Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Petition der Woche: Es regnet Kerosin
> Über dem Pfälzerwald lassen Flugzeuge tonnenweise Kerosin ab, ohne dass
> die Menschen informiert werden. Eine Initiative fordert Transparenz.
Bild: Lässt vielleicht bald Kerosin „regnen“: Flugzeug am Himmel
Es ist Juli 2018. Eine Frachtmaschine der Cargolux Airlines International
startet vom Flughafen Luxemburg mit dem Ziel Singapur. Kurz nach dem Start
meldet der Pilot Probleme mit dem Fahrwerk, er entscheidet sich umzukehren.
Doch das Flugzeug ist vollgetankt und somit zu schwer, als dass es direkt
wieder landen könnte. Also beginnt der Pilot ein Manöver, das in solchen
Fällen vorgesehen ist – das „Fuel Dumping“.
Wie die Deutsche Flugsicherung (DFS) später mitteilte, kreiste die Maschine
in einer Höhe von etwas mehr als 4.000 Metern über dem Gebiet des
Pfälzerwalds und ließ dabei 92 Tonnen Treibstoff ab, ehe sie nach knapp 90
Minuten Flugzeit wieder in Luxemburg landete. Ein neuer Rekord in diesem
Jahr.
Durchschnittlich 22 solcher Fuel-Dumps – etwa drei bis vier davon durch
Militärmaschinen – geschehen jährlich in Deutschland, ohne dass die
Bevölkerung davon etwas mitbekommt, denn eine Meldepflicht existiert
bislang nicht. Bisher sind Piloten von Zivilmaschinen lediglich dazu
verpflichtet, die DFS über solche Vorfälle zu informieren. Erst durch
Hinweise von Anwohnern und die Arbeit von Journalisten gelangten die
Informationen schließlich an die Öffentlichkeit. Über Fuel-Dumps durch
Militärmaschinen gibt die DFS noch weniger Auskunft. Das will die
Initiative Pro Pfälzerwald, die sich für den Naturschutz in der Region
einsetzt, [1][nun durch eine Petition ändern]: Binnen 24 Stunden soll die
Öffentlichkeit künftig über Kerosinablässe informiert werden. Das sei
wichtig, da bisher nicht abschließend geklärt sei, inwiefern das
abgelassene Kerosin für Mensch und Natur eine Gefahr darstelle.
Von offizieller Seite gelten Fuel-Dumps bislang als unbedenklich. Der
Großteil des Kerosins werde ohnehin in der Atmosphäre verwirbelt und
erreiche erst gar nicht den Boden. Eine Gefahr stellten Fuel-Dumps also
nicht dar. Doch die Daten, die diese Argumentation stützen, stammen aus
Gutachten, die zum Teil schon älter als 20 Jahre sind. Das kritisiert die
Initiative Pro Pfälzerwald: „Das geht gar nicht. Es müssen endlich
aussagekräftige Untersuchungen her“, sagt die Sprecherin der Initiative,
Cornelia Hegele-Raih. Zwar wurden mittlerweile neue Gutachten in Auftrag
gegeben, doch Ergebnisse gibt es noch keine.
Dass sich der Protest ausgerechnet in der Pfalz formiert, ist nicht
verwunderlich, denn das Gebiet ist seit Jahren besonders stark betroffen.
Nirgendwo sonst regnete es mehr Kerosin. Im Jahr 2017 waren es 368 Tonnen
des Flugzeugtreibstoffs, was gut zwei Dritteln der bundesweiten Menge von
579,5 Tonnen entspricht. Dieses Jahr sind es bisher knapp 200 Tonnen.
Bereits vor dem Rekordablass im Juli regte sich deswegen Protest in der
Bevölkerung, auch eine erste Petition versuchte auf das Thema aufmerksam zu
machen – mit überschaubarer Resonanz.
Erst die Berichterstattung über den Vorfall im Sommer und die daraus
resultierende zweite Petition brachten mehr Erfolg: Fast 80.000 Menschen
haben schon unterschrieben. Auch die Politik hat mittlerweile reagiert: Auf
der Website des Luftfahrt-Bundesamts kann man nun einsehen, wann und wo
Flugzeuge Kerosin abgelassen haben – wenn auch erst nach drei Tagen.
1 Dec 2018
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/umk-kerosinregen-nein-danke
## AUTOREN
Tim Blumenstein
## TAGS
Online-Petition
Kerosin
Umweltschutz
Plastikmüll
Verkehr
Flughafen Frankfurt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fünf-Punkte-Plan gegen Plastikmüll: Trendwende beim Thema Kunststoff
Umweltministerin Schulze (SPD) will die Folgen der Wegwerfgesellschaft in
den Griff kriegen. Ihr Plan reißt Umweltschützer aber nicht vom Hocker.
Letzte Runde im A20-Streit: Autobahn versus Fledermaus
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die Zukunft der A20. Der Bau
der Küstenautobahn könnte gestoppt werden.
Protest gegen Frankfurter Flughafen: Waldspaziergänge gegen den Ausbau
Seit Jahrzehnten fordern AnwohnerInnen den Stopp des Flughafenausbaus. Sie
laufen auf Demos, besetzten sogar den Wald – bislang vergeblich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.