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# taz.de -- Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt: Ein kalkulierter Schritt z…
> Katrin Göring-Eckardt kündigt an, nicht mehr Spitzenkandidatin der Grünen
> zu werden. Der Verzicht ist souverän, aber auch realistisch.
Bild: Besitzt ein präzises Gespür für Macht: Grünen-Fraktionschefin Katrin …
Berlin taz | Katrin Göring-Eckardt besitzt ein präzises Gespür für Macht.
Die Spitzengrüne kann sich durchsetzen, sie weiß genau, wie sie ihre
Position absichern muss, und sie passt sich – wenn nötig – geschickt neuen
Stimmungen an. Es schwingt viel Respekt mit, wenn wichtige Leute in der
Ökopartei sie als „Merkel der Grünen“ bezeichnen. Doch sie weiß auch, wa…
es Zeit ist, einen Schritt zurück zu machen.
Göring-Eckardt, 52, Grünen-Fraktionsvorsitzende, hat jetzt ausgeschlossen,
sich erneut für eine Spitzenkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl zu
bewerben. „Ich war zweimal Spitzenkandidatin und es war eine tolle Aufgabe.
Aber beim nächsten Mal machen das andere“, sagte sie den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. Die SpitzenkandidatInnen hätten im Falle einer grünen
Regierungsbeteiligung den ersten Zugriff auf Ministerämter.
Göring-Eckardts Verzicht ist nicht wirklich eine Nachricht. Sie war schon
im Wahlkampf 2013 an der Seite Jürgen Trittins Spitzenkandidatin, 2017
führte sie die Grünen zusammen mit Cem Özdemir an. Bei beiden Wahlen fuhren
die Grünen mäßige Ergebnisse (8,4 und 8,9 Prozent) ein. Ein dritter Anlauf
wäre vor diesem Hintergrund schwer zu vermitteln. Irgendwann ist es auch
mal gut.
Außerdem stünden Göring-Eckardts Chancen schlecht, erneut in einer Urwahl
von den Parteimitgliedern gewählt zu werden. Der grüne Aufbruch mit den
guten Umfragewerten wird mit den Parteivorsitzenden Robert Habeck und
Annalena Baerbock verbunden. Beide sind seit knapp einem Jahr im Amt, beide
gelten als gesetzte KandidatInnen für die nächste Spitzenkandidatur. Gegen
Baerbock, die neue mächtige Frau bei den Grünen, hätte Göring-Eckardt
schlechte Karten.
## Von Missgunst keine Spur
Gleichzeitig hat ihr Verzicht etwas Souveränes. Die wenigsten
Spitzenpolitiker schaffen es, aus eigenem Antrieb loszulassen. Es ist eine
hübsche Ironie, dass gerade zwei Frauen vormachen, wie sich ein Rückzug
selbstbestimmt gestalten lässt: die Merkel der Grünen und die Merkel der
CDU. Göring-Eckardt jedenfalls ordnet sich gelassen in die neuen
Machtverhältnisse in der Ökopartei ein. Sie lobt die Vorsitzenden, wo sie
kann – und unterstützt sie geschickt aus der Fraktion heraus. Von Neid, gar
Missgunst, keine Spur.
Wobei Göring-Eckardt ja weiterhin in der ersten Reihe stehen wird. Ihr
derzeitiges Amt will sie jedenfalls erstmal behalten. Sie hat bereits
angekündigt, wieder als Fraktionsvorsitzende anzutreten, wenn 2019 die
turnusmäßige Neuwahl ansteht. Dass sie in der Fraktionssitzung gewählt
wird, ist Stand jetzt wahrscheinlich. Abgeordnete bescheinigen ihr, einen
guten Job zu machen, und Gegenkandidaturen sind bisher nicht in Sicht.
Göring-Eckardts Kompetenz kann die Partei in diesem Jahr gut gebrauchen. In
Brandenburg, Sachsen und Thüringen stehen 2019 drei wichtige ostdeutsche
Landtagswahlen an. Für die Grünen, traditionell schwach im Osten, ist das
eine echte Herausforderung. Und Göring-Eckardt ist eine der wenigen
Spitzengrünen mit DDR-Biographie. Geboren in Friedrichroda, wuchs sie in
Gotha auf. Hier betrieben die Eltern eine Tanzschule. Ihr Vater ließ sie
als Zwölfjährige auf Stöckelschuhen vor 120 Jugendlichen durch den Tanzsaal
laufen. Göring-Eckardt lernte, den Rücken gerade zu halten – und zu
präsentieren.
Nach der Wende legte sie eine steile Karriere bei den Grünen hin. 1998
wurde sie in den Bundestag gewählt. Dort stieg sie schnell zur
Fraktionsgeschäftsführerin auf. Eine toughe, junge Frau aus dem Osten, die
sich als Reala positionierte – das machte sie für Joschka Fischer
interessant. 2002 wurde sie als Fraktionsvorsitzende gewählt und
verteidigte in dieser Funktion die Agenda 2010. Später, als sich der Wind
bei den Grünen drehte, positionierte sie sich als engagierte
Sozialpolitikerin.
Das kann für Opportunismus sprechen, für kluge Karriereplanung oder
schlicht und einfach Lernfähigkeit. Eines aber ist sicher: Katrin
Göring-Eckardt hat die Fähigkeit, sich ganz neu zu erfinden.
2 Jan 2019
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Katrin Göring-Eckardt
Spitzenkandidaten
Bündnis 90/Die Grünen
Michael Kellner
Grüne
Bündnis 90/Die Grünen
Annalena Baerbock
Jamaika-Koalition
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