und Freizeitsportbund (BTFB), | |
der Berliner Leichtathletik-Verband (BLV) und Turbine Potsdam. | |
Dies ist nur eine kleine Auswahl, die natürlich nicht repräsentativ sein | |
kann. Ganz bewusst waren die Antwortmöglichkeiten weit gefasst und | |
umfassten auch Teilnahme an Demos, Projekte mit Geflüchteten oder | |
Engagement einzelner Fangruppen. Einige, zumeist die Engagierten, haben | |
sich auch ausführlich in Gesprächen erklärt. Andere wurden sehr | |
schmallippig. | |
In den Antworten auf die Umfrage ist vor allem ein Muster zu erkennen: | |
Sportvereine und -verbände außerhalb des Männerfußballs engagieren sich vor | |
allem dann, wenn es einen äußeren Anstoß gibt: Entweder muss es im Verein | |
konkrete Probleme mit Rechtsextremismus geben. Oder es müssen sich einzelne | |
Personen im Verein befinden, die ein persönliches Interesse an der | |
Thematik haben und das Umfeld mitziehen. Ist das nicht der Fall, hat das | |
Thema oft keine Relevanz. | |
## Engagement für Klimaschutz oder Obdachlose geht oft unter | |
Aber müssen sich Sportvereine überhaupt gegen rechts positionieren? Im | |
medialen Interesse für Nazis geht das Engagement von Sportvereinen etwa für | |
Klimaschutz, für Obdachlose oder sozial Schwache oft unter. Dabei stellt | |
sich die Frage, ob ein Projekt im Problemkiez nicht viel effektiver gegen | |
rechts sein kann als ein Spruchband. | |
Allerdings setzt sich der Sport manchmal auch selbst unter Zugzwang. Wer | |
gern über die integrative Kraft seiner Branche tönt, muss sich nicht | |
wundern, wenn nachgefragt wird, was denn konkret unternommen wird. | |
Erstaunlich ist vor allem das geringe Bewusstsein in einigen traditionell | |
weißen Sportarten. Da gibt es durchaus Berliner Leuchttürme, die nichts für | |
die Diversifizierung ihres Sports unternehmen. Die Füchse haben als einzige | |
Befragte sogar eine Teilnahme an der Umfrage abgelehnt. | |
Was man außerdem bedenken muss, ist, dass die Bedingung für Engagement | |
natürlich immer auch Geld ist. Für einen Hashtag oder eine Demo-Teilnahme | |
braucht es nicht viel, für Nachhaltigkeit schon. Je kleiner der Verein, | |
desto geringer die Kapazitäten, über den Sport hinauszuschauen. | |
Und vielleicht auch das Interesse daran: Wer abhängig ist von wenigen Fans | |
und Sponsoren, will möglicherweise durch allzu lebhafte Positionierung | |
nicht auch noch diese verprellen. | |
Erster Teil eines Schwerpunkts zum Thema Sport und Politik aus der | |
Printausgabe der taz vom 2./3. März 2019 | |
2 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Sport trotz Corona | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Rassismus | |
HSV | |
Schwerpunkt AfD | |
Chemnitz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachhaltigkeit im Sport: „Im Verein etwas ändern“ | |
Kunstrasenplätze haben einen hohen Mikroplastikabrieb, viele Sportstätten | |
sind sanierungsbedürftig. Mira Pape fordert, dass die Vereine vorsorgen. | |
England gegen Montenegro: Ärger über Rassismus | |
Der Topspieler von Englands Nationalmannschaft, Raheem Sterling, erfährt | |
rassistische Anfeindungen. Er fordert, die Uefa solle strenger strafen. | |
HSV und die AfD: Intolerable Intoleranz | |
Beim HSV sollen bald Mitglieder ausgeschlossen werden können, die sich | |
gegen die freiheitliche Werteordnung des Klubs positionieren. | |
Fußballvereine gegen die AfD: Die Liga bekennt sich | |
„Ist es ein Widerspruch, Ihren Verein gut zu finden und die AfD zu wählen?“ | |
Die taz hat sich in der Fußball-Bundesliga umgehört. | |
Chemnitzer FC in der Regionalliga: Bräunlich himmelblau | |
Der Chemnitzer FC wird von einem Insolvenzverwalter geführt, der den Klub | |
zum Bollwerk gegen rechts machen will. Viele Freunde hat er dort nicht. |