# taz.de -- US-Journalistin Jill Abramson: Ein unklares Verhältnis zur Wahrheit | |
> Ein Buch der ehemaligen Chefredakteurin der „New York Times“ steht unter | |
> Plagiatsverdacht. Darin geht es um die Glaubwürdigkeit der Medien. | |
Bild: Jill Abramson war die erste Frau an der Spitze der „New York Times“ | |
BERLIN taz | Die Fakten werden ihr jetzt zum Verhängnis. Jill Abramson, | |
[1][die frühere Chefredakteurin der New York Times,] beschreibt in ihrem | |
neuen Buch den amerikanischen Journalismus als Kampf um die Fakten. In | |
„Merchants of Truth“ (Händler der Wahrheit) zeigt sie, wie sich die vier | |
großen Medienunternehmen The New York Times, The Washington Post, BuzzFeed | |
und VICE entwickelt haben. Es geht um die Zeitungskrise, die digitalen | |
Umwälzungen und das schwindende Vertrauen der Leser*innen in die | |
Glaubwürdigkeit der Medien. | |
Und nun steht ausgerechnet dieses Sachbuch unter Plagiatsverdacht. Der | |
Vice-Korrespondent Michael Moynihan veröffentlichte bei Twitter einzelne | |
Buchpassagen, die Textstellen aus den Magazinen The New Yorker, Time Out | |
und anderen Publikationen stark ähneln. Sechs Abschnitte sollen fast in | |
identischem Wortlaut aus anderen Publikationen ohne Quellenangabe | |
übernommen worden sein. | |
Moynihan wirft Abramson außerdem schlechte Recherche vor: „Alle drei | |
Kapitel über Vice sind voll von Fehlern. Vielen Fehlern. Die Wahrheit, die | |
in ‚Händler der Wahrheit‘ versprochen wurde“, ist oft nicht wahr“, sch… | |
er. Der freie Journalist Ian Frisch twitterte ebenfalls, [2][dass Abramson | |
an sechs Buchstellen aus seinen Artikeln plagiiert haben soll.] | |
Abramson reagierte noch am Mittwochabend (Ortszeit) im Sender Fox News auf | |
die Vorwürfe. Sie sagte, sie habe „ganz bestimmt“ kein Plagiat in ihrem | |
Buch begangen. Es gebe „70 Seiten mit Fußnoten, die zeigen, wo ich die | |
Informationen herhabe“. Sie habe fair berichtet. Kurze Zeit später lenkte | |
sie jedoch ein: „Ich werde die angesprochenen Probleme ernst nehmen und die | |
genannten Passagen überprüfen“, schrieb sie bei Twitter. | |
## Die erste Frau an der Spitze | |
Cary Goldstein, Sprecherin des Verlags Simon & Schuster, sagte, dass das | |
Buch der 64-Jährigen „ausführlich recherchiert und sorgfältig mit Quellen | |
versehen worden sei“. Die Washington Post gab hingegen an, die Fußnoten des | |
Buchs überprüft zu haben. Demnach sei im Fließtext nicht erkennbar, welche | |
Passagen aus fremden Quellen übernommen worden seien. | |
Abramson hat in Harvard Geschichte und Literatur studiert und begann ihre | |
journalistische Laufbahn beim Harvard Independent. Ab den späten 1980er | |
Jahren arbeitete sie als Washington-Korrespondentin des Wallstreet Journal. | |
In der gleichen Funktion wechselte sie 1997 zur New York Times und war von | |
2011 bis 2014 dann deren Chefredakteurin – die erste Frau an der Spitze | |
einer der einflussreichsten Zeitungen in den USA. | |
In ihrer Zeit als Chefredakteurin gewann das Blatt acht Pulitzerpreise. | |
Doch im Jahr 2014 wurde sie überraschend vom Verleger Arthur Sulzberger jr. | |
entlassen. Medienberichten zufolge sei sie mit Kolleg*innen gefühllos | |
umgegangen. In einer Hausmitteilung der New York Times hieß es gar, ihr | |
Stil sei „als launisch und brüsk beschrieben worden“. | |
Abramson sagte nach ihrer Entlassung: „Ich habe meine Zeit bei der New York | |
Times geliebt.“ Ihr Nachfolger ist Dean Baquet, der erste afroamerikanische | |
Chefredakteur des Blatts. | |
7 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Frauen-in-der-New-York-Times/!5079150 | |
[2] https://www.washingtonpost.com/arts-entertainment/2019/02/07/jill-abramson-… | |
## AUTOREN | |
Markus Kowalski | |
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