| # taz.de -- Datendiebstahl-Skandal: BSI und Seehofer unter Druck | |
| > Das Bundesamt für IT-Sicherheit (BSI) will nun doch nicht bereits seit | |
| > Dezember über das Datenleck informiert gewesen sein. Die SPD erhöht den | |
| > Druck auf Seehofer. | |
| Bild: Seehofer und der Präsident des Bundesamts für IT-Sicherheit, Arne Schö… | |
| Berlin dpa | Der Präsident des Bundesamts für IT-Sicherheit (BSI) gerät | |
| wegen seines Vorgehens im Datendiebstahl-Skandal immer stärker in die | |
| Kritik. „Arne Schönbohm hat mit seinen irreführenden Aussagen nur noch mehr | |
| Verunsicherung ausgelöst, anstatt zur Aufklärung in einer Krisensituation | |
| beizutragen“, [1][sagte die Linke-Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg der | |
| Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.] | |
| Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte die Informationspolitik des BSI | |
| gegenüber den Opfern der Attacke „stark irritierend“. „Da müssen sich d… | |
| BSI und Präsident Arne Schönbohm dringend zu erklären“, sagte er den | |
| Zeitungen der Funke Mediengruppe. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte | |
| den Funke-Zeitungen: „Im BSI muss über Struktur, Aufgaben und | |
| Informationspolitik neu entschieden werden.“ | |
| Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sagte der Bild am Sonntag, | |
| es sei „empörend, dass gestohlene Daten tagelang im Netz präsentiert werden | |
| und die zuständige Behörde nichts unternimmt, um die Betroffenen zu | |
| informieren und zu schützen“. Er rief Bundesinnenminister Horst Seehofer | |
| (CSU), dem das BSI unterstellt ist, zum Handeln auf: „Das BSI muss | |
| zentrales Cyber-Abwehrzentrum in Deutschland werden und Innenminister | |
| Seehofer muss begreifen, dass dies eine der wichtigsten Aufgaben bei der | |
| inneren Sicherheit ist und in den kommenden Jahren auch bleiben wird.“ | |
| Schönbohm hatte am Freitagabend dem Sender Phoenix gesagt: „Wir haben schon | |
| sehr frühzeitig im Dezember auch schon mit einzelnen Abgeordneten, die | |
| hiervon betroffen waren, dementsprechend gesprochen.“ Auch Gegenmaßnahmen | |
| seien eingeleitet worden. Diese Aussage war bemerkenswert, weil Kanzleramt | |
| und Bundeskriminalamt nach eigenen Angaben erst in der Nacht zu Freitag | |
| über die massenweise Datenveröffentlichung informiert worden waren. | |
| ## Plötzlich andere Darstellung | |
| Am Samstag stellte die Behörde ihr Vorgehen nach wachsender Kritik | |
| plötzlich anders dar. Man sei Anfang Dezember nur von einem einzigen | |
| Bundestagsmitglied über fragwürdige Bewegungen auf dessen E-Mail- und | |
| Social-Media-Accounts informiert worden. „Zu diesem Zeitpunkt gingen alle | |
| Beteiligten von einem Einzelfall aus“, erklärte das Bundesamt für | |
| Sicherheit in der Informationstechnik. Ein Zusammenhang [2][zur Gesamtheit | |
| massenweise gestohlener oder veröffentlichter Daten] sei erst jetzt im | |
| Nachhinein festgestellt worden. | |
| Von einer geplanten oder erfolgten Veröffentlichung der gestohlenen Daten | |
| im Zusammenhang mit dem Twitter-Account „G0d“ (@_0rbit) habe man bis zur | |
| Nacht zu Freitag „keine Kenntnis“ gehabt. Erst durch das Bekanntwerden der | |
| Veröffentlichungen habe dann das BSI „am 4. Januar 2019 diesen und vier | |
| weitere Fälle, die ihm im Verlauf des Jahres 2018 bekannt geworden sind, in | |
| diesen Zusammenhang stellen“ können. Die Linke-Politikerin Domscheit-Berg | |
| sagte dazu: „Diese Art Kommunikation ist dazu geeignet, das Vertrauen in | |
| staatliche Sicherheitsorgane zu erschüttern.“ | |
| Am Donnerstagabend war bekannt geworden, [3][dass ein Unbekannter über ein | |
| Twitter-Konto im Dezember massenweise persönliche Daten veröffentlicht | |
| hat,] darunter Handynummern und private Chat-Protokolle. Hunderte Politiker | |
| sind betroffen, darunter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident | |
| Frank-Walter Steinmeier. [4][Auch Daten von Schauspielern, Musikern und | |
| Journalisten wurden veröffentlicht.] | |
| Aufklärung wird nun unter anderem von einer Sondersitzung des | |
| Bundestag-Innenausschusses kommende Woche erwartet. „Wir pochen darauf, | |
| dass wir so schnell wie möglich Informationen bekommen“, sagte der | |
| Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Patrick | |
| Schnieder. Erst dann lasse sich sagen, ob auch in der Kommunikation | |
| zwischen Sicherheitsbehörden etwas schief gelaufen sei und ob es Defizite | |
| gebe. | |
| ## Keine Kontaktadresse? | |
| Den Datendiebstahl bezeichnete Schnieder, dessen Handynummer öffentlich | |
| wurde, als Warnschuss. „Das kann man nicht auf die leichte Schulter | |
| nehmen.“ Sicherheitshinweise sollten von Politikern wie von allen Bürgern | |
| stärker beachtet werden. | |
| SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil betonte: „Die zuständigen Gremien des | |
| Parlamentes müssen jetzt schnell und genau aufklären, welche Behörde wann | |
| was gewusst hat und wie darauf reagiert wurde.“ Für Seehofer sollte das | |
| „Priorität“ haben, sagte er den Funke-Zeitungen. „Es geht um den Schutz | |
| unserer Demokratie.“ Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch nahm | |
| Seehofer ins Visier, da das BSI in dessen Geschäftsbereich liege. „Der | |
| Vorgang muss zügig lückenlos aufgeklärt werden“, sagte er. | |
| Der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte der dpa, es stelle sich | |
| die Frage, warum der Twitter-Account, über den die Daten verbreitet wurden, | |
| noch frei zugänglich gewesen sei, als die Bundesregierung an die | |
| Öffentlichkeit ging. „Schließlich hatte der damalige Bundesjustizminister | |
| Maas selbst doch extra ein Gesetz durchgebracht, das Facebook, Twitter und | |
| Co zu sofortigen Löschungen in solchen Fällen auffordert. Aber die | |
| Regierung kennt scheinbar nicht mal eine Kontaktadresse dort.“ | |
| Der CDU-Innenexperte Armin Schuster forderte Gesetzesänderungen. „Wir | |
| brauchen dringend Gesetze, die höhere Sicherheitsstandards, sowohl | |
| technisch etwa bei Routern wie auch für die Nutzung der sozialen Netzwerke | |
| vorschreiben“, sagte er der Bild am Sonntag. „Außerdem muss die Polizei | |
| gesetzlich ermächtigt werden, aktive Cyberabwehr zu betreiben, also solche | |
| Täter im Netz angreifen zu können, ihnen die gestohlenen Daten wieder | |
| wegzunehmen oder sie zu löschen.“ | |
| 6 Jan 2019 | |
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| [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/f-a-s-exklusiv-domscheit-berg-kr… | |
| [2] /Daten-von-Promis-geleakt/!5559417 | |
| [3] /Datenleak-in-Kunst-und-Politik/!5562902 | |
| [4] /Geleakte-PolitikerInnen-Daten/!5562833 | |
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