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# taz.de -- Spotify übernimmt Podcast-Label: Der Streamingdienst hat Hunger
> Haps: Der Musikstreaming-Dienst hat sich das US-Podcast-Label Gimlet
> einverleibt. Wird nun alles anders in der Podcast-Welt?
Bild: Machen Podcasts künftig bis zu 20 Prozent der Spotify-Nutzung aus?
Spotify war shoppen. Der schwedische Musikstreaming-Dienst [1][teilte am
Mittwoch mit], dass er das Podcast-Label Gimlet Media übernimmt. Und
außerdem auch noch Anchor, eine Plattform, die sich auf das Hosting und die
Monetarisierung von Podcasts spezialisiert hat. US-Medien hatten schon
vergangene Woche über einen Deal zwischen Gimlet und Spotify berichtet,
laut denen soll der Kaufpreis zwischen 200 bis 230 Millionen US-Dollar
gelegen haben.
Spotify veröffentlichte nichts dazu, kündigte aber an, [2][2019 bis zu 500
Millionen Dollar in Akquisen rund um Podcasts] stecken zu wollen.
Spotify-Geschäftsführer Daniel Ek schrieb [3][in einem Blogpost], er rechte
damit, dass Podcasts künftig bis zu 20 Prozent der Spotify-Nutzung
ausmachen würden.
So oder so ist der Deal ein großes Ding in der immer noch verhältnismäßig
kleinen Welt der Podcasts. Noch niemals wurde so viel Geld für ein
Podcast-Unternehmen gezahlt. Und: Mit Gimlet kauft sich Spotify erstmals
eine Firma, die Inhalte produziert. Für viele Beobachter ein Zeichen dafür,
dass der schwedische Streaming-Anbieter, der sich jahrelang mit Musiklabels
über Lizenzen stritt, diversifizieren möchte. Konkret bedeutet es, dass
auch Podcasts in den Walled Garden eingepflanzt werden – hinter den Zaun
eines Unternehmens statt anmeldefrei zugänglich.
Wobei es wirtschaftlich nicht erstaunlich ist, dass Gimlet sich selbst
verkauft. Im Brooklyner Label, das mit etwa 120 Mitarbeitern 24 teils
aufwendige Podcasts stemmt, stecken laut Medienberichten insgesamt 28,5
Millionen Dollar Investment. 2017 wurde die Firma auf 70 Millionen Dollar
Wert taxiert. Wofür sich das Label, das hinter erfolgreichen Produktionen
wie dem Tech-Magazin „Reply All“ oder der fiktionalen Serie „Homecoming“
steckt, sich einem Wachstumsplan verpflichtet hatte, der Gründer Alex
Blumberg nun – wie er in seinem Podcast „Startup“ wiederholt thematisiert
– durchaus Kopfschmerzen bereitet. Denn: wie nur schafft man es, Investoren
und Hörer glücklich zu machen?
## Von der Nische zum Hype
Podcasts, das war vor gar nicht besonders langer Zeit dieses wunderbar
merkwürdige Nischenmedium. Dann kam 2014. Der Hype um einen Podcast namens
„Serial“, die clever gemachte Nacherzählung eines alten Mordfalls aus dem
High-School-Millieu in Baltimore, die auf einmal Millionen fesselte. Und
plötzlich waren Podcasts das nächste große Ding. Ein Lichtblick in einer
Medienbranche, die sich im Digitalen neu erfinden muss. Endlich Wachstum.
Publikumszuspruch, sprudelnde Werbeeinnahmen, verhältnismäßig günstige
Produktionskosten.
Alles in der Nische, natürlich, aber: Podcasts schafften es, komplexe
Geschichten in toll erzählte Serien zu verpacken. Sie setzten einen
Kontrapunkt zu 20-Sekunden-Soundbites mit stundenlangen Gesprächen, die in
die Tiefe gehen, statt an der Oberfläche zu kratzen. Tägliche News-Updates
florieren. Nischenthemen. Oft werbefinanziert. Nicht nur in den USA, auch
in Deutschland wird inzwischen viel experimentiert, auch von großen
Medienhäusern. Und manches gelingt. Und: fast jeder Podcast ist kostenlos
abonnierbar über welche Podcast-App auch immer.
Damit könnte Spotify nun Schluss machen: Zum Hören der Gimlet-Podcasts muss
man künftig wohl Spotify-Kunde werden. [4][Nick Quah], Autor des
US-Podast-Newsletters Hot Pod, schreibt: „Mit der Akquise von Gimlet und
Anchor scheint Spotify darauf hinzuarbeiten, sowohl als Verleger als auch
als Plattform agieren zu können.“ Ob Gimlet-Inhalte nur im Premium-Segment
anhörbar sein werden, darüber kann heute nur spekuliert werden. Genauso
aber die Frage, ob Spotify es sich mittelfristig gefallen lassen wird, dass
Gimlet im Dienste der Qualität seine Mitarbeiter teils monate- und
jahrelang an einer Story herumfuhrwerken lässt. Ob es Druck geben wird,
mehr, regelmäßigeren Output zu geben und konkrete Abrufzahlen zu erreichen.
Spannend wird auch, welche Wirkung der Deal auf andere Podcast-Anbieter und
-Macher entfaltet. „HotPod“-Autor Quah hält es für wahrscheinlich, dass
auch andere Podcasts-Macher versuchen werden, ihre Firmen zu veräußern.
Kommt es dazu, dann ist dieser Deal vielleicht tatsächlich das, zu dem es
derzeit so mancher hochschreibt: das Ende von Podcasts, wie wir sie heute
kennen.
6 Feb 2019
## LINKS
[1] https://investors.spotify.com/financials/press-release-details/2019/Spotify…
[2] https://investors.spotify.com/financials/press-release-details/2019/Spotify…
[3] https://newsroom.spotify.com/2019-02-06/audio-first/
[4] https://mailchi.mp/99350579d1dc/hot-pod-crooked-medias-wilderness-wapos-pod…
## AUTOREN
Meike Laaff
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