# taz.de -- Lärm-Initiative kritisiert Bremer Senat: Viel Lärm um Krach | |
> Bremen ist überdurchschnittlich stark von Lärm belastet. Der Senat tut | |
> aus Sicht der Initiative „Allianz Pro Schiene“ nicht genug dagegen. Dabei | |
> macht zu viel Krach krank. | |
Bild: Nicht auszuhalten: Bremen tut zu wenig für den Lärmschutz | |
BREMEN taz | Zumindest in einem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: | |
Lärm macht krank. Aber schon bei der Definition, was Lärm eigentlich ist | |
und ab welcher Lautstärke er beginnt, gehen die Meinungen auseinander: Eine | |
Vergleichsstudie von der Lobbyorganisation „Allianz Pro Schiene“ geht | |
davon aus, dass 7,5 Prozent der BremerInnen unter Bahnlärm leiden. Das ist | |
ein Ergebnis ihrer [1][Vergleichsstudie „Mobilität und Umwelt]“, die sie | |
zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erstellt hat. | |
In den Bereichen Klimaschutz, Luftqualität und Verkehrssicherheit steht | |
Bremen im Bundesvergleich gut da (siehe Kasten), beim Flächenverbrauch und | |
insbesondere der Lärmminderung sieht es schlechter aus. Dort liegt das | |
Bundesland auf Platz 13, ähnlich schlimm ist die Belastung in den anderen | |
bevölkerungsdichten Bundesländern wie Hamburg, Berlin und NRW. Dabei | |
bezieht sich der Vergleich nicht nur auf Messwerte, sondern auch auf | |
geplante politische Maßnahmen für Lärmschutz – es geht also auch darum, ob | |
die Landesregierungen etwas an den Verhältnissen ändern wollen. | |
Und da gebe es in Bremen durchaus Nachbesserungsbedarf, so Martin | |
Roggermann von „Allianz Pro Schiene“. Zwar gebe es hier | |
Absichtsbekundungen, den Lärm zu senken, quantifizierte Ziele allerdings | |
fehlten, anders als etwa in Berlin oder Baden-Württemberg, wo man sich etwa | |
das Ziel von 20 Prozent weniger Lärm bis zum Jahr 2020 gesteckt hat. | |
Grundlage für die Erhebung sind [2][Lärmkartierungen der jeweiligen | |
Umweltämter der Bundes]länder. Alle Menschen, die in einem Umkreis von | |
Lärmquellen leben, die 65 Dezibel oder lauter sind, gelten in der Studie | |
als besonders lärmbelastet – eine Richtlinie, die sich an den | |
Schwellenwerten für Gesundheitsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation | |
(WHO) orientiere, wie Roggermann sagt, und laut einer Skala des | |
Eisenbahn-Bundesamtes lauter als ein normales Gespräch, aber etwas leiser | |
als ein Rasenmäher. Die größten Lärmquellen seien bundesweit in dieser | |
Reihenfolge Straßenverkehr, Nachbarn, Industrie- und Gewerbe sowie Flug- | |
und dann Schienenverkehr. | |
An dieser Stelle verfängt allerdings die Kritik von Walter Ruffler, der | |
selbst in der Nähe von Schienen wohnt und in Bremen eine Initiative gegen | |
Bahnlärm organisiert. Er sagt, dass die Maßstäbe der Vergleichsstudie | |
falsch gewählt seien. Zum einen sei bereits ein Lärm-Mittlungspegel von 45 | |
Dezibel überaus belastend, und zum anderen seien deshalb in Bremen deutlich | |
mehr Menschen betroffen – nämlich rund 240.000, rund 36,5 Prozent aller | |
BremerInnen. Er fragt: „Vielleicht möchte die Lobbyorganisation der | |
Bahnindustrie verhindern, dass ein Schatten auf das von ihr propagierte | |
‚umweltfreundliche‘ Image der Bahn fallen könnte?“ | |
Tatsächlich geht Rufflers Sicht der Dinge auch aus dem [3][aktuellen | |
Lärmaktionsplan des Eisenbahn-Bundesamt]es hervor, demzufolge nachts, wenn | |
durch Bremen viele laute Güterzüge rollen, tatsächlich über ein Drittel der | |
Bremer Bevölkerung vom Lärm betroffen ist. Das Eisenbahn-Bundesamt arbeitet | |
wie Ruffler mit den [4][jüngst aktualisierten Empfehlungswerten der WHO], | |
die tatsächlich nicht bei 65 Dezibel liegen – sondern empfiehlt, Lärm auf | |
unter 44 Dezibel nachts und 55 Dezibel tagsüber zu verringern. | |
Der Senat teile die Auffassung Rufflers, sagt Jens Tittmann, Sprecher von | |
Verkehrs- und Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne): „Schienenverkehr, | |
insbesondere Güterverkehr, ist bei uns eine große Belastung.“ Lärm mache | |
krank. „Deswegen stellt Bremen siebenstellige Beträge dagegen in den | |
Haushalt.“ Aber Lärmschutz sei teuer, weswegen die Mittel nicht | |
ausreichten. | |
Die Bringschuld sieht Tittmann allerdings eher aufseiten der Bahn als bei | |
der klammen Landesregierung: Sie sei verpflichtet, gegen ihren eigenen Lärm | |
aufzukommen. Tatsächlich muss die Bahn sich an strengen Lärmschutz zunächst | |
nur auf neuen Strecken halten, wohingegen alte Trassen wie jene, die durch | |
Bremen führen, Bestandsschutz haben. | |
14 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.allianz-pro-schiene.de/wettbewerbe/bundeslaenderindex-mobilitae… | |
[2] https://www.bauumwelt.bremen.de/umwelt/laerm/umgebungslaerm_im_land_bremen-… | |
[3] https://www.eba.bund.de/download/LAP_Teil_A_2018.pdf | |
[4] http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0011/383924/noise-guidelines… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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