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# taz.de -- Internationale Polizei: Die Aufgaben von Interpol
> Interpol hat einen neuen Präsidenten. Doch was macht der Verein
> eigentlich? Und gibt es diese „internationalen Hafbefehle“?
Bild: Die Interpol-Zentrale in Lyon
Berlin taz | Bei der Wahl eines neuen Interpol-Präsidenten hat Russland
eine überraschende Niederlage erlitten. Die Interpol-Generalversammlung in
Dubai [1][wählte den Südkoreaner Kim Jong Yang], nicht den russischen
Kandidaten Alexander Prokoptschuk, der als aussichtsreicher galt. Beide
waren bisher Vizepräsidenten von Interpol. Kim Jong Yang amtierte bereits
übergangsweise als kommissarischer Präsident.
Die Neuwahl des Interpol-Präsidenten wurde notwendig, weil der bisherige
Präsident, der Chinese Meng Hongwei, im September 2018 bei einer Reise in
sein Heimatland wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen wurde [2][und von
seinem Amt zurücktrat.] Interpol nahm dies nur zur Kenntnis und
protestierte nicht.
Gegen den russischen Kandidaten Prokoptschuk gab es Vorbehalte vor allem
aus den USA, der Ukraine und aus Litauen. Es wurde befürchtet, Russland
könne mit ihm als Präsident Interpol zunehmend für eigene Zwecke
instrumentalisieren. Allerdings hat der Interpol-Präsident vor allem
repräsentative Funktionen. Das Generalsekretariat in Lyon, das für die
laufende Arbeit zuständig ist, wird seit 2014 von dem Deutschen Jürgen
Stock geleitet.
## Bitten, nicht bindend
Interpol hat keine eigenen Ermittler, sondern unterstützt die
Zusammenarbeit der Kriminalpolizeien von 194 Mitgliedstaaten. So gibt es
etwa Datenbanken für gestohlene Fahrzeuge und Ausweise. Interpol hat rund
700 Beschäftigte.
Besonders wichtig und oft auch umstritten sind die roten Ausschreibungen
(„red notices“) von Interpol, mit denen eine Person weltweit zur Verhaftung
ausgeschrieben werden kann. Sie werden meist als „internationaler
Haftbefehl“ bezeichnet. Tatsächlich sind sie aber kein „Befehl“, sondern
nur eine Bitte. Ob die Person tatsächlich festgenommen wird, entscheidet
die nationale Polizei.
In Deutschland entscheidet das Bundeskriminalamt als nationale
Interpol-Kontaktstelle, ob eine Ausschreibung in das nationale
Informations- und Fahndungssystem Inpol aufgenommen wird. In schwierigen
Fällen werden das Bundesamt für Justiz und das Auswärtige Amt
eingeschaltet. Ob die Person nach einer Festnahme am Ende auch ausgeliefert
wird, entscheiden ein deutsches Oberlandesgericht und das Bundesamt für
Justiz.
## Politisch neutral? Umgehbar
Nach der Interpol-Verfassung muss die Organisation politisch neutral sein.
So soll verhindert werden, dass autoritäre Regime ihre Gegner über Interpol
weltweit verfolgen können. Dennoch versuchen Staaten wie die Türkei, China
und Russland immer wieder, Gegner im Ausland mit roten Ausschreibungen zu
schikanieren.
So wurde im August 2017 der in Köln lebende türkischstämmige Schriftsteller
[3][Doğan Akhanlı in Spanien festgenommen.] Er wurde zwar am nächsten Tag
wieder aus der Haft entlassen, durfte aber erst im Oktober aus Spanien
ausreisen, als der spanische Ministerrat beschloss, das
Auslieferungsverfahren nicht weiterzuverfolgen.
Die Interpol-Zentrale kontrolliert zwar zunehmend die Ausschreibungen auf
Einhaltung der Regeln. Autoritäre Regierungen haben aber vor allem zwei
Möglichkeiten, die Red Notices zu missbrauchen. Entweder sie geben einen
unvollständigen oder falschen Sachverhalt an. Oder sie schicken die
Ausschreibung an der Interpol-Zentrale vorbei nur an ausgewählte Staaten.
Personen, für die zu Unrecht eine Red Notice vorliegt, können bei Interpol
zwar die Löschung beantragen. Dies dauert aber lange. Inzwischen wurde eine
Höchstfrist von neun Monaten eingeführt, früher mussten Betroffene oft
jahrelang warten.
21 Nov 2018
## LINKS
[1] /Neuer-Chef-von-Interpol/!5549878
[2] /Verschwundener-Interpol-Chef-in-China/!5541928
[3] /Von-der-Tuerkei-gesuchter-Schriftsteller/!5456424
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Interpol
Polizei
Südkorea
Russland
Haftbefehl
Interpol
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Interpol
Doğan Akhanlı
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