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# taz.de -- Die Wahrheit: Alki-Ölsardinen im Hogwarts-Express
> In Schottland wird die Ein-Pfund-Note zwar gedruckt und ausgegeben. Als
> Zahlungsmittel akzeptiert wird sie aber nicht überall.
Der Zeitungshändler in Manchester sah mich an, als ob ich ein Geldfälscher
sei. Dann riss er mir das Lokalblatt aus der Hand und blaffte: „Da stehen
vielleicht Fake News drin, aber deshalb kannst du noch lange nicht mit Fake
Money bezahlen.“ Ich könne es ja mal oben versuchen, meinte er.
Dabei dachte er nicht an das chinesische Restaurant im ersten Stock. Er
meinte es geografisch – oben liegt Schottland, von Manchester aus gesehen.
Da kam der Ein-Pfund-Schein, mit dem ich die Zeitung bezahlen wollte,
nämlich her. Die Royal Bank of Scotland ist die einzige Bank im Vereinigten
Königreich, die solche Scheine druckt. Alle anderen haben seit 1989 nur
noch Pfundmünzen. Aber der Schottenschein wird selbst in seiner Heimat
nicht überall angenommen. Die Eisenbahngesellschaft ScotRail zum Beispiel
lehnte den Geldschein ab, als Gareth David, ein Tourist aus Südengland,
neulich in Mallaig damit bezahlen wollte.
Mallaig ist der Endbahnhof des Jacobite Steam Train, der als
Hogwarts-Express durch die Harry-Potter-Filme dampft. Die Strecke der West
Highland Line ab Fort William ist landschaftlich grandios, der Zug ist es
nicht. Ein Passagier schrieb in einem Eisenbahnforum: „Vergesst die ganzen
Postkarten mit dem Hogwarts-Express, der majestätisch über das
Glenfinnan-Viadukt schwebt. Echte schottische Eisenbahnwaggons sind
klebrig, stinken nach Bier und sind mit besoffenen Ölbohrplattformarbeitern
aus Aberdeen gefüllt.“ Manchmal fahren sie gar nicht. Die krächzenden
Lautsprecheransagen eines Angestellten, der klingt, als ob er des Lebens
überdrüssig sei, sind gefürchtet: „Es tut ScotRail leid, sie informieren zu
müssen, dass der Zug nach Irgendwo heute ausfällt.“
Und wenn er doch fährt, gibt es nicht genügend Sitzplätze. Die
Regionalregierung in Edinburgh hat zwar festgelegt, dass niemand länger als
10 Minuten stehen muss, aber der Zug von Edinburgh nach Perth zum Beispiel
hat nur zwei Waggons, die für 172 Passagiere einschließlich Stehplätzen
zugelassen sind. Im Berufsverkehr drängeln sich mehr als 230 Menschen wie
Sardinen darin. Engländer sind offenbar ausdauernder, dort erlaubt die
Behörde 20 Minuten im Stehen.
David ist aus Protest gar nicht erst in Mallaig eingestiegen, weil er sein
Ticket nicht mit der Pfundnote bezahlen durfte. Er sammle Geldscheine,
sagte er, und es erfreue ihn jedes Mal, wenn er einen Ein-Pfund-Schein
ausgeben könne. „Das ist ein Vergnügen, das mir seit 30 Jahren in England
verwehrt ist“, sagte er bedauernd. Es ist erstaunlich, mit welchen Dingen
man Menschen eine Freude machen kann.
Ich aber musste meine Pfundnote wieder einstecken und reichte dem
Zeitungshändler einen Fünf-Pfund-Schein. Aus Nordirland. Dort darf jede
Bank ihr eigenes Geld herausgeben, und viele Scheine sehen aus, als ob sie
einem Monopoly-Spiel entsprungen seien. Der Zeitungshändler warf mich
prompt hinaus. Beim Gehen schnappte ich mir eine Metro-Zeitung. Die ist
kostenlos.
22 Oct 2018
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Großbritannien
Schottland
Währung
Kühe
Irland
Irland
Schottland
Georgien
Schwerpunkt Brexit
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