# taz.de -- Bundesregierung lenkt ein: Keine Kürzung von NS-Opferrenten | |
> Auch nach dem Umzug in ein Pflegeheim haben NS-Verfolgte Anspruch auf die | |
> volle Opferrente. Das Finanzministerium schafft die bisherige Kürzung ab. | |
Bild: Späte Einsicht: Finanzminister Olaf Scholz lässt nicht länger NS-Opfer… | |
Berlin dpa/taz | Die Bundesregierung will nicht weiter Opfern des | |
Nationalsozialismus bei einem Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim die | |
Opferrente kürzen. Das Finanzministeriums hat [1][diese umstrittene | |
Regelung] nun aufgehoben. | |
Alle Berechtigten, die seit Januar in ein solches Heim umgezogen sind, | |
„erhalten weiterhin Leistungen in der Höhe, die sie zum Zeitpunkt des | |
Umzugs erhalten haben“, heißt es in der Durchführungsanordnung. Sie richtet | |
sich an die für die Zahlungen zuständige Generalzolldirektion Köln und | |
liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. | |
Mindestens sind 415 Euro zu zahlen. Für Berechtigte, die vor 2019 in einen | |
Heim umgezogen sind, gilt die Neuregelung mit Wirkung zum Jahresbeginn. Das | |
Ministerium hatte bisher argumentiert, dass bei einem Umzug in ein Heim | |
sich der finanzielle Bedarf der NS-Opfer ändert, weil andere Einrichtungen | |
hinzutreten, die Kosten übernehmen. | |
Die Kürzungsregelung war unter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) | |
eingeführt worden – die Linkspartei hatte den amtierenden Minister Olaf | |
Scholz (SPD) aufgerufen, die Praxis zu ändern. | |
Auslöser der Debatte war [2][der Fall des am 5. Juli verstorbenen | |
96-jährigen Wehrmachtdeserteurs Ludwig Baumann], dessen monatliche | |
„Härtefallbeihilfe“ die zuständige Generalzolldirektion Köln rückwirkend | |
von 645,91 Euro auf 352 Euro monatlich heruntergekürzt hatte. | |
## 26 Fälle | |
Die Aufforderung der Behörde, insgesamt 3.453,46 Euro zurückzuzahlen, wurde | |
an ihn zwölf Tage nach seinem Tod verschickt. Nachdem die Behörde ihr | |
„Missgeschick“ bemerkt hatte, verschickte sie eine Zahlungsaufforderung an | |
seinen Sohn André. | |
Baumann, der wegen Kriegsverrats erst zum Tode verurteilt und dann in ein | |
KZ gekommen war, erhielt eine Opferrente nach den [3][„Richtlinien der | |
Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen | |
Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes“]. | |
Laut den Härterichtlinien sollen die Zahlungen „den Betroffenen als | |
Ausgleich für das erlittene Unrecht zugute kommen“. Doch als der Träger des | |
Aachener Friedenspreises 2017 in ein Heim zog, wurden ihm statt 660 Euro | |
nur noch 352 Euro „Heimtaschengeld“ bewilligt. | |
Laut Bundesregierung gibt es aktuell noch 26 Fälle, auf die die Neuregelung | |
zutrifft. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan | |
Korte, bezeichnete den Vorstoß des Finanzministeriums als einen wichtigen | |
Schritt in die richtige Richtung. „Er war allerdings längst überfällig, um | |
die beschämende und diskriminierende Kürzung der Härteleistung für die | |
wenigen noch lebenden Opfer zu beenden.“ | |
[4][Die Änderung sei auch das Resultat der Proteste der Bundesvereinigung | |
der Opfer der NS-Militärjustiz sowie eines entsprechenden Linken-Antrags.] | |
Notwendig sei aber statt 415 Euro eine Zahlung von mindestens rund 540 Euro | |
im Monat, so Korte. | |
31 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Staatlicher-Umgang-mit-NS-Opfern/!5533482 | |
[2] /!5520833/ | |
[3] http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_28032011_BMF.htm | |
[4] /!5533482/ | |
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