# taz.de -- Fananleihen beim HSV: Riskantes Geschäft | |
> Der Hamburger SV legt wieder mal eine gut verzinste Fan-Anleihe auf. Es | |
> wird deutlich, wie marode der Zweitligist tatsächlich ist. | |
Bild: Bernd Vollmann, Vorstandschef beim HSV, bei der Mitgliederversammlung am … | |
Der Hamburger Sportverein startet in dieser Woche in die nächste K. | |
O.-Runde: Seit Montag wird die neue HSV-Anleihe frei verkauft. | |
Vorstandsvorsitzender Bernd Hoffmann bietet „seinen Fans“ auch schicke | |
Schmuck-Anleihen zu 100 und 250 Euro an. Zuvor war die Umtausch- und | |
Vorkaufphase für Inhaber der alten „Jubiläums-Anleihe“ aus dem Jahre 2012 | |
zu Ende gegangen. Bis Montagabend wurden dabei 7,4 Millionen Euro | |
gezeichnet. Insgesamt sollen die neuen Wertpapiere mehr als 17 Millionen | |
Euro in die Kasse der HSV Fußball AG spülen. | |
Geld, welches der klamme Zweitligist dringend nötig hat. „Ich denke, die | |
Fan-Anleihe dürfte für den HSV neben dem möglichen weiteren Engagement von | |
Mäzenen eine der letzten Möglichkeiten sein, zusätzlich Geld einzusammeln“, | |
sagt Fußballökonom Henning Vöpel. | |
Sollte sich ein Fan tatsächlich der Mühe unterziehen, den 144 Seiten dicken | |
Wertpapierprospekt durchzublättern, könnte er erschrecken. Vorsichtshalber | |
wird darin erklärt, was 3. Liga ist, und mehr als ein Dutzend Mal taucht | |
der Begriff „Insolvenz“ auf. Dabei wird der Prospekt konkret. In Summe | |
stehen vor einer möglichen Pleite der AG sage und schreibe 85,5 Millionen | |
Euro an Schulden zu Buche. Da wird sportlicher Aufstieg zu einem | |
wirtschaftlichen Muss. | |
Investoren werden trotz allgemeiner Niedrigstzinsphase mit satten Zinsen | |
von 6 Prozent pro Jahr geködert. Der neue alte Klubboss Hoffmann lobt „eine | |
attraktive Investitionsmöglichkeit“ aus. Der reinen Fan-Liebe traut der | |
frühere Chef des Sportrechtevermarkters Ufa offenbar nicht. Zum Vergleich: | |
Hardcore-Fans der taz begnügten sich bei einer Anleihe der Genossenschaft | |
mit einem Zinssatz von 2,0 oder 2,5 Prozent. | |
Freilich misstrauen auch andere Fußballfirmen ihrer Kundschaft. Auch die | |
Berliner Hertha, Otto Rehhagels früherer Meisterklub Kaiserslautern („Geld | |
schießt keine Tore“) oder St. Pauli sowie ein Dutzend weiterer Emittenten | |
lockten mit hohen Zinssätzen zwischen 5 und 6,75 Prozent. | |
Für Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts | |
HWWI, ist das ein klarer Fall: „Die relativ hohen Zinsen spiegeln das hohe | |
Risiko wider, für das die Käufer der Anleihe kompensiert werden wollen.“ | |
Lediglich der 1. FC Köln begnügte sich 2016 mit 3,5 Prozent. Selbst dieser | |
Zinssatz lag allerdings deutlich über dem seinerzeit gängigen Zinssatz für | |
beispielsweise Sparbücher. | |
## Eingerahmtes Schmuckstück | |
So wie AG-Fußballvorstände offenbar den Anhängern der Klubs misstrauen, | |
fehlt Bankern das Vertrauen in diese Vorstände. Hinter den meisten Anleihen | |
dürfte die Weigerung von Banken und Sparkassen stehen, (weitere) | |
Millionenkredite an kickende Mittelstandsunternehmen zu vergeben. | |
Gleichzeitig dienen den Klubs ihre Fußballanleihen zur Kundenbindung. Und | |
manche Schmuckaktie bleibt einfach über dem Schlafsessel hängen, ohne dass | |
die Rückzahlung eingefordert wird. | |
Komisch finden Nörgler, dass die neue HSV-Anleihe eigentlich nur aufgelegt | |
wurde, um die alte zu tilgen. So steht es im Prospekt. Allerdings ist dies | |
auch in der „normalen“ Wirtschaft üblich. Die ebenfalls mit 6 Prozent | |
verzinste Jubiläums-Anleihe von 2012 muss HSV-Boss Hoffmann nämlich im | |
September zurückzahlen. | |
Bereits diese hatte bundesweit für Furore gesorgt. Der ehemalige | |
Volleyball-Nationalspieler Klaus Meetz, selbst HSV-Mitglied, hatte sogar | |
Strafanzeige gestellt. Kritiker wie er warfen der Vereinsführung damals | |
vor, die Fan-Gelder zweckentfremdet zu haben. Eigentlich sollte damit ein | |
Campus für den sportlichen Nachwuchs auf dem Trainingsgelände gebaut werden | |
– stattdessen wurden Finanzlöcher gestopft. Das Geld aus der Anleihe ist | |
weg. Das Hamburger Abendblatt schrieb jüngst vom „wohl größten Betrug der | |
jüngeren HSV-Vergangenheit“. Aus Sicht der Finanzaufsicht Bafin reicht es | |
jedoch grundsätzlich aus, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt der | |
Prospektbilligung die „geplante“ Verwendung der Erlöse „plausibel | |
darstellt“. | |
Der damalige Vorstandschef des HSV, Carl-Edgar Jarchow, hatte seinerzeit | |
auf das Kleingedruckte verwiesen: Notfalls könne das Geld auch für die | |
„operative und finanzielle Flexibilität der HSV-Gruppe“ verwendet werden. | |
Ähnliche Ausflüchte finden sich in dem Wertpapierprospekt für die neue | |
Anleihe. Die soll von 2022 an jährlich nach und nach getilgt werden. | |
„Schau’n mer mal“, wie Kaiser Franzl zu sagen pflegte. Riskant sind | |
Fußballanleihen für Fans ohnehin immer. | |
19 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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