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# taz.de -- Streit um Sonntagsarbeit: Ruhe statt Konsum
> Die Gewerkschaft Ver.di streitet für die Sonntagsruhe. Die
> Ausnahmeregelung für das Mediterraneo in Bremerhaven ist
> verfassungswidrig, sagt ein Rechtsgutachten.
Bild: SPD und Grüne wollen hier auch Sonntags öfter mal Leute einkaufen sehen…
Diese Woche sollte die Sache ohne Aufhebens durch die Deputation für Arbeit
gehen: Jener Paragraf des Ladenschlussgesetzes, der speziell für das
Mediterraneo in Bremerhaven an 20 Sonntagen im Jahr eine allgemeine
Geschäftsöffnung "für die touristische Nutzung von Bedeutung" zulässt, soll
verlängert werden. Diese Regelung war zunächst bis September 2010 befristet
worden. Entscheiden muss jetzt kommende Woche der Senat.
Das Problem: Diese Ausnahmeregelung, so sieht es jedenfalls die
Gewerkschaft Ver.di, könnte für andere ein Präzedenzfall werden. Und sie
verstößt ihrer Ansicht nach sowohl gegen das Grundgesetz als auch gegen die
Landesverfassung. Das hat sich die Gewerkschaft nun von einem anwaltlichen
Gutachten bestätigen lassen. In einem Brief an die Arbeitssenatorin
Ingelore Rosenkötter (SPD) kündigt Ver.di daher an, alle rechtlichen
Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn der Ausnahme-Passus für das Mediterraneo
verlängert werden sollte.
Ver.di-Gewerkschaftssekretär Richard Schmid geht es dabei nicht um Cafés
und Eisdielen, sondern um Schuhgeschäfte und Handy-Läden, Sportartikel und
Modeläden. Hinzu komme, dass kaum einer der Läden den tariflichen
Sonntags-Lohn zahle - das wären 12,93 Euro pro Stunde und plus ein Zuschlag
von 100 Prozent für den Sonntag. "Die Bezahlung ist in den meisten Fällen
beschämend", sagt Schmid.
Schon würden die Kaufleute im Columbus-Center und das Center-Management in
der Bremen Waterfront die Frage aufwerfen, warum sie nicht dürfen, was man
im Mediterraneo darf. Ver.di-Fachbereichsleiter Heiner Schilling will auch
grundsätzlich für die Sonntagsruhe streiten: "Wer nichts Besseres zu tun
hat, als auch sonntags einkaufen zu gehen, der ist doch arm dran", sagt er.
Juristisch sieht sich die Gewerkschaft auf der sicheren Seite, seit das
Bundesverfassungsgericht im Dezember ein Grundsatzurteil zur Sonntagsarbeit
verkündet hat. Die Geschäfte in Bremerhaven könnten keineswegs als wichtig
"für den Sonntag" im Sinne des Verfassungsgerichtes gerechtfertigt werden,
so der Anwalt Friedrich Kühn. Und die Ausnahmeklausel eines Warenangebotes,
welches "für die touristische Nutzung von Bedeutung" sei, sei viel zu
allgemein gefasst, um die Aufhebung des betreffenden Artikels zu
rechtfertigen. Dass Geschäfte Umsatz machen wollten, sei kein "Sachgrund",
um die Sonntagsruhe auszuhebeln.
SPD und Grüne wollen der Verlängerung der Ausnahmeregelung für das
Mediterraneo am Donnerstag dennoch zustimmen. Das Arbeitsressort hatte in
seiner Begründung einen "Fragenbogen" angehängt, der an 100
MitarbeiterInnen im Mediterraneo verteilt worden war. Es gab 43 Rückläufe.
Auf 28 Fragebögen war angekreuzt, die Löhne seien "über Tarif", "tariflich"
oder "tariflich angepasst" - was auch immer das heißt. Das Arbeitsressort
wertet dieses Ergebnis als "positive Rückmeldung".
Die Linke ist von Anfang an gegen die Sonntags-Einkaufsmöglichkeiten im
Mediterraneo gewesen, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Walter Müller. Ob
von dem Instrument einer Normenkontrollklage gegen das Gesetz Gebrauch
gemacht wird, um die Frage vor den Staatsgerichtshof zu bringen, sei
allerdings noch nicht geprüft worden.
17 May 2010
## AUTOREN
Klaus Wolschner
Klaus Wolschner
## TAGS
Bremerhaven
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