# taz.de -- Kritik am neuen Integrationskonzept: Integration bleibt unverbindli… | |
> Der Flüchtlingsrat kritisiert das neue Gesamtkonzept Integration des | |
> Senats. Das Meiste stehe unter Finanzierungsvorbehalt | |
Bild: Mehr Deutschkurse für Geflüchtete soll es in Berlin geben | |
Der Berliner Flüchtlingsrat übt scharfe Kritik am [1][Konzept des Senats | |
zur Integration und Partizipation von Geflüchteten], das | |
Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) und der | |
Integrationsbeauftragte Andreas Germershausen Mitte Dezember vorgelegt | |
hatten. | |
Der Flüchtlingsrat spricht von „vielen Worten statt Taten“. „Zwei Jahre | |
nach Aufnahme der Regierungsgeschäfte legt der Senat ein Gesamtkonzept vor, | |
das an manchen Stellen die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wortreich | |
wiederholt und bei wichtigen Themen sogar hinter diesem zurückbleibt“, sagt | |
Flüchtlingsratssprecherin Martina Mauer. „Das meiste bleibt unverbindlich | |
oder steht unter Finanzierungsvorbehalt, zentrale Themen fehlen.“ | |
So hapere es in Berlin weiterhin an der Ausstellung von | |
Wohnberechtigungsscheinen (WBS) für Geflüchtete. Wer sich noch im | |
Asylverfahren befindet oder nur eine Duldung hat, bekäme keinen WBS und | |
damit faktisch nie eine Wohnung. Das hätten dem Flüchtlingsrat zufolge | |
zivilgesellschaftliche Gruppen gegenüber der Landesregierung mehrfach | |
problematisiert. Wer Asyl bekommen hat, erhält einen WBS nur, wenn die von | |
der Ausländerbehörde ausgestellte befristete Aufenthaltserlaubnis noch | |
mindestens elf Monate gelte. | |
Das führe laut Flüchtlingsrat aber in der Praxis dazu, dass Familien, deren | |
Mitglieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten befristete | |
Aufenthaltserlaubnisse für ein oder zwei Jahre erhalten, praktisch nie in | |
den Genuss eines gemeinsamen WBS kämen. Der Flüchtlingsrat vermisst zudem | |
großzügige Bleiberechtsregelungen für gut integrierte abgelehnte | |
Asylbewerber sowie ein [2][Ende des „brutalen, rechtswidrigen Vorgehens bei | |
Abschiebungen“]. | |
## „Integrationspolitisch kontraproduktiv“ | |
Weiter schreibt der Flüchtlingsrat: „Ebenso fehlen Aussagen darüber, wie | |
die gravierenden Organisationsmängel im LAF bei der Registrierung | |
Geflüchteter behoben werden sollen.“ Wie die [3][taz berichtet hatte], | |
müssen Neuankömmlinge oft über Wochen auf die Registrierung warten. Schuld | |
sind personelle Engpässe im LAF. Während der Wartezeit haben die Menschen | |
weder Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlungen, noch erhalten sie | |
Bargeld. Das beträfe sogar Schwangere, die keinen Facharzt aufsuchen | |
könnten. | |
Dem Flüchtlingsrat zufolge stehen zudem 1.000 Plätze in neu entstandenen | |
Gemeinschaftsunterkünften leer, während unzumutbare Unterkünfte weiterhin | |
in Betrieb seien. Grund des Leerstandes seien nicht funktionierende | |
Ausschreibeverfahren an Betreiber. | |
Der Berliner Integrationsbeauftragte Andreas Germershausen sagt zu der | |
Kritik, es handle sich um „ein Strategiepapier zu flüchtlings- und | |
migrationspolitischen Schwerpunkten des Senats für die nächsten Jahre“. Da | |
könne man nicht erwarten, „dass die akuten Probleme bei der Versorgung von | |
Geflüchteten durch das Gesamtkonzept gelöst werden“. | |
Einige Vorhaben des Senats bezeichnet der Flüchtlingsrat zudem als | |
integrationspolitisch kontraproduktiv. So hat der Senat beispielsweise vor, | |
Sonderkitas auf dem Gelände von Sammelunterkünften zu bauen, in denen | |
Flüchtlingskinder dann unter sich bleiben und, so der Flüchtlingsrat, | |
„pädagogische Substandards“ herrschen würden. | |
## Lob für zwei Punkte | |
Aber es gibt auch Lob vom Flüchtlingsrat. Beispielsweise für das Vorhaben | |
des Senats, Deutschkursangebote zu erweitern sowie das großzügige | |
Bekenntnis zur sogenannten Ausbildungsduldung. Diese bekommen Flüchtlinge | |
während und nach einer beruflichen Ausbildung, auch wenn währenddessen ihr | |
Asylantrag abgelehnt wurde. Damit erhalten nicht nur die Flüchtlinge | |
selbst, sondern auch Unternehmen, die sie ausbilden und damit auf neue | |
Fachkräfte zählen, mehr Rechtssicherheit. | |
Dem Integrationsbeauftragten Andreas Germershausen zufolge wird der Senat | |
sich auch weiterhin konstruktiv mit Stimmen aus der Zivilgesellschaft zu | |
seinem Integrationskonzept auseinandersetzen. Auf einer Tagung Mitte | |
Dezember sei „der Ansatz des Senats positiv angenommen, aber auch | |
kontrovers diskutiert“ worden. | |
26 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/lb/intmig/themen/fluechtlinge/fluechtlingspolitik/ | |
[2] /Abschiebungen-aus-Berlin/!5551276 | |
[3] /Engpaesse-bei-der-Fluechtlingsregistrierung/!5554446 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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