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# taz.de -- 1. FC Köln bald wieder Erstligist: Aufstieg der Intriganten
> In Fürth macht der 1. FC Köln seine Rückkehr in die Bundesliga perfekt,
> gefeiert wird aber mäßig. Der Klub ist auch in seiner Zerrissenheit
> absolute Spitze.
Bild: Jubel kurz nach dem Sieg. Die große Euphorie blieb allerdings aus
Köln taz | In den finalen Minuten vor der Vollendung des großen
Saisonprojektes spielte der 1. FC Köln tatsächlich wie ein Aufsteiger.
Souverän, stabil und würdevoll. Mit einem imposanten 4:0 bei Greuther Fürth
ist der rheinische Traditionsverein am Montagabend in die Bundesliga
zurückgekehrt. Anschließend wurden die üblichen Rituale durchgeführt,
ziemlich lieblos gestaltete Aufstiegs-T-Shirts („Widder do“) übergestreift,
mit Bier geduscht, der Platz gestürmt.
Die große Euphorie brach nicht einmal in den Kneipen und auf den Straßen in
der Heimat aus. Während Torhüter Timo Horn erklärte, was für ein
„emotionaler Moment“ dieser nun schon sechste Bundesligaaufstieg in diesem
Jahrtausend sei, saß Armin Veh alleine auf der Trainerbank. Versunken in
Gedanken, glücklich wirkte der Sportchef nicht. Denn der 1. FC Köln ist
zwar in die Bundesliga zurückgekehrt, der Prozess der Selbstreinigung,
[1][der sich nach früheren Abstiegen in der zweiten Liga vollzogen hat],
ist jedoch ganz und gar misslungen. Die Kölner kehren als zerstrittener
Verein in die Bundesliga zurück.
Die Entlassung von Trainer Markus Anfang in der vorigen Woche ist da nur
ein Indiz von vielen. Er sei „mental, sehr, sehr erschöpft“, sagte Dominick
Drexler in Fürth, nachdem er vor zwei Wochen angedeutet hatte, dass sogar
der Kader in unterschiedliche Fraktionen zerfallen sei. „Das machen die
Stars“, hatte der sehr verlässliche Mittelfeldspieler geantwortet, als er
vor zwei Wochen um ein Statement zum 0:3 in Dresden gebeten wurde.
Am Geißbockheim wird diskutiert, gestritten und: intrigiert. Trainer Anfang
wurde mit der wenig überzeugenden Begründung entlassen, der Aufstieg sei
gefährdet. Fraktionen im Publikum streiten nicht nur mit der Klubführung,
sondern auch untereinander, und Veh hatte im April öffentlich einen
„Vertrauensbruch“ zu Vorstandschef Werner Spinner angeprangert. Kurz danach
musste Spinner, der Chef, zurücktreten, während Veh, der Angestellte,
blieb. Es war eine eiskalte Demonstration der Macht des Geschäftsführers,
der seither selbst ziemlich kritisch gesehen wird bei vielen
Klubangehörigen.
## Wolfgang Bosbach (CDU) will Vorstandschef werden
Als Spinner-Ersatz agiert derzeit satzungsgemäß ein Mann namens Stefan
Müller-Römer, der Chef des Mitgliederrates, der aber seit Jahren massive
Kontroversen mit den beiden anderen Vorstandsmitgliedern Toni Schumacher
und Markus Ritterbach austrägt. Es gibt derzeit kein konstruktives
Miteinander in diesem obersten Organ des operativen Geschäfts. Veh hat die
Angehörigen des Mitgliederrates neulich als „Vollamateure“ bezeichnet; was
im Klub so alles über Veh geraunt wird, klingt kaum freundlicher. Der
Sportchef steht nun vor der Aufgabe, einen neuen Trainer zu suchen, wobei
auch dem bis Saisonende von der U21 zu den Profis beförderten André Pawlak
Außenseiterchancen auf den Posten eingeräumt werden. Veh äußert sich dazu
momentan nicht.
Einer der wenigen, denen es halbwegs gelingt, sich aus den Feindseligkeiten
herauszuhalten, ist Alexander Wehrle, der einen Erklärungsansatz für die
schlechte Stimmung mitten im Erfolg hat. Der Abstieg im vorigen Sommer sei
„ungewöhnlich harmonisch“ verlaufen, sagt der Finanzgeschäftsführer, was
einerseits angenehm gewesen sei, mit der negativen Konsequenz allerdings,
„dass viele im Umfeld den Abstieg 2018 noch nicht verarbeitet und bei der
ersten schwierigen Phase sofort an die vergangene Saison gedacht haben“.
Veh begann nach jedem schlechten Spiel mehr oder weniger öffentlich an
Trainer Anfang zu zweifeln, Präsident Spinner wurde immer skeptischer
gegenüber Veh, etliche Fangruppierungen hängen seit Monaten „Vorstand
raus“-Banner auf. Nach jeder Partie gibt es einen Protestzug gegen die
Klubführung hinter der Südkurve. Der Klub steht nicht nur deshalb vor einem
komplizierten Sommer. Nach Spinners Rücktritt sind aus dem alten Vorstand
noch der Karnevalsfunktionär Markus Ritterbach und die Klublegende Toni
Schumacher übrig, für den Posten des Vorstandschefs hat sich der aus vielen
TV-Talkshows bekannte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach in Position gebracht.
Im September wird gewählt.
Allerdings gilt es als sicher, dass der Mitgliederrat, der satzungsgemäß
die Aufgabe hat, vor der Wahl ein Vorstandsteam vorzuschlagen, auf eine
Nominierung von Schumacher, Ritterbach und Bosbach verzichten wird. Das
Gremium hätte offenbar lieber einen grundlegenden Neubeginn. Denkbar ist
daher eine Kampfkandidatur, die pünktlich zum Bundesligastart in eine
mediale Schlammschlacht auszuufern droht, denn einflussreiche Zeitungen in
der Stadt unterstützen Schumacher und Bosbach. Herzlich willkommen zurück,
1. FC Köln.
7 May 2019
## LINKS
[1] /1-FC-Koeln-vor-dem-Bundesliga-Abstieg/!5497408
## AUTOREN
Daniel Theweleit
## TAGS
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Fußball
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Aufstieg
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