# taz.de -- Niederländischer Radverleih boomt: „Nie mehr Getue mit dem Rad“ | |
> Ein niederländischer Fahrrad-Abo-Pionier expandiert nach Deutschland: | |
> Einst eine Studierendenidee, sind die „Swapfietsen“ zum Renner geworden. | |
Bild: Im Preis inbegriffen: Service bei Swapfiets | |
Amsterdam taz | Die Stadt verfärbt sich blau – jedenfalls, wenn man die | |
Radwege im Auge hat, und natürlich die Fahrradständer und Brückengeländer. | |
Manchmal bewegt man sich kaum zwei Minuten durch den Verkehr, und schon | |
begegnet einem das nächste fiets mit einem blauen Vorderrad. Eine | |
Modeerscheinung? Irgendwie schon. Aber vor allem ein Marketing-Element, das | |
man wohl als ziemlich gelungen bezeichnen muss. | |
In 21 niederländischen Städten gehören die „Swapfiets“-Räder inzwischen… | |
Alltag. So auffällig wie ihr Äußeres ist das Konzept, das dahintersteckt: | |
Kunden können für 15 Euro monatlich ein Abonnement abschließen – inklusive | |
kostenloser Reparaturen, für die eigens ein Mechaniker anrückt, und bei | |
schwerwiegenden Pannen eines neuen Fahrrads, das innerhalb eines Tages | |
geliefert wird. | |
„Swappen“ nennen die Initiatoren, drei Studenten der Technischen | |
Universität Delft, diesen mobilen Boxenstopp-Service. Das Ziel: „Nie mehr | |
Getue mit dem Rad“, so Steven Uitentuis, einer der drei, gegenüber der | |
niederländischen Nachrichtenseite nu.nl. Dahinter steckt eine Erkenntnis, | |
die zugleich ein Dilemma ist: „Als Student ist man sehr abhängig von einem | |
Fahrrad, aber man hat nie ein gutes.“ Sein Partner Richard Burger drückt es | |
so aus: „Kaufen und Unterhalten eines Fahrrads, dazu die Unsicherheit, wenn | |
etwas kaputtgeht, das empfinden viele Menschen als ,Getue'.“ | |
Die Zielgruppe der Studenten hat der 2015 gegründete Betrieb längst hinter | |
sich gelassen. 75.000 Abonnenten hat man inzwischen, allein am Firmensitz | |
Amsterdam sind es seit dem Launch vor anderthalb Jahren 16.000. Und weil | |
das Geschäft in den Niederlanden so lekker wächst, befindet man sich auf | |
Expansionskurs: In drei dänischen und vier belgischen Städten gibt es | |
Niederlassungen. | |
Den schnellsten Zuwachs aber verzeichnet man in Deutschland. Im April 2018 | |
ging man die ersten Schritte, so Maximilian Engel, der bei der | |
Marketingfirma „Hill+Knowlton Strategies“ in Frankfurt die Ausbreitung | |
betreut. „Anfangs suchte man sich die Fahrradstädte aus. Das ist in den | |
Niederlanden anders, dort ist ja jede eine Fahrradstadt.“ Es begann also in | |
Münster, Bremen, Göttingen und Oldenburg. Sechs weitere sind bis Ende des | |
Jahres geplant oder schon erschlossen, darunter München oder zuletzt | |
Freiburg. Anfang 2019 soll Berlin folgen. Ein „Growth Manager“eruiere | |
derzeit weitere Optionen, so Engel zur taz. | |
Lucas Vroemen ist bei Swapfiets als „Business Developer Germany“ für die | |
Expansion zuständig. In dieser Funktion kümmert er sich auch um die kleinen | |
Unterschiede, die durchaus entscheidend sein können. Amüsiert berichtet er | |
von den „Pitch Nights“, mit denen man sich etwa in Bremen oder Oldenburg | |
beim Publikum bekannt machte. „Dort kamen dann Fragen wie: Wie ist das denn | |
im Winter, bei Regen und Schnee? – In den Niederlanden fährt man natürlich | |
trotzdem Rad.“ | |
Zur unterschiedlichen Fahrradkultur gehört freilich auch, dass die in den | |
Niederlanden so populären „Omafietsen“, altmodische Damenräder mit | |
Rücktrittbremse, in Deutschland gar nicht zulässig sind. Also bietet man | |
dort ein anderes Modell an, das nicht nur die vorschriftsmäßige | |
Doppelbremse hat, sondern auch sieben Gänge. „Schließlich gibt es in | |
Deutschland ja Hügel und Berge“, erklärt Vroemen. | |
Bis Anfang November lag die Zahl der Swapfiets-Abonnenten in Deutschland | |
bei 5.000. Die Kosten liegen mit 17,50 Euro monatlich leicht über dem | |
niederländischen Niveau. Um die Expansion logistisch bewerkstelligen zu | |
können, ist man derzeit auf der Suche nach Mechanikern. Eine weitere | |
Neuerung steht 2019 bevor: Auch E-Bikes sollen dann ins Sortiment der | |
blauen Vorderreifen aufgenommen werden. | |
8 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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