| # taz.de -- Italiens Ex-Ministerin Mara Carfagna: Kämpferin für Frauenrechte | |
| > Die 42-Jährige war Model, Showgirl und Ministerin unter Berlusconi. Heute | |
| > ist sie Gesicht einer Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen. | |
| Bild: Berlusconi holte die Juristin Carfagna 2004 in die Politik | |
| Rom taz | Sie kommt aus einem Geschäft, in dem Männer Frauen meist nur wie | |
| schöne Objekte behandeln. Mara Carfagna, 42, war Model und Showgirl in | |
| einer italienischen Unterhaltungssendung, sie zog sich für Zeitschriften | |
| aus, in der TV-Branche kannte man sie vor allem als die „schöne Mara“. | |
| Heute ist sie das Gesicht einer Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen. Unter | |
| dem Hashtag [1][#nonènormalechesianormale] (es ist nicht normal, dass es | |
| normal ist) ruft Carfagna in Italien derzeit zu mehr Unterstützung für | |
| Frauen auf. Tausende Menschen schlossen sich der Aktion vor allem über | |
| Twitter und Facebook an. Ihr Erkennungszeichen: ein roter Strich unter dem | |
| Auge. Zu den bekanntesten Unterstützern des Aufrufs gehört | |
| EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. Dieser malte sich mit Lippenstift | |
| einen roten Halbkreis unter das linke Auge und trat beim Brexit-Gipfel am | |
| Wochenende in Brüssel sogar so vor die Presse. | |
| In der Kampagne sind sich Tajani und Carfagna offensichtlich einig, bei | |
| anderen politischen Fragen eher nicht. Carfagna gehört der Forza Italia an, | |
| der Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Und kein | |
| Geringerer als er gilt als ihr politischer Ziehvater. 2004 holte er die | |
| Juristin in die Politik und beauftragte sie damit, die Frauenbewegung in | |
| der Partei zu koordinieren. | |
| ## Carfagna trifft den Nerv der italienischen Gesellschaft | |
| Nur zwei Jahre später wurde sie zur Abgeordneten ins Parlament gewählt. | |
| Berlusconi, der sich schönen Frauen gegenüber regelmäßig und ungeniert | |
| übergriffig zeigt, kommentierte Carfagnas ersten Auftritt mit eindeutigen | |
| Bemerkungen: In der Forza Italia würde das „Recht der ersten Nacht“ | |
| praktiziert – also das Recht des Grundherren, mit der jungfräulichen Braut | |
| die erste Nacht zu verbringen. Carfagna weiß um ihre Wirkung, schließlich | |
| hat sie das Spiel in der Showbranche lange Zeit mitgemacht. | |
| Auch als Berlusconis Ehefrau Veronica Lario öffentlich eine Entschuldigung | |
| von ihrem Mann verlangte, als der wieder einmal mit Carfagna flirtete, gab | |
| sie sich souverän. Berlusconis Kommentare seien „harmlos und galant“. Ihre | |
| Strategie brachte ihr 2008 schließlich den Posten als Ministerin für | |
| Gleichberechtigung in der Regierung Berlusconi ein. Ob es wirklich nur bei | |
| harmlosen Bemerkungen blieb, ist bis heute nicht klar. Zeitweise kursierten | |
| Gerüchten, dass Berlusconi und Carfagna zumindest telefonisch Sex hatten. | |
| Carfagna ist auch heute noch Abgeordnete, Berlusconi agiert im Hintergrund. | |
| Mit der Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen [2][trifft Carfagna einen Nerv | |
| der italienischen Gesellschaft]. Kein Wunder also, dass die Aktion so | |
| schnell so viele Anhänger*innen fand. Gewalt gegen Frauen – ob physisch | |
| oder psychisch – ist salonfähig, ganz gleich in welcher Generation. Dass | |
| ausgerechnet die „schöne Mara“ eine solche Aktion gestartet hat, ist | |
| dennoch mehr als ungewöhnlich. Vielleicht ist sie eine späte Rache an all | |
| den frauenverachtenden Sprüchen, die Carfagna über die Jahre hinweg | |
| ertragen musste. Sowohl im Showbusiness als auch in der Politik. | |
| 27 Nov 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/hashtag/nonenormalechesianormale | |
| [2] /Gewalt-gegen-Frauen/!5553430 | |
| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
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