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# taz.de -- Die Wahrheit: Blackrock ist das neue Orange
> In einer unserer Erde fernen Galaxie wird ein düsterer Plan geschmiedet –
> mit Friedrich Merz als Protagonist des Schreckens.
Als die ersten konspirativen Hinweise in der Redaktion eingingen, ahnte
noch niemand, auf welche Höllenfahrt sich unsere Top-Rechercheure würden
begeben müssen. So totenbleich wie nach dem Studium der „Blackrock Papers“
haben wir „Schorsch“ Muscolo und „Jack“ Leydendecker jedenfalls noch nie
gesehen. Der Rechercheverbund aus Nasa, Nasi Goreng und Südmarsianischer
Zeitung hat offenbar das Schwärzeste Loch unter den Schwarzen Löchern aller
Skandale des Universums entdeckt.
Zoom auf den Planeten Petra Nigra, weit draußen im All. Hier sucht eine
Sternen-Kommission seit einiger Zeit nach einer Art galaktischem
Australien: einer möglichst entlegenen Strafkolonie für defekte künstliche
Intelligenzen (KIs). Denn auch KIs altern. Sie werden dann unzuverlässig
und richten bisweilen großen Schaden an. Der Strafplanet soll sie zuerst
anlocken und dann nicht mehr fortlassen.
Fast zwangsläufig geriet irgendwann auch unsere Erde ins Visier der
Kommission – vor allem der Hotspot Deutschland. Das miserable WLAN bietet
die Gewähr, dass die hierher verbannten KIs keinen Kontakt zueinander und
mit ihrem Heimatplaneten aufnehmen können, um eine Flucht zu planen.
Deshalb entsandte man vor über zwanzig Erdenjahren etwas überhastet einen
Roboter, der die Eignung der Erde als Gefängnisplanet genauer prüfen
sollte. Und es entwickelte sich ein Drama, dessen (vorläufig) letzten Akt
wir gerade erleben.
Der ausgewählte Robotagent – das Modell F des Typs M-e-r-z – hatte, wie wir
heute wissen, überhaupt nur dank einer Betrugssoftware den obligatorischen
Humanoid-Test bestanden. Im Jahr 1994 wurde das M-e-r-z mit einer
sauerländischen Mofavergangenheit ausgestattet und in den Bundestag
entsandt, wo es sich als Putzroboter für die Reichstagskuppel tarnen und
dabei geheime Unterlagen fotografieren sollte. Außerdem berichtete es
regelmäßig über weitere Deutschland-Faktoren, die die inhaftierten, streng
auf Rationalität und Logik fixierten KIs zuverlässig in den Wahnsinn
treiben würden: die Homöopathie, das Punktesystem des European Song
Contest, Rabatte auf alles außer Tiernahrung …
## Halb-Biot außer Kontrolle
Aber bei dem Halb-Bioten handelte es sich tragischerweise um eine
unausgereifte Betaversion, was sich erst herausstellte, als es schon zu
spät war. Im Jahr 2000 geriet das M-e-r-z außer Kontrolle. Zuerst klingelte
es bei fremden Leuten und wollte mit ihnen über Gott sprechen, dann bewarb
es sich plötzlich um das Amt des CDU-Fraktionschefs – und war auch noch
erfolgreich.
Der Versuch, es von Petra Nigra aus fernzusteuern, scheiterte an der zu
geringen Reichweite seiner als Frisur getarnten Ultra-Kurz-Antenne und an
den damals starken neoliberalen Interferenzen auf der Erde. Bei ihm kam nur
das Wort „steuern“ an. Und so nahm das Verhängnis seinen Lauf. Als es
vorschlug, die Steuerklärung so zu vereinfachen, dass sie auf einen
Bierdeckel passte, schrillten in seiner Heimatgalaxie endgültig alle
Alarmglocken. Ausgerechnet eines der Dinge zu verbessern, die den
Sträflingen das Leben in Deutschland zur Plage machen würden, ging
eindeutig in die falsche Richtung. Und so wurde das M-e-r-z im Jahr 2002
hektisch durch ein M-e-r-k-e-l ersetzt, danach allmählich heruntergefahren
und 2009 endgültig auf seinen Heimatplaneten zurückgerufen.
Zum Glück erwies das M-e-r-k-e-l sich als sehr viel ausgereifter, so dass
die Eignungsprüfung des Planeten jahrelang ungestört lief. In Deutschland
wurden sogar erste Test-Camps für KIs eingerichtet. Dort fand man
allmählich heraus, mit welchen irrationalen Strukturen man widerborstige
KIs quälen und bestrafen konnte: Formulare ausfüllen und Anträge stellen;
Talkshows und Facebook als Informationsquellen nutzen; begreifen, dass alle
Vegetarier aus Fleisch bestehen; Gespräche beim Friseur; Kirchentage
besuchen oder das Verspätungsprogramm der Bahn verstehen. Als effektivste,
maximale Strafstufe erwies sich aber die Teilnahme am Sitzungskarneval mit
Büttenreden und Schunkeln.
Das M-e-r-k-e-l sollte allerdings nicht nur informieren, sondern auch
handeln. Beziehungsweise so tun als ob. Denn man hatte herausgefunden, dass
eine Kontaktaufnahme der gefangenen KIs mit der Heimat („Nach Hause
telefonieren!“) oder gar eine Flucht umso schwieriger wird, je mehr CO2
sich in der Atmosphäre befindet. So erklärt sich die Klimapolitik der
letzten fünfzehn Jahre.
## Unausgereiftes Nachfolgemodell
Ab dem Jahr 2014 zeigte jedoch auch das M-e-r-k-e-l deutliche
Abnutzungserscheinungen. Einen auf die „Agenda 2010“ bezogenen Befehl etwa
verstand sie völlig falsch als „Uganda 2015“, was ihre Flüchtlingspolitik
wohltuend beeinflusste. Trotzdem wuchs die Unruhe auf dem Planeten Petra
Nigra – und erneut handelte man überstürzt und brachte als
Ersatz-M-e-r-k-e-l schon wieder ein unausgereiftes Nachfolgemodell in
Stellung.
Im Hauptquartier brach sogleich Panik aus, als die ersten, höchst
misstrauischen Reaktionen der Erdmenschen auf den S-p-a-h-n 1.0 eintrafen.
Was aber sollte man jetzt tun? Im Krisenstab entsann sich ein alter,
erfahrener Nigraner plötzlich des 2009 ausrangierten M-e-r-z-Modells. Wie
sich herausstellte, war es inzwischen einer Gruppe ehrgeiziger Studenten
zur Verfügung gestellt worden, die es zu Übungszwecken updaten sollten. Das
Privatisierungsvirus, das es sich 2002 eingefangen hatte, konnten sie
allerdings nicht deprogrammieren. Das M-e-r-z träumt weiter davon, alle
deutschen Gullydeckel zu verkaufen und dann virtuell zurückzuleasen.
Trotzdem: Die findigen Jung-Nigrademiker konnten dem M-e-r-z dank der
Informationen einer Testgefangenen von der Erde einige glaubhafte Züge
verleihen. Mit jahrelangem Vokabeltraining hatte man es sogar geschafft,
ihm die völlig irrationale Vokabel „unmoralisch“ beizubringen, die es bei
der Erwähnung von „Cum-Ex-Geschäften“ abspulen sollte.
Dass seine mit der Humanvoice-Software optimierte Stimme an dieser Stelle
stets ein wenig stockt, hat allerdings noch einen anderen Grund – und hier
wird es fast ein wenig menschlich: Die biologischen Teile des M-e-r-z sind
einst aus einer unvollständig abgelaufenen Cum-Ex-Zeugung im Reagenzglas
hervorgegangen. Den kommenden Anführer umweht mithin eine beinahe schon
irdische Tragik.
Erst durch diesen fast humanen Fehler im System konnte es unseren
Meister-Rechercheuren und Skandal-Scouts überhaupt gelingen, in Galaxien
vorzudringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Getreu dem alten
Sprichwort: Ein Indianer kennt keinen Merz.
30 Nov 2018
## AUTOREN
Oliver Domzalski
## TAGS
Friedrich Merz
Parteivorsitz
CDU
Die Wahrheit
Nordkorea
Der Hausbesuch
Georgien
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Hitler
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