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# taz.de -- Gelbwesten-Protest in Frankreich: Abschreckung funktioniert nicht
> Frankreichs Regierung versucht mit Härte, die Proteste in Paris zu
> verkleinern – ohne Erfolg. Selbst Klimaschützer zeigen sich nun in Gelb.
Bild: „Tous ensemble, he, he“ – Paris am 8. Dezember 2018
Paris taz | Trotz Drohungen mit Repression und einer Einschüchterung mit
Warnungen vor gewalttätigen Randalierern und Extremisten haben Zehntausende
von Gelbwesten [1][erneut in Paris demonstriert.] Gleichzeitig gingen
unzählige Protestaktionen dieser Bewegung in der Provinz weiter.
Damit steht Staatspräsident Emmanuel Macron weiterhin unter dem Druck der
Forderungen nach einer Kaufkrafterhöhung und einer Änderung der Steuerlast.
Der Regierung ist es [2][mit ersten Zugeständnissen] weder gelungen, die
Bewegung zu stoppen, noch mit einem um Panzerfahrzeuge verstärkten
Polizeiaufgebot zu verhindern, dass es in der Hauptstadt wieder zu
Krawallen kommt. Das verschlimmert die Lage der Staatsführung erheblich.
„Dies ist eine Niederlage für die Staatsmacht“, erklärte Jean-Luc Mélenc…
von der linken Oppositionspartei „La France insoumise“.
Die Staatsmacht hatte nach den Erfahrungen mit den schweren Ausschreitungen
[3][an den vorherigen Samstagen] die Taktik geändert. Schon am Vorabend
wurden mehrere Personen, die angeblich zur Gewalt anstifteten, vorsorglich
festgenommen. Dabei sollen unter anderem Molotow-Cocktails und sogar
Sprengsätze konfisziert worden sein.
Schon ab 7 Uhr am Samstagmorgen wurden sodann an Bahnhöfen und auf den
Straßen Menschen in Gelb von sehr mobilen Polizeipatrouillen auf
gefährliche Gegenstände durchsucht. Dabei wurden aber auch Schutzmasken
oder Skibrillen beschlagnahmt, welche die Demonstranten in Erwartungen von
Tränengas mitgebracht hatten. Noch vor 9 Uhr waren bei solchen Kontrollen
bereits 300 Gilets Jaunes, wie die Gelbwesten auf Französisch heißen,
festgenommen worden.
Dies hielt aber Tausende nicht ab, den Weg zur Avenue des Champs-Elysées zu
finden, wo sie sich vor dem Etoile-Platz mit dem Triumphbogen einem
massiven Polizeikordon gegenüberfanden. In den folgenden Stunden strömten
immer mehr Demonstranten auf der breiten Avenue zusammen, wo es immer
wieder zu kurzen Scharmützeln mit den Einheiten kam, welche mehrere
Seitenstraßen absperrten und beim geringsten Anlass Tränengas und laut
krachende Granaten einsetzten.
Dennoch blieb die Situation im Vergleich zu den äußerst eindrücklichen
Barrikadenkämpfen eine Woche zuvor fast friedlich. An mehreren Stellen
diskutierten Gelbwesten mit Gendarmen, die im Unterschied zu ihren Kollegen
der Ordnungspolizei nicht gleich ihre Helme aufgesetzt hatten. Mit Rufen
„Les Gendarmes avec nous“ (Die Gendarmen mit uns!) hofften Demonstranten
vergeblich auf Solidarität. Immer wieder [4][stimmten die Gelbwesten die
Marseillaise an] und den alten Gewerkschaftsruf „Tous ensemble, he, he“
(Alle zusammen, ja, ja).
Doch inmitten dieser friedvollen Stimmung knallen dann wieder Granaten, die
Avenue ist in einen Nebel von Reizgas gehüllt, die Menge gerät in Bewegung.
Einige Demonstranten reißen Bretterwände von Geschäften, die damit ihre
Schaufenster schützen wollten, und stecken diese in Brand.
Zur selben Zeit rollen unweit des Pariser Centre Pompidou Panzerfahrzeuge,
die Demonstranten in gelben Westen vor sich her treiben. Außerdem kommen
überall dort Polizisten auf Pferden zum Einsatz, wo die Behörden
Randalierer am Werk am sehen. In mehreren Stadtteilen lieferten sich
gewalttätige Demonstranten Auseinandersetzungen mit mobilen
Polizeieinheiten. Mehrere Fahrzeuge gingen in Flammen auf.
Allein bis zum frühen Nachmittag wurden in Paris mehr als 500 Personen
wegen mutmaßlicher Beteiligung an Gewalt und Sachbeschädigung festgenommen,
im ganzen Land waren es am Nachmittag knapp 1.000 vorläufige Festnahmen.
Mehr als 720 Personen seien weiter in Gewahrsam, hieß es am
Samstagnachmittag von Seiten der Polizei.
## „Macron démission!“
Obwohl diese Szenen von den Nachrichtensendern [5][und Online-Medien] live
übertragen wurden, kamen auf den Champs Elysées ständig neue Leute hinzu,
längst nicht alle mit gelben Warnwesten, aber alle aufgebracht gegen
Präsident Macron. Rufe wie „Macron démission!“ (Macron abtreten!) erklang…
immer wieder, oft war auch Refrain der Marseillaise zu hören: „Aux armes
citoyens“ („Bürger an die Waffen“).
Gleichzeitig fand in Paris ein Marsch für das Klima statt, bei dem viele
Teilnehmende eine gelbe Weste trugen, weil sie nicht wollen, dass soziale
Forderungen und die Klimapolitik gegeneinander ausgespielt werden. In
zahlreichen anderen Städten Frankreichs demonstrierten ebenfalls Gelbwesten
– zum Großteil friedlich, wie verschiedene Medien berichteten. Dabei wurden
auch wieder mehrere Autobahnen blockiert.
Im Nachbarland Belgien wurden bei Gelbwesten-Protesten nach Angaben der
Polizei rund 100 Menschen festgenommen. Vor allem im Europaviertel in
Brüssel kam es zu Zusammenstößen von Protestierenden mit der Polizei. Rund
500 Demonstranten seien bis vor die EU-Gebäude in der Innenstadt gezogen,
die von der Polizei abgeriegelt worden war. Einem kleinen Teil der Gruppe
sei es gelungen, die Barrikade zu durchbrechen. In kleinerem Umfang gab es
auch in den Niederlanden Protestaktionen.
8 Dec 2018
## LINKS
[1] /Protest-in-Frankreich/!5557588
[2] /Gelbwesten-Protest-in-Frankreich/!5557106
[3] /Proteste-in-Frankreich/!5555026
[4] https://twitter.com/tazgezwitscher/status/1071409724267085825
[5] http://www.lefigaro.fr/actualite-france/2018/12/08/01016-20181208LIVWWW0000…
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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