# taz.de -- Tuberkulose auf Schlachthöfen: Der Tod liegt in der Luft | |
> Meta Janssen-Kucz von den Grünen in Niedersachsen fordert verpflichtende | |
> Impfungen für alle Arbeitnehmer*innen, die in Schlachthöfen arbeiten. | |
Bild: Müssten sich künftig regelmäßig untersuchen lassen, wenn es nach den … | |
HANNOVER taz | Die Grünen in Niedersachsen wollen eine Debatte über | |
Impfungen für Mitarbeiter*innen in Schlachthöfen anstoßen. In den | |
vergangenen Monaten wurden acht Fälle öffentlich, in denen | |
Werkvertragsarbeiter*innen aus Rumänien und Polen an Tuberkulose erkrankt | |
waren. Ein Mitarbeiter eines Schlachthofes in Emstek im Landkreis | |
Cloppenburg war sogar daran gestorben. Bereits im Januar gab es zwei neue | |
Krankheitsfälle. | |
„Wir bewegen uns hier in einem sensiblen Bereich der Fleischverarbeitung“, | |
sagt die Landtagsabgeordnete der Grünen Meta Janssen-Kucz. „Über | |
verpflichtende Impfungen gegen Tuberkulose sollten wir nachdenken.“ Das | |
betreffe alle, die in Schlachthöfen ein und aus gingen, könne aber auch für | |
die Angehörigen der Mitarbeiter*innen sinnvoll sein. | |
Zudem fordert Janssen-Kucz, dass die Schlachthöfe in Niedersachsen für ihre | |
Mitarbeiter*innen freiwillige Tuberkulose-Tests anbieten, genau wie die | |
Landkreise für die dort angestellten Veterinär*innen und amtliche | |
Fachassistent*innen, die die Schlachttiere und Fleisch in den Schlachthöfen | |
untersuchen. „Die Landkreise dürfen allerdings nicht auf den Kosten sitzen | |
bleiben.“ | |
Der Landkreis Cloppenburg hat den 266 Mitarbeiter*innen, die auf | |
Schlachthöfen eingesetzt werden, freiwillige Tests ermöglicht. 122 haben | |
sich Blut abnehmen lassen. Sieben wurden positiv auf die Erreger getestet – | |
obwohl sie keinen direkten Kontakt zu den erkrankten Mitarbeiter*innen | |
hatten. | |
„Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Betroffenen zwangsläufig an | |
Tuberkulose erkrankt sind“, schreibt der Kreis in einer Mitteilung. „Im | |
Gegenteil zeigen alle keinerlei Symptome einer Erkrankung.“ Der Test zeige | |
lediglich, dass die Mitarbeiter*innen im Laufe ihres Lebens Kontakt mit den | |
Erregern hatten. Es muss sich nicht um eine frische Ansteckung aus dem | |
Schlachthof handeln. | |
Nur etwa zwei bis zehn Prozent der Infizierten erkranken tatsächlich an | |
einer aktiven Tuberkulose. Dass das passiert, ist umso wahrscheinlicher, je | |
schwächer das Immunsystem ist. Die Krankheit kann Wochen, Monate oder Jahre | |
später ausbrechen. „Faktoren wie Drogenabhängigkeit, Obdachlosigkeit und | |
Armut“ seien typische Risikofaktoren, die eine Erkrankung begünstigten, | |
schreibt die niedersächsische Landesregierung in einer Antwort auf eine | |
Anfrage der Grünen. | |
In Niedersachsen liege die Zahl der Neuerkrankungen nach Daten der | |
Weltgesundheitsorganisation von 2017 pro 100.000 Einwohner nur bei 4,4. In | |
Rumänien hingegen bei 72. Die Werkvertragsarbeiter*innen in den | |
Schlachthöfen erfüllen oftmals beide Faktoren: Sie leben in ärmlichen | |
Verhältnissen und stammen oft aus Ländern, in denen Tuberkulose noch | |
verbreiteter ist. | |
„Ich kenne Betroffene, die sich bei einem Urlaub in Rumänien angesteckt | |
haben“, sagt Daniela Reim von der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte. | |
Andere hätten sich in Deutschland angesteckt. „Sie leben in beengten, | |
überbelegten Unterkünften, ernähren sich schlecht und kommen erschöpft von | |
der Arbeit.“ Das begünstige die Tuberkulose, sagt Reim. | |
Laut der Landesregierung handelte es sich bei den acht Fällen des | |
vergangenen Jahres vor allem um mitgebrachte Infektionen, was an | |
unterschiedlichen Erregerstämmen erkennbar sei. In zwei Fällen ist von | |
einer Ansteckung über Kolleg*innen im Schlachthof auszugehen. | |
Reim hält es deshalb für erforderlich, dass alle Mitarbeiter*innen in | |
Schlachthöfen gründlich untersucht werden, wenn sie neu eingestellt werden. | |
„Das wäre für die Sicherheit der Arbeiter gut“, sagt sie. Zudem müssten … | |
Untersuchungen regelmäßig wiederholt werden. | |
Seit 2001 gibt es eine solche Eingangsuntersuchung in der Schlachtbranche | |
nicht mehr, sondern eine Belehrung über die Übertragung von | |
Krankheitserregern nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Untersuchung habe | |
sich als „wenig effektiv erwiesen, da sie nur eine Momentaufnahme“ | |
darstelle, schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort. Außerdem sei die | |
Abschaffung damit begründet worden, dass Tuberkulose nicht über die | |
Lebensmittel, sondern über eine Tröpfcheninfektion verbreitet werde, | |
ergänzt der Sprecher des Gesundheitsministeriums Uwe Hildebrandt. Eine | |
Impfung empfehle das Robert Koch-Institut seit 1998 nicht mehr. | |
Der Schlachthof Vion in Emstek lehnt die amtliche Eingangsuntersuchung | |
hingegen nicht ab. Sie sei „im Interesse aller Schlachtbetriebe, weil es | |
der Sicherheit und der Gesundheit dient“, sagt ein Sprecher. | |
26 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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