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# taz.de -- Ladenschlusszeiten: Zweierlei Maß
> Der rot-grüne Bremer Senat erlaubt einem Einkaufszentrum in Bremerhaven
> zusätzliche Sonntagsöffnungen. Begründet wird das mit seiner
> touristischen Bedeutung.
Bild: Darf auch weiterhin an 20 Sonntagen im Jahr öffnen: das Mediterraneo in …
Bremerhavens Einkaufszentrum "Mediterraneo" darf auch künftig an 20
Sonntagen pro Jahr öffnen. Das hat der rot-grüne Bremer Senat gestern
beschlossen.
Die Nachricht klingt banal. Ist sie aber nicht. Mit dieser Entscheidung hat
sich die SPD im Jahr vor der Bürgerschaftswahl klar gegen die Gewerkschaft
Ver.di positioniert. Obwohl erst jüngst die beiden KandidatInnen für den
neu zu wählenden Landesvorsitz der SPD demonstrativ den Schulterschluss mit
den Gewerkschaften übten.
Auch rechtlich ist die Entscheidung problematisch: Laut einem
Rechtsgutachten, das Ver.di jüngst eingeholt hat, widerspricht die Regelung
sowohl der Landesverfassung als auch dem Grundgesetz. Die Gewerkschaft will
deshalb vor dem Staatsgerichtshof klagen - wenn sie Betroffene findet, die
dazu bereit sind. Es würden "alle rechtlichen Möglichkeiten" ausgeschöpft,
um die bis März 2012 verlängerte Sonderregelung für das Mediterraneo wieder
zu kippen, kündigte Ver.di an.
Die Landesregierung indes sieht einem Gerichtsstreit "gelassen" entgegen,
so eine Sprecherin des Arbeitsressorts. Das beruft sich auf die "zunehmende
touristische Bedeutung" des Mediterraneo. Denn es liegt dort, wo auch
Klimahaus, Schifffahrtsmuseum, Auswandererhaus und Zoo am Meer angesiedelt
sind. Rein rechtlich steht dieses Gebiet nun auf einer Stufe mit der
Böttcherstraße und dem Schnoor in Bremen - mit dem Unterschied, dass dort
am Sonntag nicht alles verkauft werden darf, sondern nur Blumen, Tabak,
Lebensmittel zum sofortigen Verzehr sowie alles, was für den Ort
"kennzeichnend" ist. Im Mediterraneo aber soll man am Sonntag auch Schuhe
und Handys kaufen dürfen.
Im nahe gelegenen "Columbus-Center" übrigens nicht. Es liegt gerade eben
außerhalb der touristischen Zone Bremerhavens. Auch für Bremens
"Waterfront" - Nachfolger eines gescheiterten Indoor-Freizeitparks - gilt
die Sonntagsregelung nicht. Es liegt im touristisch kaum relevanten
Stadtteil Gröpelingen. Auch bei der Stadtbibliothek in Bremen hat die SPD
jüngst den Schutz der Arbeitnehmerrechte höher bewertet als den Wunsch von
CDU und Bibliotheks-Direktorin, sonntags zu öffnen.
Wobei man im Bremer Arbeitsressort für sich in Anspruch nimmt, im Zuge der
2009 eingeführten Sonntagsregelung für das Mediterraneo die
Arbeitsbedingungen verbessert zu haben. Sozial-Staatsrat Hermann
Schulte-Sasse kritisierte zwar, dass kein Ladenbesitzer den doppelten
Tariflohn zahle, der für Sonntagsarbeit vorgeschrieben sei. Doch 80 Prozent
der MitarbeiterInnen würden dort inzwischen zumindest an Werktagen nach
Tarif bezahlt, sagt die Ressortsprecherin und hofft auf "weitere
Besserung". Ver.di-Sekretär Heinz-Herbert Grabowski hat daran "berechtigte
Zweifel". Sein Kollege Richard Schmid sagt: "Die Bezahlung ist in den
meisten Fällen beschämend."
25 May 2010
## AUTOREN
Jan Zier
Jan Zier
## TAGS
Bremerhaven
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