# taz.de -- Spritzenplatz-Bebauung: Großstadt statt Vorstadt | |
> Beim Wettbewerb für den Ottenser Spritzenplatz gewinnt der Vorschlag mit | |
> dem größten Bauvolumen, der zugleich am stärksten an die historische | |
> Bebauung anknüpft. | |
Bild: Schließt sich an die existierende Bebauung an: Fassade des Siegerentwurfs | |
Hamburg taz | Eine Architektur-Jury hat am Freitagnachmittag eine | |
Richtungsentscheidung für das Herz von Ottensen getroffen. Die Südostecke | |
des Spritzenplatzes, auf der Hälfte der Ottenser Hauptstraße, soll neu mit | |
Häusern bebaut werden, die gestalterisch an die Gründerzeit angelehnt sind. | |
Damit erhielte die kleinteilig und niedrig bebaute Ecke eine großstädtische | |
Anmutung. Der Entwurf muss noch überarbeitet werden und wird am 5. Dezember | |
im Altonaer Rathaus vorgestellt. | |
Dem Architektur-Wettbewerb ging ein politischer Streit voraus, der sich an | |
dem ursprünglichen Vorschlag der Grundstückseigentümer entzündete, den | |
amerikanischen Architekten Daniel Libeskind zu engagieren. Der Architekt | |
des Jüdischen Museums in Berlin und des umstrittenen Audimax in Lüneburg | |
schlug einen Neubau vor, dessen extravagante Gestaltung ebenso für | |
Kontroversen sorgte wie seine Höhe. | |
Die Bürgerinitiative „Spritzenplatz bleibt – unser Platz an der Sonne“ | |
sammelte 7.000 Unterschriften für eine kleinteilige niedrige Bebauung, der | |
sich die Bezirksversammlung anschloss. Die zum Teil aus der Nachkriegszeit | |
stammende Bebauung entsprach aber nicht den Vorstellungen der | |
Stadtentwicklungsbehörde. Also veranstaltete der Bezirk eine | |
Planungswerkstatt, bei der die Interessen des Investors und der Kritiker | |
unter einen Hut gebracht werden sollten. | |
## Siegel der Verschwiegenheit | |
Im Zuge dieser Beteiligung konnten Interessierte auch am Abend vor der | |
Jury-Sitzung die drei zur Auswahl stehenden Entwürfe unter dem Siegel der | |
Verschwiegenheit bewerten. Die Bewertungen standen der elfköpfigen Jury zur | |
Verfügung. Zur Auswahl standen drei Entwürfe, die von der Anmutung her | |
zugespitzt als großstädtisch, kleinstädtisch und vorstädtisch bezeichnet | |
werden könnten. | |
Der vorstädtische stammt von Hohaus, Hinz, Seifert und Design for Human | |
Nature. Die Architekten stellten den Wunsch der Initiative in den | |
Mittelpunkt, den Spritzenplatz möglichst gut zu besonnen. Dazu schlugen sie | |
auf 30 Grad geneigte Pultdächer vor, sodass der östliche Teil des Platzes | |
zu Herbstanfang noch Sonne bekommen hätte. „Die Pultdächer sind sehr schön | |
in einem Neubaugebiet, aber bitte nicht in Ottensen“, kritisierte ein | |
Zuhörer. | |
Den kleinstädtisch anmutenden Entwurf lieferte das Büro PMP. | |
Geschäftsführer Lennart Hellberg sprach von „Stadtreparatur“, die es zu | |
betreiben gelte. PMP entwarf historisierende Fassaden und orientierte sich | |
in der Höhenentwicklung und Parzellierung stark an der vorhandenen | |
Bebauung. Nur ein Teil der Gebäude sollte die von der Planungswerkstatt | |
erlaubten drei Geschosse plus Staffelgeschoss ausnutzen. Ein niedriges | |
altes Haus bliebe erhalten. | |
## Entwurf erinnert an Gründerzeithaus | |
Im Siegerentwurf orientierten sich Mudlaff und Otte an dem vierstöckigen | |
Gründerzeithaus, das vor dem Krieg an der Ecke stand – einem Gebäudetyp, | |
der viele Straßen des Viertels prägt. Sie übernahmen Elemente wie eine | |
ausgeprägte Erdgeschosszone mit Schaufenstern und eine stark gegliederte | |
Fassade, die sie mit Rücksprüngen auflockerten, die zugleich für eine | |
bessere Besonnung sorgen. | |
Mudlaff und Ottes Plan nutzt durchgehend die maximale Höhe aus und erhält | |
anders als die anderen Konzepte keinen Rest der alten Bebauung. „Sehr | |
schön, aber zu wuchtig“, kommentierte ein Zuhörer. Die Bürgerinitiative | |
„Spritzenplatz bleibt“ äußerte sich noch kritischer: Der Entwurf sei | |
derjenige, der am wenigsten „ortsbildprägend“ sei und am stärksten den | |
Charakter des Platzes verändere. Würde er realisiert, käme man „einzig den | |
Profitinteressen des Investors“ entgegen. | |
19 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Ottensen | |
Bürgerbeteiligung | |
Altona | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neugestaltung Spritzenplatz in Hamburg-Ottensen: Perspektive für Investor | |
Planwerkstatt soll Bürgerbegehren zur Spritzenplatz- Bebauung aushebeln, | |
befürchten Inis vom „Altonaer Manifest“ | |
Neubau in Ottensen: Das Ende der Gemütlichkeit | |
Ein Investor will vier Häuser am Spritzenplatz abreißen und neu bauen. | |
Anwohner sehen darin eine Bedrohung für das „dörflichen Flair“ Ottensens. | |
Neubau verzögert sich: Blockierter Abriss | |
Soziale Erhaltungsverordnungen sollen Mieter vor Verdrängung schützen. In | |
Ottensen durchkreuzt das Instrument schon vor Inkrafttreten Neubaupläne. |