# taz.de -- Flüchtlingshelfer rief „Sieg Heil“: Auch linker Hitlergruß is… | |
> Ein Münchner Student wollte mit einer Nazi-Parole gegen Pegida | |
> demonstrieren. Jetzt wird er für diese „saudumme Idee“ zu einer Geldbuße | |
> verurteilt. | |
Bild: Könnten auch die Gartenzwerge dieser Kunstaktion in München wegen verur… | |
MÜNCHEN taz | Edgar D. ist alles andere als ein Nazi. Der 35-Jährige | |
demonstrierte für die [1][Seenotrettung] und hilft beim [2][Münchner | |
Flüchtlingsprojekt „Bellevue di Monaco“]. Er leitet ehrenamtlich Theater- | |
und Rap-Workshops für Flüchtlingskinder, jobbt in einem Hort und lernt mit | |
Schülern der Mittelschule für den Abschluss. Außerdem studiert der | |
ausgebildete Erzieher im neunten Semester Sonderpädagogik und hat in der | |
kommenden Woche Staatsexamensprüfungen. | |
„Das ist mein Beruf und meine Berufung“, sagt er über das Lehrerdasein. | |
Doch jetzt sieht er diesen beruflichen Traum in Gefahr, denn sein | |
Führungszeugnis könnte ihn bald als Nazi ausweisen: Im Sommer zeigte D. auf | |
einer Demo den Hitlergruß. | |
Am 13. Juni vergangenen Jahres sah D. auf dem Münchner Marienplatz ein | |
Häuflein Pegida-Anhänger demonstrieren und vor der „Umvolkung“ warnen. Er | |
ging zu der Pegida-Gruppe, Ecke Marienplatz-Kaufingerstraße, hob den linken | |
Arm in die Luft und rief laut „Sieg Heil“. Polizisten sahen und hörten B. | |
und nahmen ihn für kurze Zeit mit auf die Gefangenensammelstelle. | |
Jetzt musste er sich vor dem Münchner Amtsgericht verantworten, ihm wird | |
laut Paragraph 86 Strafgesetzbuch das „Verwenden von Kennzeichen | |
verfassungswidriger Organisationen“ vorgeworfen. | |
## Hitlergruß sollte Pegida „Spiegel“ vorhalten | |
Im kleinen Sitzungssaal 123 des Münchner Justizzentrums erklärt D., der | |
Hitlergruß habe ein Zeichen des Protests sein sollen. Er habe Pegida einen | |
„Spiegel“ vorhalten und ihnen zeigen wollen, dass er sie für Nazis hält. | |
„Das ist schrecklich, was hier abgeht, dieser ganze Hass“, sagt er. Er | |
trägt Vollbart, das dicke, lange Haar hat er zum Zopf gebunden. Sechs | |
Freunde von ihm sitzen in den Zuschauerreihen sowie drei Journalisten. | |
Dass der Student ein ausgeprägter Linker ist, darüber sind sich im | |
Gerichtssaal alle einig. Er selbst bereut seine Aktion, bezeichnet sie als | |
„saublöd“. Die Staatsanwältin aber meint, dass es keine „Gesinnungsjust… | |
geben könne. Ein öffentlicher Hitlergruß sei ein öffentlicher Hitlergruß, | |
auch wenn D. die linke Hand gehoben und eine gänzlich andere Motivation | |
hatte. | |
D.s Verteidiger Philip Müller konnte dem nichts Prinzipielles | |
entgegensetzen. Er sieht bei seinem Mandanten allerdings eine „geringe | |
Schuld“, weshalb er an das Gericht appellierte, von einer Bestrafung | |
abzusehen: „Er hat sich entschuldigt, sieht es ein und tut es nicht | |
wieder.“ Auch sei D. gerne bereit, an Organisationen Geld zu spenden, die | |
sich etwa gegen Rechtsextremismus einsetzen. | |
## Jetzt droht ein Eintrag ins Führungszeugnis | |
Bei Amtsrichter Vincent Mayr kam er damit nicht an. „Das geht nicht“, sagt | |
Mayr über D.s Verhalten.“Darüber muss man nicht diskutieren, der Hitlergruß | |
kommt nicht in die Tüte.“ Eine „saudumme Idee“ sei das gewesen. Und da s… | |
der Vorfall in der belebten Fußgängerzone ereignet hatte, sah der Richter | |
auch keine geringe Schuld: „Was für eine Wirkung hat das auf Dritte, auf | |
wirkliche Nazis?“ | |
Die festgesetzten 1.500 Euro Bußgeld sind für D. noch eher zu verkraften | |
als der drohende Eintrag ins Führungszeugnis. „Dann werde ich da sozusagen | |
als Nazi geführt“, sagte der Student entsetzt. Er fürchtet, deshalb künftig | |
keine Stelle als Referendar oder als Förderlehrer zu erhalten. Das wäre das | |
Ende seines Berufstraumes. Daher prüft er mit seinem Anwalt nun, ob sie in | |
Berufung gehen werden. | |
5 Feb 2019 | |
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[1] /Sea-Watch-3-in-Italien/!5569901 | |
[2] https://bellevuedimonaco.de/ | |
## AUTOREN | |
Patrick Guyton | |
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