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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Hype um Ribérys Hüftgold
> Franck Ribéry isst ein Steak und findet sich alsbald in einem Neid- und
> Scheißesturm wieder. Dabei gilt doch: Man muss auch gönnen können.
Bild: Training macht hungrig: Franck Ribéry unter der Sonne Katars
Zu besonderen Anlässen wurde im Osten ganz gern mal ein besonders feines
Tröpfchen kredenzt. Wenn der Altmeister, die Wilthener Goldkrone oder der
Nordhäuser Doppelkorn zu profan erschienen, dann nestelte Oma am
Schraubverschluss des Danziger Goldwassers herum. Das galt in gewissen
Kreisen als Gipfel der Dekadenz, denn in dem Gewürzlikör schwammen
tatsächlich kleine Goldflocken, also echtes, wahrhaftiges Blattgold. Das
trank man dann mit einer gewissen Erhabenheit und war gleich doppelt
beschwipst. Die Wirkung, die der Alkohol entfaltete, multiplizierte sich
mit dem Gefühl, ein kleiner Verschwender zu sein, denn völlig sinnlos
kippte man ja Gold in sich hinein.
Dieser kleinbürgerliche Exzess ist natürlich nichts gegen den geradezu
bulimischen [1][Goldhunger des Franck Ribéry]. Der Fußballprofi des
glorreichen FC Bayern München, der zurzeit seine Angestellten im
Wüstenstaat Katar auf Trab bringt, ließ sich in einem einschlägigen
Neureichenlokal ein Entrecôte, vulgo: Ribeye-Steak, komplett vergolden,
wohl mit 24 Karat. Ribéry dokumentierte den glänzenden, angeblich 1.200
Euro teuren Fleischbatzen Prollstyle-mäßig im Netz.
Bis dahin könnte man sagen: eigentlich nichts passiert, millionenschwerer
Fußballprofi gibt in einem Chichi-Restaurant einen Minutenverdienst für
etwas Unverdauliches aus, Kohle, die er sich nicht ergaunert, sondern
völlig legal auf dem Fußballplatz zusammengekickt hat. Und bevor er seine
Zähne ins fleischige Gold schlägt, hält er seine Fressmannssucht in einem
Fodie-Foto fest. So what!
Aber das Netz wäre nicht das Netz, wenn es beim Anblick von Ribérys
Hüftgoldbatzen nicht schwere Anfälle von Schluckauf und Reflux bekommen
hätte. Der hungrige Franzose fand sich alsbald in einem Neid- und
Scheißesturm wieder, den auch Politiker wie SPD-„Gesundheitsexperte“ Karl
Lauterbach mit recht billigen Anti-Bayern-Ressentiments („Der ganze Klub
bleibt unsympathisch“) befeuerten.
## Nicht mehr als Kieselsteine
War alles dabei: degenerierter Fußballbetrieb, Millionarios, überbezahlte
Deppen, ein Schuss Islamophobie, garniert mit dem beiläufigen Hinweis auf
Ribérys Vergehen in der Vergangenheit, genauer: Sex mit einer
minderjährigen Prostituierten und der Revolte bei der Weltmeisterschaft in
Südafrika. Ribéry nahm dann halt auch ein paar Scheißhaufen, die ihm um die
Ohren geflogen waren, in die Hand und feuerte die Fladen zurück („F****
eure Mütter, eure Großmütter und auch euren gesamten Stammbaum“). Fast
schon versöhnlich schloss er an: „Ihr seid nicht mehr als Kieselsteine in
meinen Schuhen.“
Wer einmal so einen Kieselstein im Schuh hatte, weiß, wie unwohl sich der
Flügelstürmer gerade fühlen muss. Aber damit nicht genug: Der gestrenge FC
Bayern München hat ihm, als sei er nicht schon gepeinigt genug durch die
twitteristische Fußfolter, eine „hohe“ Geldstrafe aufgebrummt. Man
konzedierte immerhin, dass er sich vor seine Familie habe stellen wollen:
„Er hat sich gewehrt, hat die Familie verteidigt. Da hat er auch jedes
Recht dazu, da unterstütze ich den Spieler auch. Leider ist das in einem
Punkt total entgleist“, sagte Hasan „Brazzo“ Salihamidzic, der
Bayern-Sportdirektor.
Brazzo kennt natürlich das ungestüme Temperament Franck Ribérys, seine
bisweilen hochfahrende Art. Aber er kennt auch das kindlich-naive Gemüt des
Franzosen, den Fußballer, der doch nur spielen – und gut essen – will.
6 Jan 2019
## LINKS
[1] /Fussballprofi-des-FC-Bayern/!5562915
## AUTOREN
Markus Völker
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Franck Ribéry
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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