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# taz.de -- Einkaufscenter wird Outlet: Gescheiterte Hoffnung
> Bremerhavens Tourismus-Angebot Mediterraneo war offenbar nicht attraktiv
> genug: Der Besitzer hat das Einkaufscenter einem Outlet-Betreiber
> anvertraut.
Bild: Das Mediterraneo in Bremerhaven soll jetzt ein Outlet-Center werden
Bremen taz | Manch ein Ladenpächter erfuhr es erst aus der Zeitung.
Immerhin wusste es Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) ein
paar Tage vorher: Abgesehen von dem schon länger zu beobachtenden Leerstand
deutete bisher wenig darauf hin, dass aus dem eigentlich als gehobenes
Einkaufscenter angetretenen Mediterraneo und Hoffnungsschimmer Bremerhavens
ein Outlet-Center werden soll.
Es ist über zehn Jahre her, da wollte Bremen mit dem inzwischen in Hamburg
ansässigen Immobilienbesitzer AVW groß herauskommen: das
Haven-Höövt-Einkaufszentrum in Vegesack, das Walle-Center und die
„Markthalle“ auf dem Sedanplatz, hochwertige Einkaufsangebote, die die
Kundschaft anlocken sollten. Heute drückt auf dem Sedanplatz Tedi die
Preise, das Haven-Höövt scheiterte bekanntlich. Was blüht nun dem 9.000
Quadratmeter großen Mediterraneo?
Der Eigentümer sieht seine Kernkompetenzen „in der Realisierung von
anspruchsvollen, städtebaulichen Entwicklungen“. Das steht so in dem
Prospekt, mit dem die Firma AVW nun das „Outlet-Center“ anpreist, das an
die Stelle des bisherigen Mediterraneo treten soll.
„Der stationäre Einzelhandel befindet sich momentan in schweren Zeiten“,
heißt es im Prospekt weiter, die Kunden bevorzugten Online-Käufe. Auf der
Internetseite verspricht das Mediterraneo immer noch, auf „völlig neue
Akzente in der Shopping-Welt“ zu setzen. Doch gut zehn Jahre nach der
Eröffnung steht es nicht gut um das „ungewöhnliche Shopping-Ambiente“, in
dessen Zentrum eine Piazza mit – staatlich finanzierter – Glaskuppel zum
gastronomischen Erholen lockt.
Nun soll ein Outlet, in dem Artikel verbilligt angeboten werden, die
Rettung bringen. „Das Outlet-Konzept wird das bestehende Einkaufserlebnis
deutlich vielseitiger machen. Auch Marken, die einst Mieter in Bremerhaven
waren, werden wieder zurückkehren können“, heißt es von der AVW. Besonders
Sportartikel, Unterwäsche und qualitative Markenanbieter aus dem
Innenstadtsortiment sollen künftig zum Zuge kommen. Man erhoffe sich Kunden
aus einem Umkreis von 90 Kilometern.
Zwar hat die Stadt neben der Glaskuppel auch das Fundament für die
Parkgarage gebaut und einen Glasübergang in das benachbarte Columbus-Center
für sechs Millionen finanziert. Dennoch hat sie keinen Einfluss auf die
Ausgestaltung der privaten Flächen. Melf Grantz bleibt optimistisch: „Wenn
das gut gemacht ist, dann kann ein kleinteiliges Outlet die Innenstadt
stärken.“ Ein Outlet-Center dort sei „allemal besser als ein Standort auf
der grünen Wiese“.
Der Einzelabgeordnete Jürgen Milchert (parteilos) hat eine ganz andere
Idee: Könnte das neben dem Alfred-Wegener-Institut und dem Klimahaus
gelegene „Mediterraneo“ nicht zur ökologischen Markthalle werden? Mit
Elektroautos, Fahrrädern, Museums-Shops und einem „Speakers Corner“ auf der
Piazza? Doch dafür ist es wohl zu spät. Der Eigentümer hat längst einen
Betreiber unter Vertrag. Er heißt „1a-Outlet“ und hat nach eigenen Abgaben
mit dem City Outlet Bad Münstereifel „die gesamte Stadt vor der Verödung
gerettet“. Was will Bremerhaven mehr?
## Niedrige Kundenfrequenz
Vergangene Woche sprach Outlet-Projektbetreuer Oliver Maronna mit den
Ladenbesitzern. Nach und nach sollen Outlet-Firmen nun die Ladenflächen
übernehmen. Und auch die bestehende Läden können nur mitmachen, wenn sie 30
Prozent Rabatt auf ihre Ware geben. Piazza und Außengastronomie sollen im
Prinzip bleiben. Und wer das nicht will, kann ins Columbus-Center umziehen,
sagt Maronna. Die 20 verkaufsoffenen Sonntage des Mediterraneo will er gern
beibehalten.
In den ersten Jahren hat das Mediterraneo vor allem vom Tourismus gelebt.
Doch mit der Zeit wurden die Besucher weniger. Mit den Bremerhavener
Segelmachern verlässt zum Monatsende eine besondere Attraktion das
Einkaufscenter. „Die Kundenfrequenz im Mediterraneo ist erschreckend wenig
geworden“, erklärt Chefin Eva Erkenberg nach neun Jahren im Mediterraneo.
Ab Februar zieht ihr Laden in die Hafenstraße um und erweitert sein Angebot
um eine gläserne Manufaktur.
28 Jan 2019
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Bremerhaven
Wirtschaftsförderung
Einkaufen
Einkaufszentrum
Innenstadt
Deutsches Auswandererhaus
Bremerhaven
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für das Mediterraneo in Bremerhaven ist verfassungswidrig, sagt ein
Rechtsgutachten.
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